„Uni Immo Wohnen ZBI“ - Horror-Abschreibung! Soll ich meinen Immobilienfonds jetzt schnell verkaufen?

Büroimmobilien in der Krise<span class="copyright">NurPhoto via Getty Images</span>
Büroimmobilien in der KriseNurPhoto via Getty Images

Eine empfindliche Abschreibung bei einem offenen Immobilienfonds der Union Investment hat Anleger aufgeschreckt. Der Kurs brach um 17 Prozent ein. Drohen bei anderen Immobilien-Fonds ähnliche Ausfälle? Sollten Anleger ihre Anteile schnellstmöglich verkaufen?

Was ist passiert?

Seit Monaten ziehen Anleger Millionen aus offenen Immobilienfonds ab. Nach Angaben von Barkow Consulting waren es allein im Mai 463 Millionen Euro. Damit summieren sich die Gesamtabflüsse seit September 2023 auf 2,6 Milliarden Euro.

Vergangene Woche zeigte sich, dass diese Skepsis berechtigt war:  Der „Uni Immo Wohnen ZBI“ der Fondsgesellschaft Union Investment musste den Wert seines Immobilienportfolios schlagartig von 4,6 auf vier Milliarden Euro abwerten – der Preis der Fondsanteile brach um 17 Prozent ein.

Ein solcher Schritt war von Marktbeobachtern eigentlich schon lange erwartet worden. Denn die gestiegenen Zinsen bringen die Immobilienfonds gleich von zwei Seiten in die Bredouille: Zum einen drücken sie das Preisniveau im Markt, weil Käufer wegen der neuen, teureren Konditionen nur noch geringere Kreditsummen finanzieren können und wollen. Die Fonds müssen diese Entwicklung irgendwann nachvollziehen, um ein realistisches Bild des Wertes ihrer Immobilien zu liefern.

Zum anderen sind Anschlussfinanzierungen für bestehende Immobilienkredite ebenfalls teurer geworden, was auf den Cashflow und damit die Renditeaussichten der Fonds drückt. Hinzu kommen sinkende Mieten, insbesondere bei Bürogebäuden und im Einzelhandelsimmobilien. Bei Wohnimmobilien ist dieser Effekt dagegen bislang nicht zu beobachten.

Insofern überrascht es wenig, dass Fondsgesellschaften wie Union Investment nun abwerten müssen. Was den Markt jedoch schockte war die Höhe. Seitdem geht unter Anlegern die Angst um: Wird es auch meinen Immobilienfonds treffen? Und: Sollte ich jetzt noch schnell aussteigen? Geht das überhaupt?

Wie wichtig sind offene Immobilienfonds als Markt?

Offene Immobilienfonds existieren praktisch nur in Deutschland – doch ihr Volumen ist wirklich sehr groß. Nach Branchenangaben hatten Anleger zum Jahresende 2023 mehr als 131 Milliarden Euro in solchen Vehikeln angelegt. Zu den größten offenen Immobilienfonds gehören etwa der „Deka Immobilien Europa“ der Sparkassen-Tochter Deka mit einem Volumen von 18,3 Milliarden Euro, der „Hausinvest“ der Commerzbank Real (18,2 Milliarden Euro) und der „UniImmo Deutschland“ von Union Investment (16,7 Milliarden Euro).

Deutsche Bankberater empfehlen ihren Kunden seit Jahrzehnten offene Immobilienfonds zum Werterhalt ihres Vermögens. Denn die Renditen sind zwar nicht hoch – die meisten schafften 2023 um die 2,5 Prozent – aber relativ konstant. Und die Stückelung in kleine, theoretisch börsentäglich handelbare Anteile, ermöglicht auch Kleinanlegern einen Einstieg in Immobilien, die sich eine solche im Ganzen vielleicht nicht leisten können oder wollen.

Was sind die Besonderheiten offener Immobilienfonds?

Doch die vermeintliche Sicherheit ist trügerisch: Schon die Kombination aus einer Immobilie, in der das Geld normalerweise für Jahre angelegt wird, und einem täglich veräußerbaren Investmentfonds-Anteil passt nicht zusammen. Wollen plötzlich viele Anleger ihr Geld zurück, drohen diesen Fonds Liquiditätsengpässe, da sie die Immobilien ja nicht ebenfalls in beliebig kleinen Teilen verkaufen können. Deshalb müssen die Fonds  mittlerweile für solche Auszahlungen – eine Lehre aus der Finanzkrise 2008 – mindestens fünf Prozent des Fondsvermögens als Kassenbestand vorhalten.

Aus Anlegersicht besteht der gravierendste Nachteil darin, dass Investoren, die ihre Anteile an die Fondsgesellschaft zurückverkaufen wollen, seit einigen Jahren gezwungen sind, ihren Verkauf zwölf Monate vorher anzukündigen. In der aktuellen Lage bedeutet das: Obwohl die Kurse einbrechen, können Anleger, die ihre Anteile an die Fondsgesellschaft zurückgeben wollen, erst in einem Jahr raus – zu den dann geltenden Kursen. Oder wie es der Regensburger Professor Steffen Sebastian im „Handelsblatt“ auf den Punkt brachte: „Für einen Ausstieg ist es eigentlich schon dreizehn Monate zu spät.“

Wer trotzdem jetzt an sein Geld will und nicht abwarten möchte, zu welchen Kursen sein Fonds in einem Jahr notiert, der kann die Anteile an einer deutschen Börse losschlagen. Ein guter Deal ist das meist nicht: Die Börsenkurse der Fondsanteile notieren schon seit mehr als einem Jahr weit unter den offiziellen Kursen der ausgebenden Fondsgesellschaften. Der Markt rechnet also schon länger mit Abschreibungsbedarf in den Immobilienportfolien – was die Verwalter der offenen Immobilienfonds bisher vermeiden konnten. Jetzt, nach der Horror-Abschreibung bei Union Investment, sind die Kurse noch stärker eingebrochen.

Die Differenzen sind auch nach der Abschreibung noch immer erheblich: Während die Fondsgesellschaft den „Uni Immo Wohnen ZBI“ aktuell mit 42.25 Euro je Anteil bewertet (Stand 3.7.2024), werden an der Börse Stuttgart für einen Anteil nicht mal 36 Euro geboten. Das entspricht einer Differenz von fast 15 Prozent. Der hohe Abschlag deutet darauf hin, dass neue Investoren weitere Abschreibungen fürchten und deshalb nur mit einer hohen Sicherheitsmarge zum Einstieg bereit sind.

Fondsanleger dürften daher bei einem Notausstieg über die Börse herbe Verluste machen.

Soll ich jetzt meine Fondsanteile verkaufen?

Was also tun? Das hängt entscheidend davon ab, was ein Anleger glaubt, wie sich die Kurse innerhalb der nächsten zwölf Monate entwickeln. Folgende Szenarien sind möglich

Szenario 1: Die aktuellen Meldungen sind nur die Spitze des Eisbergs. Die jüngsten Abschreibungen treten eine Korrekturwelle auch bei anderen Immobilienfonds los. Dadurch sinken die Preise auf breiter Front und sind in einem Jahr noch viel weniger wert als heute.

Das ist durchaus möglich, zumal dann, wenn Fonds ähnliche Immobilien in ähnlichen Lagen besitzen würden wie der „Uni Immo Wohnen ZBI“. Hinzu kommt, dass dieser Fonds vor allem in Wohnimmobilien investiert hat, Viele andere, weit größere Fonds haben aber vor allem Gewerbeimmobilien im Bestand, dazu zählen auch Büroflächen. Der wachsende Leerstand bei Büros ist seit der Corona-Pandemie in allen großen deutschen Städten zu beobachten. Aber er hat sich seltsamerweise noch kaum in den Bewertungen der Immobilienportfolios niedergeschlagen. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass die Preise solche Immobilien anhand ihrer erzielbaren Mieterträge ermittelt werden. Und solange alte Mietverträge noch laufen, besteht kein Abwertungsbedarf.

Das kann sich ändern, sobald Mietverträge auslaufen oder einzelne Fonds aus anderen Gründen damit beginnen müssen, ihre Immobilien neu zu bewerten.

Wer mit diesem Szenario rechnet und sein Geld dringend benötigt, muss wohl oder übel in den sauren Apfel beißen und seine Anteile mit empfindlichen Abschlägen an der Börse verkaufen.

Szenario 2: Die Fondsgesellschaften retten sich noch über das Jahresende, in der Hoffnung, dass die Notenbanken bis dahin die Zinsen senken.

Sinkende Zinsen würden die Refinanzierung erleichtern, die Nachfrage nach Büroraum womöglich ankurbeln und die Immobilienpreise wieder steigen lassen. Doch der Plan geht bislang nicht auf, weil die Notenbanken die Zinsen hochhalten – und damit die Immobilienpreise vergleichsweise niedrig. Das könnte die Wirtschaftsprüfer und Immobiliengutachter dazu veranlassen, spätestens anlässlich der Bilanzaufstellung 2024 empfindliche Abschreibungen einzufordern. Das Resultat wäre eine Abschreibungswelle im Frühjahr 2025.

Daraufhin würden die Anleger in Scharen fliehen, werden ihre Anteile aber nicht los. Es entwickelt sich ein Kollaps in Zeitlupe.

Auch in diesem Fall empfiehlt sich eher ein früher Verkauf als zwölf Monate abzuwarten.

Szenario 3: Nichts passiert. Die Liquiditätsreserven der Immobilienfonds reichen aus und einzelne, gezielte Verkäufe in noch stabilen Regionen – etwa in Japan – spülen genügend Geld in die Kassen, um die abwanderungswilligen Anleger auszuzahlen. Weil die Zinsen sinken, wird die Refinanzierung der Kredite zudem weniger teuer als befürchtet. Im Gegenteil: Einzelne Fonds nutzen die Gunst der Stunde, um ihre Portfolien zu den gesunkenen Preisen günstig aufzustocken. Schon ab Ende 2025 steigen die Immobilienpreise wieder und mit ihnen die Kurse der Fonds.

Für Anleger mit langem Horizont, die Zeit haben, die Krise auszusitzen, empfiehlt es sich, trotz der stark gesunkenen Kurse jetzt nicht zu verkaufen und auf besser zeiten zu hoffen. Sie sollten jedoch auf keinen Fall weiteres Geld in die Fonds investieren, bevor die Lage nicht klar ist.

Bekomme ich mein Geld zurück?

Einige Anwaltskanzleien sind bereits auf das Thema aufmerksam geworden und planen Sammelklagen. Dafür werben sie jetzt um betroffenen Anleger. Dreh- und Angelpunkt der Argumentation ist, dass Scharen von Bankberatern noch bis zuletzt die offenen Immobilienfonds ihrer jeweiligen Bankengruppe vertrieben haben – auch zu einer Zeit als sich der offizielle Kurs der Fondsgesellschaften und die Kurse an der Börse bereits auseinanderentwickelten.

Die entscheidende Frage wird sein: Haben sie ihre Kunden auf die möglichen Verlustrisiken dieser Fonds explizit hingewiesen? Oder haben sie die Gefahr von Abschreibungen, die die Kurse drücken würden und an den Börsen schon eingepreist waren, womöglich verschwiegen?

Ließe sich das anhand der Beratungsprotokolle nachweisen, könnten zumindest Anleger, die in den vergangenen Monaten gekauft haben, auf Schadenersatz klagen. Doch ein genaues Datum, ab wann das gelten könnte, gibt es nicht. Geschweige denn eine rechtssichere Aussage.

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