Projekt „Wohnen für Hilfe“ in Heimersdorf: Biete Zimmer, suche gute Gespräche

Studenten bekommen eine Bleibe, ältere Menschen Hilfe im Alltag.

Eine Portion Toleranz ist vonnöten, und es braucht Zeit, damit Vertrauen wachsen kann. So lautet das Fazit von Elise Pisapane. Vor zweieinhalb Jahren nahm sie in ihr Heimersdorfer Haus einen Studenten aus Ecuador auf. Miete zahlt der 25-Jährige, der an der Sporthochschule studiert, für sein 20 Quadratmeter großes Souterrainzimmer nicht. Stattdessen unterstützt er seine betagte Mitbewohnerin im Alltag, kauft ein, löst Computerprobleme, verrichtet Gartenarbeit und, ganz wichtig, unterhält sich abends mit ihr. „Ich brauche Austausch“ „Diese Bedingung habe ich gestellt, dass jemand bei mir wohnt, der mit mir Konversation macht, ich brauche Austausch“, sagt Pisapane, die ihr genaues Alter nicht verraten möchte. Sie betont: „Auch er profitiert davon, mittlerweile spricht er perfekt Deutsch.“ Voraussichtlich werde der Student, Jorge mit Vornamen, noch zwei Jahre bleiben. Mit ihm steht die pensionierte Lehrerin, die selbst drei Kinder und zwei Enkel hat, längst auf freundschaftlichem Fuß. Zum Jahreswechsel ist etwa geplant, dass sie mit nach Ecuador fliegt, um im Kreise seiner Familie die Weihnachtstage zu verbringen. Hilfe im Haus Die Seniorin und der junge Mann, sie bilden ein Gespann, das auf Basis einer Wohnpartnerschaft zusammenfand. Vermittelt wurde die von „Wohnen für Hilfe“, einem Projekt, das von der Universität und der Stadt Köln getragen wird. Gegründet wurde es 2005, um verzweifelt wohnungsuchenden Studenten zu einem Dach über dem Kopf zu verhelfen, aber auch als Möglichkeit für alleinlebende Senioren, die noch nicht pflegebedürftig sind und dennoch ihren Alltag nicht mehr allein bewältigen können, sich Hilfe ins Haus zu holen. Heike Bermond und Sandra Wiegeler haben die Vermittlungsagentur aufgebaut, leiten sie nach wie vor und stellten sie jetzt im Johanniterstift Gut Heuserhof vor – auf Einladung von Edeltraud Stecher, Koordinatorin des Seniorennetzwerks Heimersdorf. Rund 30 Interessierte waren gekommen. Ursprünglich nur für ältere Menschen konzipiert, habe man 2009 den Personenkreis erweitert, berichtete Bermond. Seither kann jeder Kölner, unabhängig vom Alter, Bedarf bei „Wohnen für Hilfe“ anmelden, auch Familien mit Kindern und Singles. Voraussetzung ist nur, dass man ein separates Zimmer zur Verfügung stellen kann. Trotzdem seien es nach wie vor hauptsächlich Senioren, die einen studentischen Mitbewohner anforderten, sagte Bermond. Pro Quadratmeter eine Stunde Arbeit im Monat Im Durchschnitt seien die Zimmer 15 bis 20 Quadratmeter groß. Es gilt die Regel: Pro Quadratmeter wird im Monat eine Stunde lang gearbeitet. Werden Küche und Bad mitbenutzt, wird das anteilig mitberechnet. Hinzu kommen die Nebenkosten für Wasser, Strom, Heizung, die zahlt der Student extra, es wird eine Pauschale von drei Euro pro Quadratmeter veranschlagt. „Man muss gucken, was kann der Student leisten, zur Not kann man zusätzliche Hilfeleistungen auch bezahlen“, sagte Wiegeler. „Das Projekt lebt davon, dass man offen miteinander redet.“ Sie betonte: „Es werden keine Pflegeleistungen erbracht, sondern nur haushaltsnahe Dienste.“ Zum Beispiel Einkaufen, den Hund ausführen, auch Putzen und Kochen. Pflege meint dagegen Hilfe bei körperlichen Verrichtungen wie Duschen, Haare waschen oder Strümpfe anziehen. „Topf und Deckel müssen sich finden“ Am Anfang steht ein Hausbesuch. „Wir gehen dann mit dem Bewerber einen Fragebogen durch, gucken, was macht er für einen Eindruck“, berichtete Bermond. Dasselbe Verfahren beim Wohnraumanbieter, ebenfalls Hausbesuch und Fragebogen. „Wir überlegen genau, wer passt zu wem, Topf und Deckel müssen sich finden.“ Auch potenzielle Streitthemen würden im Vorfeld angesprochen, ob geraucht werden darf oder Übernachtungsbesuch erlaubt ist. Bei späteren Konflikten während des Zusammenwohnens stehen die Koordinatorinnen bereit, um zu vermitteln. Bei den Zuhörern war vorsichtiges Interesse, aber auch Skepsis zu spüren. Ob denn überhaupt der Kölner Norden als Wohnort für Studenten attraktiv sei, lautete eine Frage. Bermond gab zu, die meisten Studenten wollten uninah leben, angesichts der Wohnungsnot seien sie aber bereit, Abstriche zu machen. Bislang seien im Stadtbezirk Chorweiler nur wenige Wohnpartnerschaften entstanden. Einigkeit herrschte darüber, dass es in Heimersdorf Bedarf an Unterstützung und auch ausreichenden Wohnraum gibt. Im Stadtteil, in den 60er Jahren der kinderreichste in ganz Deutschland, leben heute überdurchschnittlich viele ältere Menschen, 36 Prozent der rund 6000 Bewohner sind über 60 Jahre alt. „Es gibt hier ganze Straßenzüge, da wohnt in jedem Haus immer nur eine Witwe“, beschrieb eine Frau. Gleichzeitig seien die Siedlungshäuser meist winzig und hätten einen eher ungünstigen Zimmerzuschnitt. „Mein Mann und ich müssten extra Platz schaffen“, sagte etwa eine 75-Jährige. „Wir beschäftigen uns erst in Gedanken mit der Idee, zögern noch.“ Mit der Veranstaltung habe sie einen Impuls setzen wollen, sagte Edeltraud Stecher vom Seniorennetzwerk. Vor allem bei den Senioren, die nicht in einer der beiden Kirchengemeinden aktiv seien, sei die Einsamkeit groß. „Einen Versuch war es mir wert, dieses Angebot stärker in Heimersdorf bekannt zu machen“, so Stecher....Lesen Sie den ganzen Artikel bei ksta