Shitstorm gegen falschen “Eulen-Dieb”: Rentner setzt Zeichen

Ein Rentner geriet unter Verdacht, eine Bronze-Eule von einem Kindergrab gestohlen zu haben. Online wurde er auf das Übelste beschimpft und bedroht. Jetzt entschuldigen sich die ersten Hetzer bei dem unschuldigen 77-Jährigen.

Werner K. wollte nur eine Eule aus Bronze verkaufen. Er bot sie auf dem Portal Ebay an, inklusive Foto. Irritiert nahm der Rentner zur Kenntnis, dass sein Angebot 27.000 Menschen beobachteten. Jedoch handelte es sich nicht um potentielle Käufer, sondern Menschen, die einen schrecklichen Verdacht hegten: Sie beschuldigten Werner K., die Eule vom Friedhof in Rommerskirchen entwendet zu haben. Dort wurde kürzlich eine ebensolche Figur vom Grab eines zweijährigen Mädchens gestohlen.

Am Wochenende erhielt der 77-jährige Rentner plötzlich unzählige Hass-Kommentare. Er wurde als skrupelloser Friedhofs-Dieb beschimpft. Hunderte „Privatdetektive“ waren überzeugt, dass Werner K. der Täter sein musste. Sie posteten mehrfach seine Kleinanzeige, beleidigten und bedrohten ihn aufs Übelste. “Ich hatte richtig Angst”, sagt der 77-Jährige der Rheinischen Post. Mehrfach versicherte er, dass die Eule seit längerem in seinem Besitz sei, bereits seit Oktober 2015. Zuvor habe er sie bereits sechs Mal bei Ebay zum Verkauf angeboten. „Ich kann nicht verstehen, dass viele Leute einfach meine Argumente nicht hören wollten und mich beschuldigten, ein Grab-Räuber zu sein.“

Rentner will die Eule den Eltern schenken

Es half auch nicht, dass gleich mehrere Nutzer darauf hinwiesen, dass die Bronze-Eule bei Ebay nicht die gestohlene Figur aus Rommerskirchen war. “Es wurde jetzt schon gefühlte 200 Mal die falsche Eule gepostet und damit die falsche Person an den Pranger gestellt und evtl. ja auch noch privat angeschrieben und beleidigt etc.“, schrieb eine Frau. „Das ist unter aller Sau und bringt bei der Suche nach der echten Eule überhaupt nichts.” Der Shitstorm wütete weiter.

Werner K. war ratlos und suchte Hilfe bei der Polizei. Die Beamten auf der Wache Offenburg vermittelten ihn an die Polizei in Neuss, die nach der Bronze-Eule vom Kindergrab fahnden. Dort legte Werner K. die Kaufbelege vor, um seine Unschuld zu beweisen. “Wir haben auch mehrere Hinweise aus dem Internet bekommen, aber wir haben alle Zeugen darauf aufmerksam gemacht, dass es sich nicht um dieselbe Eule handeln muss.“ Die Neusser Polizeisprecherin Diane Drawe bestätigt, dass Werner K. mit dem Fall nichts zu tun hat. Sie verstehe, dass dieser Fall besonders starke Emotionen wecke.

"Eigentlich müsste jeder, der mich so schlimm beschimpft hat, als Wiedergutmachung Geld auf ein Spendenkonto zahlen, dass den betroffenen Eltern zugute kommt”, sagt der Offenburger. “Das kommt dabei raus, wenn in sozialen Netzwerken öffentlich nach Diebesgut gefahndet wird oder auch nur solches Diebesgut als Bild gezeigt wird und der Netz-Mob dann aktiv wird”, schreibt ein Kommentator bei Facebook. “Echt unter aller Sau…wie viele entschuldigen sich jetzt dafür? 1 von 1000 wenn überhaupt.”

Werner K. hofft, dass sich die Lage endlich beruhigt. Burkhard R., der Vater des verstorbenen Mädchens, empfindet Mitgefühl: „Mir tut es für den Mann sehr leid. Wir haben immer gesagt, dass das wahrscheinlich nicht unsere Eule ist.“ Der Rentner möchte seine Eule nun den Eltern der kleinen Luise schenken. Über das Angebot freuen sie sich. Jedoch habe bereits ein Steinmetz versprochen, eine Figur zu gestalten. Die Eltern hoffen, dass eine Eule aus Stein nicht die Begehrlichkeiten dreister Diebe weckt.

Foto: privat