"Die Schneegesellschaft" und das Fleisch der anderen: So brutal war das Überleben nach einem Flugzeugabsturz

Eisige Nächte, kaum Vorräte, keine Hoffnung: Nur weil sie Leichenteile aßen, überlebten 16 Menschen 1972 einen Flugzeugabsturz in den Anden. (Bild: Netflix)
Eisige Nächte, kaum Vorräte, keine Hoffnung: Nur weil sie Leichenteile aßen, überlebten 16 Menschen 1972 einen Flugzeugabsturz in den Anden. (Bild: Netflix)

Netflix zeigt mit "Die Schneegesellschaft" einen großartigen Film über das Überleben mit dem Undenkbaren: Nach einem Flugzeugabsturz müssen Überlebende ihre toten Mitreisenden essen. Nach einer wahren Geschichte.

Zweieinhalb Monate in 3.800 Metern Höhe ausharren, mit Sommeroutfit in einer Eiswüste und ein paar Tafeln Schokolade, Keksen und etwas Wein als Nahrungsvorrat: Das Überleben ist unter diesen Voraussetzungen eigentlich unmöglich. Doch 16 von 45 Menschen, die im Oktober 1972 mit einem Flugzeug in den Anden abstürzten, gelang dies, wenn auch mit einem Tabubruch. Der spanische Regisseur Juan Antonio Bayona erzählt in seinem ausgezeichneten Film "Die Schneegesellschaft" ab 4. Januar bei Netflix wie man auch in tiefster Hoffnungslosigkeit den Lebenswillen behält.

Natürlich ist der Tabubruch ein zentraler Aspekt des Films: Bis zur Rettung nach 72 Tagen durchhalten konnten die Überlebenden damals nur, weil sie ihre toten Freunde, Verwandten und Bekannten verzehrten. Klug und zurückhaltend inszeniert, stellt Bayona allerdings nicht die reißerischen Aspekte des Kannibalismus in den Mittelpunkt, sondern lässt seine Protagonisten die ethischen und moralischen Aspekte diskutieren.

Die Hoffnung, von einem anderen Flugzeug entdeckt zu werden, währt nur kurz: Nach wenigen Tagen wurde die Suche nach dem Wrack eingestellt. Die Wahrscheinlichkeit, Überlebende zu finden, war den Behörden zu gering. (Bild: Netflix)
Die Hoffnung, von einem anderen Flugzeug entdeckt zu werden, währt nur kurz: Nach wenigen Tagen wurde die Suche nach dem Wrack eingestellt. Die Wahrscheinlichkeit, Überlebende zu finden, war den Behörden zu gering. (Bild: Netflix)

DIe Hoffnung ist nie ganz verloren

Überhaupt hat "Die Schneegesellschaft" nichts Reißerisches an sich. Gleichwohl sind die zweieinhalb Stunden eine beklemmende und intensive Auseinandersetzung mit der menschlichen Natur in Extremsituationen: Auf den Absturz folgt noch eine Lawine, die die Überlebenden und er Kabine einschließt, und verschiedene Rettungsexkursionen scheitern.

Mit leisen, kraftvollen Tönen feiert der Film den Überlebenswillen der Abgestürzten: Sie bilden in der Tat eine Gesellschaft im Schnee, die fast schon utopisch solidarisch ist. Die Hoffnung, so hallt es aus der schneebedeckten Unwirtlichkeit der Anden, ist für die Menschheit noch nicht ganz verloren.

Denn bei allem Schrecken ist "Die Schneegesellschaft" vor allem eine Geschichte von Freundschaft, Aufopferung und Hoffnung. Und genau das bleibt auch in Erinnerung, wenn die Albträume der Protagonisten, die der Film erfahrbar macht, irgendwann verblassen.

Ohne Nahrung keine Chance: Um weiterhin am Leben zu bleiben, müssen die Überlebenden ihre Freunde und Verwandten essen.  (Bild: Netflix)
Ohne Nahrung keine Chance: Um weiterhin am Leben zu bleiben, müssen die Überlebenden ihre Freunde und Verwandten essen. (Bild: Netflix)