Nach TV-Duell mit Biden: Deutsche Politik fürchtet Trump-Rückkehr

Nach dem TV-Duell in den USA wächst in der deutschen Politik die Furcht vor einer Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus. Angesichts des schwachen Auftritts von Amtsinhaber Joe Biden gab es Rufe, diesen durch einen anderen Kandidaten zu ersetzen. (ANDREW CABALLERO-REYNOLDS)
Nach dem TV-Duell in den USA wächst in der deutschen Politik die Furcht vor einer Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus. Angesichts des schwachen Auftritts von Amtsinhaber Joe Biden gab es Rufe, diesen durch einen anderen Kandidaten zu ersetzen. (ANDREW CABALLERO-REYNOLDS)

Nach dem ersten TV-Duell vor den US-Präsidentschaftswahlen wächst in der deutschen Politik die Furcht vor einer Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus. Angesichts des schwachen Auftritts von Amtsinhaber Joe Biden forderten Vertreter von Liberalen und Union die US-Demokraten am Freitag auf, den 81-Jährigen durch einen anderen Präsidentschaftskandidaten zu ersetzen. Ein Regierungssprecher hielt sich bedeckt, betonte daber das gute Verhältnis von Kanzler Olaf Scholz (SPD) zu Biden.

"Diese Nacht wird nicht vergessen werden", sagte der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen dem "Spiegel". "Die Demokraten müssen jetzt umsatteln." FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai nannte Bidens Auftritt "schockierend". Er sagte dem Sender Welt TV, er gehe davon aus, dass sich die US-Demokraten nun mit der Frage beschäftigen würden: "Ist das der richtige Kandidat? Ja oder Nein?“

"Die Demokraten müssen sofort reagieren und einen neuen Kandidaten ins Rennen schicken", forderte die FDP-Europapolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann der "Rheinischen Post". "Dass ein Mann wie Trump wieder Präsident werden könnte, weil die Demokraten nicht in der Lage sind, ihm eine starken Kandidaten entgegen zu setzen, wäre eine historische Tragödie, die die ganze Welt zu spüren bekäme."

Biden hatte bei dem TV-Duell gegen seinen republikanischen Herausforderer Trump am Donnerstag (Ortszeit) einen kraftlosen Eindruck gemacht und war immer wieder ins Stottern und Stocken geraten. In einer CNN-Umfrage sahen 67 Prozent der Zuschauer den früheren Präsidenten Trump als Gewinner des Duells.

Auch aus der Bundesregierung kamen nach dem TV-Auftritt skeptische Stimmen mit Blick auf Biden: Dieser habe "viele Fakten undeutlich präsentiert, war zuweilen sprachlich schwer zu verstehen", sagte der Transatlantik-Beauftragte Michael Link (FDP). "Ob die Demokraten wirklich mit Joe Biden in die Wahl im November gehen werden, müssen die Demokraten auf ihrem Parteitag Mitte August entscheiden." Sie müssten nun überlegen, wer die größten Chancen habe, gegen Ex-Präsident Trump zu gewinnen.

Die Bundesregierung werde den Wahlkampf in den USA nicht kommentieren und mische sich dort nicht ein, sagte seinerseits Vize-Regierungssprecher Wolfgang Büchner. Kanzler Scholz schätze aber Biden sehr und habe "ein ausgezeichnetes persönliches Verhältnis" zu ihm.

Der Rechtspopulist Trump hatte in seiner ersten Amtszeit Strafzölle auf deutsche und europäische Produkte verhängt und damit einen Handelskonflikt mit der EU ausgelöst. Zudem stellte er zu Beginn seines Mandats immer wieder die Beistandsverpflichtung der USA gegenüber den Nato-Partnern in Frage und beschuldigte insbesondere Deutschland, auf Kosten der USA viel zu wenig in Verteidigung zu investieren.

"Vielleicht wacht Europa nach dem ersten TV-Duell endlich auf", schrieb der Vorsitzende des Außenausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), am Freitag im Online-Dienst X. "Banges Hoffen auf Bidens Wiederwahl hilft nichts." Europa müsse "endlich mehr wagen" und "mehr Leadership in Osteuropa und Westbalkan übernehmen".

"Trumps Äußerungen in der Debatte waren für Deutschland und Europa beunruhigend", sagte auch der Transatlantik-Beauftragte Link dem "Tagesspiegel". "Seine außenpolitischen Äußerungen sind wirr und irritierend, etwa wenn er behauptet, er würde mit Putin den Ukraine-Krieg lösen, natürlich ohne dabei die Europäer zu erwähnen." In der Handelspolitik wolle er Deals mit einzelnen europäischen Staaten und erneut versuchen, "einzelne EU-Länder gegeneinander auszuspielen". Die Europäer müssen sich Link zufolge nun "konsequent auf alle Szenarien vorbereiten".

mt/cp