Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Sonntag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

In unserem Newsticker können Sie die wichtigsten Nachrichten des Tages zum Krieg in der Ukraine nachlesen.

  • Auch Volksvertreter aus Moskau rufen Wladimir Putin zum Rücktritt auf

  • Regionalwahlen in Russland: Erfolge für Kremlpartei zeichnen sich ab

  • Lawrow: Russland lehnt Verhandlungen mit der Ukraine nicht ab

  • Kreml: Putin und Macron sprechen zu ukrainischem AKW Saporischschja

  • Atomkraftwerk Saporischschja wird heruntergefahren

  • Kiew feiert russischen Rückzug aus Charkiw

  • Selenskyj: Seit Monatsbeginn 2000 Quadratkilometer zurückerobert

  • Russische Besatzer rufen Menschen in ganz Charkiw zur Flucht auf

  • Ukraine drängt Deutschland zur Lieferung von Kampfpanzern

Die News des Tages

+++ Auch Volksvertreter aus Moskau rufen Wladimir Putin zum Rücktritt auf +++

Nach dem Stadtrat eines Bezirks von St. Petersburg haben jetzt Volksvertreter aus dem Moskauer Bezirk Lomonossowski den Rücktritt von Wladimir Putin gefordert. Sie richteten einen entsprechenden Antrag an die Staatsduma und veröffentlichten ihre Kritik auf der Internetseite des Distrikts.

Begründet haben die Lokalpolitiker des Moskauer Bezirks Lomonossow (oder Lomonossovwki) ihre Forderung mit Putins Entscheidung, in die Ukraine einzumarschieren. Die aggressive Rhetorik des Präsidenten habe Russland in die Ära des Kalten Krieges zurückgeworfen. Darunter leide die Wirtschaft - anders als es in den offiziell veröffentlichten Statistiken gezeigt werde. Die Vertreter des Gemeinderates - darunter ein Vertreter der Oppositionspartei Jabloko - machten Putin auch für die massiven Verluste an Menschenleben sowie für die vielen Kriegsverletzten verantwortlich sowie dafür, dass Russinnen und Russen in Massen Russland verlassen haben.

Russlands Präsident Putin verliert in seiner Heimat immer mehr an Rückhalt. (Bild: Reuters)
Russlands Präsident Putin verliert in seiner Heimat immer mehr an Rückhalt. (Bild: Reuters)

+++ Regionalwahlen in Russland: Erfolge für Kremlpartei zeichnen sich ab +++

Bei den Regionalwahlen in Russland hat sich am Sonntagabend erwartungsgemäß ein breiter Erfolg für die Kremlpartei Geeintes Russland abgezeichnet. In der Teilrepublik Burjatien am Baikalsee etwa oder in Swerdlowsk am Ural, wo Gouverneure gewählt wurden, lagen nach Auszählung der ersten Stimmen jeweils die bisherigen Amtsinhaber vorne, wie aus den Daten der zentralen Wahlkommission hervorging. Auch in der sibirischen Region Tomsk führte am Abend der Kandidat von Geeintes Russland.

Die Wahlen in mehr als 80 russischen Regionen waren die ersten seit Beginn des Kriegs gegen die Ukraine Ende Februar - und sie waren überschattet von massiven Manipulationsvorwürfen. Die unabhängigen Wahlbeobachter der Organisation Golos listeten noch während des laufenden Urnengangs zahlreiche Anzeichen für Betrug auf. Schon vor den Wahlen war kritisiert worden, dass Oppositionelle, die sich offen gegen den Krieg im Nachbarland positionierten, gar nicht erst zur Abstimmung zugelassen wurden. Aus dem russischen Innenministerium hieß es hingegen, ernsthafte Verstöße seien bislang nicht registriert worden.

Neben Gouverneuren wurden vielerorts auch örtliche Parlamente und Stadtteilvertretungen neu bestimmt. Insgesamt waren rund 4700 Wahlen auf unterschiedlichen Ebenen anberaumt. Zum Urnengang aufgerufen waren mehr als 45 Millionen Russen.

+++ Lawrow: Russland lehnt Verhandlungen mit der Ukraine nicht ab +++

Die russische Führung hat kurz nach einer schweren Niederlage des eigenen Militärs in der Ukraine Verhandlungen mit Kiew in Aussicht gestellt. «Russland lehnt Verhandlungen mit der Ukraine nicht ab, doch je länger der Prozess hinausgezögert wird, desto schwerer wird es, sich zu einigen», sagte Außenminister Sergej Lawrow am Sonntag im Staatsfernsehen. Die Verhandlungen, die kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen das Nachbarland begannen, sind seit Monaten ausgesetzt.

Offiziell macht Moskau für den Verhandlungsstopp Kiew verantwortlich. Russland stellt für einen Frieden allerdings harte Bedingungen. So soll die Ukraine nicht nur auf einen Nato-Beitritt verzichten, sondern auch hohen Gebietsverlusten zustimmen. So hat Moskau die Abtretung der Gebiet Donezk und Luhansk gefordert. Weitere offizielle Forderungen des Kremls bestehen in einer «Entmilitarisierung» und einer «Entnazifizierung» der Ukraine.

Lawrow rechtfertigte im Fernsehen einmal mehr das russische Vorgehen. Er sprach von einer Auseinandersetzung mit dem ganzen Westen. Dieser versuche, unter allen Umständen seine Vormachtstellung zu bewahren. Doch die Menschheit bewege sich auf eine gerechtere Weltordnung mit multipolaren Machtzentren zu, prognostizierte Russlands Chefdiplomat.

+++ Kreml: Putin und Macron sprechen zu ukrainischem AKW Saporischschja +++

Kremlchef Wladimir Putin und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron haben Angaben aus Moskau zufolge zur kritischen Lage am von Russland besetzten ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja telefoniert. Putin habe ein internationales Einwirken auf die Ukraine gefordert, damit diese ihre Angriffe auf die Anlage einstelle, hieß es in einer Kreml-Mitteilung vom Sonntag. Kiew wiederum wirft den russischen Truppen immer wieder vor, das seit März unter ihrer Kontrolle stehende AKW selbst zu beschießen.

Kurz zuvor war bekannt geworden, dass das größte Atomkraftwerk Europas vollständig heruntergefahren werden musste. Laut der ukrainischen Atombehörde Enerhoatom waren aufgrund von Beschuss zwischenzeitlich alle Verbindungslinien zum Stromnetz unterbrochen. Auch die russische Seite bestätigte die Abschaltung des Kraftwerks, auf dessen Gelände sich zur Beobachtung der Lage weiter auch zwei Mitarbeiter der Internationalen Atombehörde IAEA aufhalten.

Das Atomkraftwerk Saporischschja (Bild: Dmytro Smolyenko/Future Publishing via Getty Images)
Das Atomkraftwerk Saporischschja (Bild: Dmytro Smolyenko/Future Publishing via Getty Images)

+++ Atomkraftwerk Saporischschja wird heruntergefahren +++

Das Atomkraftwerk Saporischschja ist nach ukrainischen Angaben vollständig vom Stromnetz abgekoppelt worden und wird heruntergefahren. «Es wurde entschieden, den Reaktorblock Nummer sechs in den sichersten Zustand - den Kaltzustand - zu versetzen», teilte die ukrainische Atombehörde Enerhoatom am Sonntag auf ihrem Telegram-Kanal mit. Das AKW befindet sich seit Wochen unter Beschuss. Russland und die Ukraine geben sich gegenseitig die Schuld für die Eskalation der Lage rund um die Nuklearanlage.

Laut Enerhoatom arbeitete das AKW in den letzten drei Tagen bereits im «Inselbetrieb», das heißt, es produzierte nur noch Strom zur Eigenversorgung, weil alle Verbindungslinien zum ukrainischen Stromnetz durch den Beschuss unterbrochen worden seien. Am Samstagabend sei dann eine Leitung zum Stromnetz wieder hergestellt worden. Daraufhin sei entschieden worden, das AKW über diese Leitung zu versorgen und den letzten funktionierenden Reaktorblock abzuschalten und auf den sicheren Kaltzustand herunter zu kühlen.

Bereits im August gab es eine Notabschaltung des Kraftwerks. Vorausgegangen war ein Beschuss der Anlage, für die sich beide Kriegsparteien gegenseitig verantwortlich machen. Unabhängig können die Angaben nicht überprüft werden.

+++ Kiew feiert russischen Rückzug aus Charkiw +++

Der von Moskau bekannt gegebene Truppenrückzug aus dem ostukrainischen Gebiet Charkiw ist in Kiew mit Genugtuung aufgenommen worden. «Besatzer haben in der Ukraine keinen Platz und werden keinen haben», sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner Videoansprache in der Nacht zum Sonntag. Mehr als sechs Monate nach Kriegsbeginn hatte seine Armee die russischen Besatzer im Charkiwer Gebiet bis zum Samstag massiv zurückgedrängt. Wenig später gab das Verteidigungsministerium in Moskau dann einen Rückzug seiner Truppen aus strategisch wichtigen Städten bekannt.

(Bild: Metin Aktas/Anadolu Agency via Getty Images)
(Bild: Metin Aktas/Anadolu Agency via Getty Images)

Für weitere erfolgreiche Gegenoffensiven ist Kiew eigenen Angaben zufolge aber auf weitere Waffenlieferungen aus dem Westen angewiesen. Bei einem Besuch von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) machte ihr ukrainischer Kollege Dmytro Kuleba diesbezüglich Druck.

+++ Selenskyj: Seit Monatsbeginn 2000 Quadratkilometer zurückerobert +++

Selenskyjs Angaben zufolge haben die Ukrainer in den vergangenen zehn Tagen rund 2000 Quadratkilometer in bislang von Russland besetzten Gebieten zurückerobert. Der ukrainische Staatschef dankte allen Soldaten, die an Rückeroberungen im Charkiwer Gebiet beteiligt waren.

Offiziell begründete Moskau den Abzug der eigenen Truppen damit, dass durch die Umgruppierung Einheiten im angrenzenden Gebiet Donezk verstärkt werden sollen. Viele Militärexperten gehen jedoch davon aus, dass die Russen angesichts des massiven ukrainischen Vorstoßes im Charkiwer Gebiet zuletzt so stark unter Druck geraten sind, dass sie sich zur Flucht entschieden haben.

+++ Russische Besatzer rufen Menschen in ganz Charkiw zur Flucht auf +++

Nach der Bekanntgabe des Rückzugs riefen die russischen Besatzer alle Bewohner der bislang unter ihrer Kontrolle stehenden Orte in Charkiw zur Flucht auf. «Ich empfehle nochmals allen Bewohnern der Region Charkiw, das Gebiet zum Schutz ihres Lebens und ihrer Gesundheit zu verlassen», sagte der Chef der von Russland eingesetzten Militärverwaltung, Witali Gantschew, laut der Agentur Tass. «Jetzt in seinem Haus zu bleiben, ist gefährlich.»

+++ Ukraine drängt Deutschland zur Lieferung von Kampfpanzern +++

Mit Blick auf weitere Rückeroberungsversuche drängt die Ukraine Deutschland zur Lieferung von Kampfpanzern. «Wir sehen keine Hindernisse dafür», sagte Außenminister Kuleba nach einem Treffen mit seiner deutschen Kollegin Baerbock in Kiew. Bis sich Berlin dazu entschließe, solle Deutschland weiter Artilleriemunition liefern. «Das erhöht spürbar unsere Offensivmöglichkeiten und das hilft uns bei der Befreiung neuer Gebiete», sagte der Chefdiplomat.

 (Bild: Sean Gallup/Getty Images)
(Bild: Sean Gallup/Getty Images)

Baerbock reagierte zurückhaltend auf die ukrainische Forderung. «Wir liefern ja seit längerem bereits schwere Waffen. Und wir sehen, dass diese schweren Waffen auch einen Unterschied mit Blick auf die Unterstützung der Ukraine machen», betonte sie. Konkret nannte Baerbock Mehrfachraketenwerfer, Panzerhaubitzen und Flakpanzer vom Typ Gepard. Von letzteren werde Deutschland schnellstmöglich zehn weitere liefern. Die Außenministerin sagte zudem schweres Gerät zum Aufbau von Brücken und Winterausrüstung zu.

+++ Baerbock fordert russischen Abzug vom Atomkraftwerk Saporischschja +++

Baerbock forderte darüber hinaus den vollständigen russischen Abzug vom Gelände des Atomkraftwerks Saporischschja in der Südukraine. Mit der Besetzung des Kernkraftwerks setze der russische Präsident Wladimir Putin die gesamte Region der Gefahr eines nuklearen Zwischenfalls aus, sagte die Grünen-Politikerin.