Ungarn blockiert gemeinsame EU-Erklärung gegen Russlands Medienverbot

Ungarn blockiert gemeinsame EU-Erklärung gegen Russlands Medienverbot

Viktor Orbán hat wieder einmal sein Veto eingelegt, um ein außenpolitisches Vorhaben der Europäischen Union aufzuhalten.

Am Mittwoch blockierte Ungarn die Veröffentlichung einer gemeinsamen Erklärung, in der die jüngste Entscheidung des Kremls, 81 europäische Medien in Russland zu verbieten, angeprangert werden sollte.

Spiegel, AFP, Le Monde und andere auf der Verbotsliste

Zu den von Moskau ins Visier genommenen Organisationen gehören bekannte Größen in Europa, wie der österreichische ORF, der deutsche Spiegel, der irische RTE, die spanischen Sender El País und El Mundo, die italienische RAI, der portugiesische Público, die französische Le Monde und AFP sowie der finnische YLE.

Auf der Liste steht auch eine ungarische Seite, das unabhängige Nachrichtenportal 444. Sie alle sind in Russland mit einem Sende- und Internet-Verbot belegt worden.

Moskau erklärt, die Beschränkungen würden aufgehoben, wenn die EU die im letzten Monat verhängten Sanktionen gegen RIA Novosti, Izvestia und Rossiyskaya Gazeta, die weithin als Verbreiter von Pro-Kriegs-Propaganda gelten, aufhebt. Die Sanktionen betrafen auch Voice of Europe, die in den Niederlanden ansässige Website, die in den so genannten Russiagate-Skandal verwickelt ist.

Brüssel wollte auf Russlands Verbot mit einer kritischen Erklärung reagieren, die von allen 27 Mitgliedstaaten gebilligt werden musste, da in der Außenpolitik Einstimmigkeit erforderlich ist. Doch Ungarn blockierte die kollektive Rüge und zwang Josep Borrell, den außenpolitischen Chef der EU, dazu, eine eigene Erklärung abzugeben.

Borrell sagte, dass das "völlig unbegründete" Verbot "den Zugang zu freien und unabhängigen Informationen weiter einschränkt und die ohnehin schon strenge Medienzensur in Russland ausweitet", und stellte klar, dass die Sanktionen gegen russische Medien weiterhin bestehen bleiben würden.

"Die russischen Desinformations- und Propagandasender, gegen die die EU restriktive Maßnahmen ergriffen hat, stellen keine freien und unabhängigen Medien dar", schrieb er. "Ihre Sendetätigkeit in der EU wurde ausgesetzt, weil diese Sender unter der Kontrolle der russischen Behörden stehen und den Angriffskrieg gegen die Ukraine maßgeblich unterstützen."

Immer wieder schert Ungarn in der EU aus

Die jüngste Entwicklung reiht sich in eine lange Liste ungarischer Vetos ein, die in Brüssel immer wieder für Verärgerung sorgen. Trotz wiederholter Bitten blockiert Budapest zum Beispiel immer noch 6,6 Milliarden Euro an militärischer Unterstützung für die Ukraine.

Anfang dieses Jahres brach Orbán mit seinen EU-Kolleg:innen, als er Wladimir Putin zu seiner "Wiederwahl" gratulierte, die andere Mitgliedstaaten nicht anerkennen wollten.

Auch der Zeitpunkt dieses Schrittes erregte Aufsehen: Ungarn wird am 1. Juli die rotierende EU-Ratspräsidentschaft übernehmen, eine privilegierte Position, die es dem Land ermöglicht, die politische Agenda zu bestimmen und Diskussionen zwischen den Mitgliedstaaten zu moderieren.