Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Mittwoch

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar 2022 herrscht in dem Land Krieg. Die aktuellen Entwicklungen im Überblick.

Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)
Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)

Der Ticker ist für heute beendet. Sie können hier die wichtigsten News des Tages zum Krieg in der Ukraine nachlesen.

  • Tote durch Beschuss der Ukraine - auch Rettungskräfte unter Opfern

  • Vitali Klitschko: Krieg in Ukraine darf nicht aus dem Fokus geraten

  • US-Institut erwartet neue russische Offensivversuche im Kriegsgebiet

  • Steinmeier: Deutschland wird die Ukraine nicht vergessen

  • General: Haben ungefähr 8000 ukrainische Soldaten ausgebildet

  • Selenskyj: Putin will Erfolg bei Donezk für seine Kandidatur

Die aktuelle Newslage:

+++ Tote durch Beschuss der Ukraine - auch Rettungskräfte unter Opfern +++

Durch russischen Beschuss sind im Süden und Osten der Ukraine offiziellen Angaben zufolge am Mittwoch mindestens fünf Zivilisten getötet und 17 weitere verletzt worden. In der umkämpften Region Saporischschja starben nach Angaben des Zivilschutzes mindestens drei Männer nach mehreren Einschlägen russischer Raketen. Zwei der Toten seien Rettungskräfte gewesen. Sie hatten Aufräumarbeiten nach den ersten Einschlägen durchgeführt. 14 Menschen seien verletzt worden.

Zunächst hatte der regionale Militärgouverneur Jurij Malaschko von einem Toten und sieben Verletzten gesprochen. In der ostukrainischen Stadt Selydowe im Gebiet Donezk wurde den Behörden zufolge ein mehrstöckiges Wohnhaus von einer russischen Rakete getroffen. Zwei Menschen - darunter eine 85 Jahre alte Frau - wurden demnach getötet, drei weitere Menschen verletzt.

Polizeiangaben zufolge schlugen in Selydowe im Morgengrauen insgesamt vier Raketen vom Typ S-300 ein und beschädigten 26 Häuser. Zwei Tote wurden bestätigt - Retter gingen aber von zwei weiteren Verschütteten aus. Die Rettungsarbeiten dauerten an.

In der ostukrainischen Stadt Selydowe im Gebiet Donezk wurde den Behörden zufolge ein mehrstöckiges Wohnhaus von einer russischen Rakete getroffen.
In der ostukrainischen Stadt Selydowe im Gebiet Donezk wurde den Behörden zufolge ein mehrstöckiges Wohnhaus von einer russischen Rakete getroffen.

+++ Vitali Klitschko: Krieg in Ukraine darf nicht aus dem Fokus geraten +++

Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko blickt mit Sorge auf die kommenden Monate. «Vor dem Winter bin ich nervös», sagte der ehemalige Profiboxer am Rande der deutsch-ukrainischen kommunalen Partnerschaftskonferenz in Leipzig. In der Ukraine herrsche derzeit «eine Illusion an Leben, die jede Sekunde zerstört werden kann», beschrieb der Politiker die Lage in seinem Heimatland. Die Menschen dort träumten von Frieden. Einen Teil der Ukraine an Russland abzugeben, sei undenkbar. «Wir kämpfen auch für unsere europäische Zukunft», so Klitschko.

Im Februar 2022 hatte Russland die Ukraine angegriffen. Seitdem herrscht dort Krieg. Ein Ende? Zurzeit nicht absehbar, sagte Klitschko. Seine Stadt sei - auch dank der Hilfen von Partnerstädten wie Leipzig - gut auf den nahenden Winter vorbereitet. «Man kann aber nicht ausschließen, dass russische Raketen unsere Infrastruktur zerstören», warnte der 52-Jährige. Auch deshalb rate er seinen Bürgerinnen und Bürgern, auf das Schlimmste gefasst zu ein, also ausreichend Lebensmittel, Trinkwasser und warme Kleidung bereitzuhalten. «Jeder muss bereit sein.»

Davor, dass die Ukraine nach dem Ausbruch des Gaza-Krieges aus dem Fokus anderer Länder gerät, habe er Angst, sagte Klitschko. «Die Folge ist, dass Russland nicht bestraft wird und einfach weitermacht.» Zudem täten sich für Russland mehr Optionen auf.

Im Rahmen der sechsten deutsch-ukrainischen kommunalen Partnerschaftskonferenz kommen zwischen dem 13. und 15. November zahlreiche Bürgermeister, Vertreter aus dem deutsch-ukrainischen Städtenetzwerk sowie andere politische Gäste in Leipzig zusammen.

Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko blickt mit Sorge auf den kommenden Winter.
Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko blickt mit Sorge auf den kommenden Winter.

+++ US-Institut erwartet neue russische Offensivversuche im Kriegsgebiet +++

Russland will aus Sicht von US-Experten im Kriegsgebiet im Osten der Ukraine aktuell mit mehreren parallelen Angriffen die Initiative auf dem Feld zurückgewinnen. Der Erfolg dieser Versuche sei aber wegen des anhaltenden Drucks durch die ukrainische Gegenoffensive fraglich, teilte das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) in Washington am Dienstag (Ortszeit) mit. Besonders schwer umkämpft sind demnach die Städte Kupjansk im Gebiet Charkiw sowie Awdijiwka und Bachmut im Gebiet Donezk.

Zwar räumten auch ukrainische Stellen ein, dass die Lage an der Front für Kiews Truppen schwierig und komplex sei. Trotzdem werten es die US-Experten etwa als Erfolg, dass sich die ukrainischen Truppen an der linken Uferseite des Dnipro im Gebiet Cherson festsetzen konnten - Stellungen, die bisher von russischen Truppen gehalten wurden.

Seit Oktober gebe es dort außergewöhnlich starke Kampfhandlungen der ukrainischen Verteidiger, die ihre Positionen auf der Uferseite hielten und die Truppen dort weiter versorgen könnten, hieß es in der ISW-Analyse. Russische Staatsmedien hatten zuletzt kurz darüber berichtet, dass Moskaus Truppen sich dort zurückziehen müssten, dann aber diese Meldungen zurückgezogen. Die Rede war von einer angeblichen ukrainischen Provokation.

Die Lage an der Front im Osten und Süden der Ukraine gilt als festgefahren – ohne wesentliche Fortschritte für eine der beiden Kriegsparteien. Die Ukraine blieb mit ihrer Gegenoffensive bisher hinter den eigenen Erwartungen deutlich zurück. Das Land verteidigt sich mit westlicher Militärhilfe seit fast 21 Monaten gegen den russischen Angriffskrieg. Das Ziel einer ukrainischen Befreiung der von Russland teils besetzten Gebiete Cherson, Saporischschja, Luhansk und Donezk ist bisher nicht in Sicht.

+++ Steinmeier: Deutschland wird die Ukraine nicht vergessen +++

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat davor gewarnt, dass der Krieg in der Ukraine aus dem Fokus der Öffentlichkeit gerät. «Die Ukraine braucht unsere Unterstützung umso mehr, als nun auch im Nahen Osten Krieg herrscht und der in der Ukraine nicht mehr die Aufmerksamkeit erhält, die er so dringend braucht. Putins Kalkül ist: Die Welt soll die Ukraine vergessen», sagte Steinmeier auf der deutsch-ukrainischen kommunalen Partnerschaftskonferenz am Mittwoch in Leipzig. Diesen Gefallen dürfe und werde Deutschland dem russischen Präsidenten nicht tun. «Wir werden uns an Russlands rechtswidrigen und menschenverachtenden Angriffskrieg nicht gewöhnen», sagte Steinmeier.

Im Februar 2022 hatte Russland die Ukraine angegriffen. Seitdem herrscht dort Krieg. Dieser unterscheide nicht zwischen Metropolen, Städten und Dörfern, so Steinmeier. «Er trifft alle Menschen in der Ukraine.» Deshalb sei es wichtig, dass es Unterstützung nicht nur zwischen Regierungen, sondern auch zwischen Städten und Kommunen gebe. «Es gibt keine langfristigere, keine nachhaltigere Unterstützung als diese Bindungen zwischen den Menschen in unseren beiden Ländern.»

Während der Konferenz war am Mittwoch auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zugeschaltet. Er betonte, nicht nur die Ukraine werde von dem russischen Regime bedroht, auch Nachbarländer seines Landes seien in Gefahr. Die Städte in Deutschland und der Ukraine eine ihre europäische Haltung gegenüber Menschen. Ihre Beziehung schütze Menschenleben. «Es ist von großer Bedeutung, dass wir nicht nur die Instrumente nutzen, die der Staat hat», so Selenskyj.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

+++ Osteuropäer fordern mehr Einsatz für Munitionsplan für die Ukraine +++

Aus Osteuropa kommen Forderungen nach entschlossenen Rettungsversuchen für den vom Scheitern bedrohten EU-Munitionsplan für die Ukraine. Wenn aus den eigenen Lagern und über eigene neue Bestellungen bei der Industrie nicht ausreichend Munition organisiert werden könne, sollte man bereit sein, in Drittstaaten zu kaufen, sagte Estlands Verteidigungsminister Hanno Pevkur in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Dies sei eine der möglichen Lösungen.

Pevkur verwies darauf, dass nach Angaben des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell erhebliche Mengen an in der EU produzierter Munition wegen bestehender Verträge in andere Staaten geliefert werden. Mit diesen Ländern könnten nach seiner Meinung Verhandlungen geführt werden, um die Munition dann in die von Russland angegriffene Ukraine umzuleiten. «Die Produktion ist da», sagte er.

Der estnische Politiker reagierte mit den Forderungen auf den schleppenden Fortschritt beim EU-Plan für die Lieferung von einer Million Artilleriegeschosse an die Ukraine bis zum Frühjahr 2024. Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte deswegen am Dienstag am Rande von EU-Beratungen erklärt, dass er ein Scheitern erwarte. «Die eine Million werden nicht erreicht. Davon muss man ausgehen», sagte der SPD-Politiker. Grund seien unzureichende Produktionskapazitäten.

Ähnlich wie Pevkur hatte sich bereits vor den EU-Beratungen der lettische Verteidigungsminister Andris Spruds geäußert. Er forderte «Ehrgeiz und Ambitionen», um die gesetzten Ziele zu erreichen.

+++ General: Haben ungefähr 8000 ukrainische Soldaten ausgebildet +++

Die Bundeswehr und ihre Partner haben inzwischen etwa 8000 ukrainische Soldaten für die Verteidigung ihres Landes gegen russische Angreifer ausgebildet. «Meine Erwartung ist, dass wir bis Ende des Jahres ungefähr 10 000 ausgebildet haben werden in circa 200 Trainingsmodulen», sagte Generalleutnant Andreas Marlow, Befehlshaber des multinationalen Ausbildungskommandos («Special Training Command»). Es hat seinen Sitz in Strausberg bei Berlin und steuert die Arbeit der vor einem Jahr gestarteten EU-Trainingsmission (EUMAM) für die Ukraine.

Die Ausbildung umfasst verschiedene Ebenen von einer Grundausbildung über Spezialisierungen - wie Sanitäter, Scharfschützen oder Panzerbesatzungen - bis hin zur Ausbildung des militärischen Führungspersonals. Einige Akzente hätten sich geändert, sagte Marlow. Er nannte eine Verschiebung von defensiven hin zu offensiven Operationen. Ein Engpass bleibt nach früheren Angaben der Mangel an Übersetzern wegen komplexer Sicherheitsauflagen.

Marlow machte deutlich, dass die Bundeswehr auch selbst von der Ausbildung profitiere und Kenntnisse über die russische Kriegsführung erlange. Er bezeichnete die Ausbildung der Ukrainer als ein Geben und Nehmen und verwies auf größere Erfahrungen der Ukrainer im Drohnenkrieg oder auch darin, wie man ein Stellungssystem nach russischer Bauart aufrolle.

Generalleutnant Andreas Marlow, Befehlshaber des multinationalen Ausbildungskommandos.
Generalleutnant Andreas Marlow, Befehlshaber des multinationalen Ausbildungskommandos.

Nach den Maßstäben der Bundeswehr ist die Ausbildungszeit für das Training der Ukrainer kurz. Diese haben im Krieg aber auch im eigenen Land kürzere Zeitpläne. «Die brauchen sechs Wochen Grundausbildung und dann vielleicht noch mal sechs Wochen weiterführendes Training, bevor die Soldaten dann in den Krieg geschickt werden», sagte Marlow auf die Frage, welche Zeit die Ukraine nenne, um neue Soldaten ausbilden.

Die Bundeswehr, die zur Verteidigung gegen einen möglichen Angreifer Kriegstüchtigkeit als alte und neue Handlungsmaxime hat, will auch daraus grundsätzliche Erkenntnisse gewinnen. Marlow: «Ich habe jetzt beauftragt, dass das Ausbildungskommando des Heeres jetzt mal untersucht, wie und inwieweit wir unter Kriegsbedingungen die Ausbildung zusammendampfen könnten auf das unabdingbare Maß, was man für den Krieg oder für den Kampf braucht, um eben diese Zeitspanne auch reduzieren zu können.»

+++ Selenskyj: Putin will Erfolg bei Donezk für seine Kandidatur +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj stellt die gehäuften russischen Angriffe im ostukrainischen Gebiet Donezk in einen Zusammenhang mit der kommenden Präsidentenwahl in Russland 2024. Kremlchef Wladimir Putin verfolge zynisch ein politisches Ziel, sagte Selenskyj am Dienstagabend. «Er ist bereit, unbegrenzt viele seiner Leute zu töten, um in der ersten Dezemberhälfte wenigstens einen taktischen Erfolg vorweisen zu können. Nämlich dann, wenn er seine Wahlen ankündigen will», sagte Selenskyj in seiner Videoansprache in Kiew.

In den Kämpfen um die ukrainische Frontstadt Awdijiwka bei Donezk verliere Russland noch schneller Soldaten und Technik als bei der monatelangen Schlacht um Bachmut im vergangenen Winter. «Diesem Druck standzuhalten ist äußerst schwer», sagte Selenskyj und dankte seinen Soldaten. Je mehr russische Kräfte bei Awdijiwka vernichtet würden, desto schwieriger werde die Lage für den Feind.

In Russland finden im kommenden März Präsidentenwahlen statt, die vom Kreml bereits vorbereitet werden. Putin hat seine erneute Kandidatur noch nicht offiziell erklärt. Die russische Armee greift seit Wochen verstärkt ukrainische Stellungen an, die dicht an der Großstadt Donezk liegen. Es gibt schwere Gefechte bei Awdijiwka und Marjinka. Die Ukraine wehrt seit fast 21 Monaten eine großangelegte russische Invasion ab.