Tumore im Knochenmark - Früher startete Maike (38) beim Triathlon – jetzt kämpft sie gegen Hochrisiko-Krebs

Maike kämpft gegen den Krebs im Knochenmark. Nur eine Stammzellenspende kann sie heilen.<span class="copyright">privat / Maike</span>
Maike kämpft gegen den Krebs im Knochenmark. Nur eine Stammzellenspende kann sie heilen.privat / Maike

Mit der Diagnose „Myelodysplastischen Syndrom“ gerät Maikes Leben aus den Fugen. Statt Training für die Triathlon prägt nun Erschöpfung und die Suche nach einem geeigneten Spender ihren Alltag. Denn gesund kann sie nur eine Stammzellenspende machen.

Als Maike ihren Alltag vor der Diagnose beschreibt, wird klar, wie sehr sie Bewegung und Sport liebt. Neben ihrer Arbeit als Sportlehrerin einer neunten Klasse war sie ständig aktiv, vor allem der Triathlon begeisterte sie. Jetzt ist das alles nicht mehr möglich.

Denn Maike ist, als eine von nur sehr wenigen jungen Menschen, an MDS erkrankt. Normalerweise sind eher Menschen ab 60 Jahren betroffen. In vielen Fällen bleibt unklar, was der Auslöser für die Krankheit war.

Für ihre geliebten Gewohnheiten hat die 38-Jährige keine Kraft, stattdessen braucht sie viel Ruhe. Eine Qual, berichtet sie. „Ich möchte mich nicht ausruhen, ich möchte aktiv sein. Aber der Körper zeigt es einem dann und die Schmerzen kommen wieder.“

„Ich hechele wie nach einem Halbmarathon“

Schmerzen sind seit der MDS-Diagnose Maikes ständiger Begleiter. Diese rühren vor allem von Muskelverspannungen. Ihr Körper sei es nicht gewohnt, so untätig zu sein, sagt sie. Schließlich habe sie vor wenigen Wochen noch zehn Stunden in der Woche Sport getrieben. Heute sind die Treppen hinauf in ihre Wohnung in der dritten Etage bereits eine Herausforderung. „Ich hechele wie nach einem Halbmarathon.“

Die körperliche Erschöpfung und Schwäche sind typische Symptome des Myelodysplastischen Syndroms, verursacht durch Blutarmut. Denn durch das MDS kommt es zu einer Störung in der Produktion von Blutbestandteilen im Knochenmark – ausgelöst durch identische Zellen: unreife Blutzellen, genannt Blasten. Durch sie wird die normale Knochenmarkfunktion gestört. Es kommt zu einem Fehlen von Erythrozyten (rote Blutkörperchen), Leukozyten (weiße Blutkörperchen), als auch Thrombozyten (Blutplättchen).

Je nachdem, welche Blutteilchen betroffen sind, variieren auch die Symptome von MDS. Neben Erschöpfung können Erkrankte von Atemnot, einem erhöhten Infektionsrisiko und punktförmigen Einblutungen an Armen und Beinen betroffen sein.

Maikes Krankheit gehört zur Hochrisiko-Variante

Bei Maike ist die Bildung aller drei Blutzellen gestört. Damit gehört ihr MDS zur Hochrisiko-Variante. Das bedeutet auch, die Gefahr an sekundärer Leukämie zu erkranken, ist besonders hoch. Denn vermehren sich die Blasten ungehindert, wandern sie irgendwann ins Blut. Noch sei der Krebs jedoch nur im Knochenmark nachweisbar, berichtet Maike. Da dort aber schon recht viele Zellen seien, ist das Risiko einer sekundären Leukämie sehr hoch. „Diese ist gefährlicher und viel schwieriger zu therapieren, aus diesem Grund der kurze Zeitfaktor für eine Stammzellentransplantation.“

 

Die Stammzellentransplantation braucht Maike, um gesund zu werden. Eine alternative Heilung für MDS gibt es nicht. „Die einzige Möglichkeit wäre, mit einer Chemotherapie die Zeit etwas zu verlängern, aber auch nicht sehr lange“, erzählt die 38-jährige Mutter. Aktuell bekommt die junge Lehrerin eine epigenetische Therapie. „Diese Therapie wird als 'Bridging' angewendet und versucht den aktuellen Status zu halten.“ Für sieben Tage bekommt Maike zwei Spritzen in den Bauch gesetzt, zwischen den Sitzungen hat sie vier Wochen Pause. So soll die Zeit bis ein geeigneter Spender gefunden ist, überbrückt werden – mit weniger Nebenwirkungen, als eine Chemotherapie sie haben würde.

Die Stammzellenspende braucht Maike aber in jedem Fall, um gesund zu werden. Im Moment ihrer Diagnose ein zusätzlicher Schock, denn der Arzt gibt ein Zeitfenster von nur wenigen Wochen, um einer sekundären Leukämie zu entgehen. Ihr Ehemann hingegen ist erleichtert. „Als der Arzt gesagt hat, dass die Erkrankung durch eine Stammzellentransplantation heilbar ist, war für ihn klar, das schaffen wir.“

Ein „normaler“ Alltag gibt ihr Kraft

Nach der Diagnose ist die 38-Jährige zunächst erschüttert, ihr kommen die Tränen. „Ich habe nur gedacht: In einem halben Jahr könnte ich geheilt sein, aber ich könnte auch tot sein und meine Familie nie wieder sehen.“ Ihr Leben ist von da an nicht mehr wie gewohnt. Sie muss viel Zeit im Krankenhaus und der Tagesklinik verbringen, alltägliche Tätigkeiten erfordern viel Kraft. Routinen wie Bewegungstherapie auf dem Rad oder in Form von Yoga und ihre Familie um sich zu haben, geben ihr jedoch Kraft. „Der Alltag zuhause tut mir mental und physisch total gut. Ich bin glücklich jeden Tag meinen Mann und meine Kinder zu sehen“, erzählt Maike.

Überhaupt sei ihre Familie die größte Unterstützung in dieser Zeit, allen voran ihr Ehemann, die Kinder und ihre Mutter. „Ich wusste schon vorher, dass ich unglaublich viel Glück mit meinem Mann, meinen Kindern und meiner Familie habe, aber diese schwere Zeit zeigt einfach, wie großartig meine gesamte Familie ist.“ Durch sie schafft Maike es, positiv auf die Zukunft zu blicken und ihren Alltag so normal wie möglich zu leben – inklusive kleinen Streits mit ihren Kindern, „über deren Hausaufgaben oder das unaufgeräumte Zimmer“, sagt die zweifache Mutter.

Überlebenswichtig: den passenden Spender finden

Und auch der Rest ihres Umfelds unterstützt Maike an allen Enden. „Jeden Tag treibt es mir die Tränen in den Augen was für tolle Menschen ich um mich habe.“ Ihr Kollegium und ihre Schüler starten sofort eine Spendenaktion, Waffelverkäufe und Registrierungsaktionen für DKMS. Fremde registrieren sich, um Maike zu helfen. „Im Leben hätte ich nicht mit so einer großen Unterstützung gerechnet.“

Menschen, die sich für eine Stammzellenspende registrieren lassen, sind überlebenswichtig für Betroffene wie Maike. Ein Grund, warum sie ihre Geschichte öffentlich macht. „So hat meine Krankheit vielleicht noch etwas Positives“, sagt sie. Denn je mehr Menschen sich registrieren, desto besser die Chance, einen passenden Spender zu finden.

Die Krankheit lässt Maike ihr Leben als gesunde Frau noch mehr wertschätzen. Sie vermisst die Familienausflüge und das gemeinsame Training mit ihrem Mann. Für ihre Zukunft wünscht sie sich vor allem eben jenen Alltag zurück. „Früher strebte ich noch nach anderen größeren Zielen, aber jetzt wünsche ich mir einfach nur gesund meinen Alltag zu leben, die Kinder aufwachsen zu sehen, mit meinem Mann jeden Tag zusammen zu genießen und mit meiner Familie tolle Sachen zu machen.“