TV-Kolumne zu „Markus Lanz“ - Bei Lanz beweist Strack-Zimmermann, warum sie mehr als nur „Oma Courage“ ist

„Markus Lanz“<span class="copyright">ZDF</span>
„Markus Lanz“ZDF

Frauen, die meinungsstark sind, werden gerne als Flintenweiber deklariert. Auch FDP-Militärexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat nicht nur fülliges Haupthaar, sondern angeblich Haare auf den Zähnen. Bei „Markus Lanz“ zeigt sich: Die Frau kann reden wie ein Mann.

Einer meiner früheren Chefs hat gerne über mich gesagt: „Mit der Pawlak können Sie reden wie mit einem Mann!“ Ich empfand das durchaus als gute Sache, denn gemeint war: Da müssen keine verbalen, femininen Schnörkel ausgepackt werden. Einfach sagen, was Sache ist. Das war allerdings ein wenig sehr lange vor Diversität und übertriebener politischer Korrektheit.

Wie sieht das heute aus? Als Frau wie ein Mann zu agieren, ist gemeinhin keine gute Idee. Jenen Frauen in Vorständen, die das Wort ergreifen und mal hart durchgreifen, werden schnell Haare auf den Zähnen attestiert, sie werden flugs als Flintenweiber diskreditiert.

„Oma Courage“, die den Kanzler beleidigt

Auch Marie-Agnes Strack-Zimmermann gilt bei manchem als so ein Flintenweib. Von 2021 bis Juni 2024 war die FDP-Politikerin Vorsitzende des Verteidigungsausschusses; über den Krieg in der Ukraine ist sie bestens im Bilde und auch sonst äußert sie sich meistens sehr robust.

Im Mai bezeichnete sie Kanzler Scholz als „krassen Rechthaber mit geradezu autistischen Zügen“. Und selbst innerhalb ihrer eigenen Partei gilt sie als meinungsstark. Das hat ihr den Spitznamen „Oma Courage“ eingebracht. Angelehnt ist die Bezeichnung offenbar an Bertolt Brechts Drama „Mutter Courage“, die Geschichte einer Marketenderin, die versucht, ihr Geschäft mit dem Krieg zu machen. Ob das ein gelungener Konnex ist? Wir werden dazu noch etwas hören.

„Eurofighterin“ als Siegerin auf TikTok

Wahr ist: Marie-Agnes Strack-Zimmermann ist speziell. Und das durchaus im Sinne von besonders, auch besonders erfolgreich. Vor der Europawahl war oftmals zu lesen, dass keine Partei TikTok so gut beherrsche wie die AfD.

Doch nach einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft lag Marie-Agnes Strack-Zimmermann vorne, denn mehr als 95 Prozent der fast 200.000 Likes für die FDP sammelte die „Eurofighterin“ und passionierte Motorradfahrerin allein ein.

Eine Frau wie ein Gewehr. Ist das nett?

Beim Spät-Talk „Markus Lanz“ wird sie gleich als „streitbar“ angekündigt. Moderator Lanz zitiert, Strack-Zimmermann sei wie ein G36-Gewehr: schießt viel, hat aber Probleme mit Überhitzung. Ist das nett? Sie hat augenscheinlich kein Problem damit.

Erst einmal geht es im ZDF-Talk – natürlich – um Fußball. Wir lernen: Frau Strack-Zimmermann schaut die Fußball-EM allein. Sie jubelt allein. Während ihr Mann in eine Kneipe geht, wo, neben ihm, auch andere Kicker-Muffel sind. Sie bezeichnet sich als Laie beim Fußball. Und hat doch das richtige Fan-Gespür, was Emotionen angeht.

Wie erfrischend anders klingt das im Vergleich zum verquasten Gerede von Olaf Scholz zur EM am Sonntag im „ARD-Sommerinterview“. Der Kanzler hofft anscheinend heimlich darauf, dass das coole EM-Feeling hierzulande die unterirdische Performance der Ampel-Regierung wegkickt. „Wie ein Fremdkörper“ wirke der Kanzler auf der Tribüne, konstatiert Journalist Lucas Vogelsang bei „Markus Lanz“ zurecht. Er wirke nicht authentisch. „Kommt als dröge rüber“, befindet auch Ex-Fußballer Fredi Bobic über Scholz.

Russland den Mittelfinger zeigen

Marie-Agnes Strack-Zimmermann kann Gewehr sein, wenn sie eine politische Meinung platziert haben will. Das kann immer wieder in den TV-Talks erlebt werden. Aber sie kann auch zuhören, einordnen, mitnehmen – das zeigt sie bei „Markus Lanz“.

Sie redet, wenn sie Ahnung mitbringt. „Ich habe gehofft, sie kommen weiter“, sagt die FDP-Politikerin über die Ukrainer. Die sind jetzt ausgeschieden. Sie habe gehofft, und das ist wieder typisch Strack-Zimmermann, als Ukraine hätte man Russland länger „den Mittelfinger zeigen können“.

Der Ständer, die Ständerin

„Oma Courage“ möge sie jetzt wohl nicht mehr sein, meint Markus Lanz. Doch, das sei okay, retourniert Strack-Zimmermann. Und schaut nicht begeistert und sagt: „Aber ich fand das weit hergeholt. Wir sollten die Kirche im Dorf lassen“. Die schwere Interpretation à la Brecht „finde ich schwierig“. Mehr mag sie die „Eurofighterin“.

Kleiner Ausflug zum Gendern. Sie gendere nicht, sagt sie. „Dann haben wir keinen Fahrradständer, sondern bald eine Fahrradständerin.“ Interessant ist übrigens, dass das Wort Fahrradständerin mein Rechtschreibprogramm beim Verfassen dieser Kolumne am liebsten gleich direkt wieder in den Fahrradständer ändern möchte. Die Software, nicht im heutigen Leben angekommen? Offenbar.

Der Keks, der Tod, die Ukraine

Ganz am Ende der Sendung geht es um die verweigerten Taurus-Lieferungen des Kanzlers an die Ukraine. Es hätte, so die FDP-Politikerin, viele Tote verhindert. Dass sie den Kanzler als Autisten bezeichnet und sich dafür bei ihm nie entschuldigt habe? „Nein, weil ich immer bei klarem Gedanken bin, wenn ich etwas äußere.“

Es gehe um Leben und Tod in der Ukraine. „Wenn der Kanzler vor einem Jahr grünes Licht gegeben hätte, wäre die Lage heute eine andere.“ Und sie preist ein: „Ich glaube, dass ich ihm tierisch auf den Keks gehe.“ Sie wirkt zufrieden damit.

Sahra Wagenknecht und diesen Pimpernellen

Sie würde klingen wie ein „Egoshooter“, meint Moderator Lanz. Strack-Zimmermann verweigert sich: „Ich werde nicht müde, das zu sagen: Es geht hier nicht um Ego. Wenn die Ukraine diesen Krieg verliert, werden wir hier in Ihrer Sendung ganz andere Themen diskutieren.“

Und dann schiebt sie noch nach: „Wenn Sahra Wagenknecht hier sitzt und so tut, als wäre die Ukraine selber schuld, dann …“, sie holt kurz Luft, „da krieg’ ich die Pimpernellen“. Wer es nicht weiß: In der Antike nutzte man das Pimpernellen-Kraut für seine blutstillende Wirkung.

Und morgen ist übrigens prompt Sahra Wagenknecht bei „Markus Lanz“ zu Gast. Da sitzt Marie-Agnes Strack-Zimmermann dann vielleicht zu Hause, allein mit Fußball vor dem Fernseher und diesen Pimpernellen.