Argentiniens Präsident spricht von Mordanschlag auf Kirchner

Vor der Wohnung der unter Korruptionsverdacht stehenden argentinischen Vizepräsidentin spielen sich seit Tagen chaotische Szenen ab. Dann hält ein Mann Cristina Kirchner eine Waffe vors Gesicht und drückt ab.

Kameraaufnahmen zeigen, wie dicht der Attentäter der Vizepräsidentin kam. (dpa)
Kameraaufnahmen zeigen, wie dicht der Attentäter der Vizepräsidentin kam. (dpa)

Auf die ehemalige argentinische Präsidentin Cristina Kirchner ist nach Angaben des heutigen Staatschefs Alberto Fernández ein Attentat verübt worden. Vor ihrem Haus in der Hauptstadt Buenos Aires hielt ein Mann am Donnerstagabend (Ortszeit) der heutigen Vizepräsidentin eine geladene Waffe ins Gesicht. Fernández berichtete später in einer Fernsehansprache, dass der mutmaßliche Attentäter auch abgedrückt habe. Es habe sich kein Schuss gelöst. Die 69-Jährige blieb unverletzt. Der Verdächtige wurde festgenommen.

Der Zwischenfall ereignete sich am Donnerstagabend gegen 21.00 Uhr (2.00 Uhr MESZ), als Kirchner in ihr Haus im eleganten Stadtteil Recoleta zurückkehrte. Der Angreifer habe aus einer Menschenmenge auf den Kopf der ehemaligen Präsidentin gezielt und abgedrückt, sagte Fernández in seiner Ansprache. "Cristina ist noch am Leben, weil die Waffe, die fünf Kugeln enthielt, aus einem technisch noch nicht bestätigten Grund nicht geschossen hat." Es handele sich um den schwerwiegendsten Vorfall seit Argentiniens Rückkehr zur Demokratie 1983.

Kirchner wegen Korruptionsvorwürfen in Bedrängnis

Von dem Zwischenfall gibt es auch Videos. Darauf ist zu sehen, wie jemand aus nächster Nähe auf Kirchner zielt und diese sich duckt. Der mutmaßliche Attentäter wurde festgenommen. Bei dem 35-Jährigen sei eine Pistole sichergestellt worden, sagte Innenminister Aníbal Fernández der Zeitung "Clarín". Es handele sich um einen gebürtigen Brasilianer, hieß es. Die Hintergründe waren zunächst unklar. Kirchner war Präsidentin des südamerikanischen Landes von 2007 bis 2015. Verheiratet war sie mit dem inzwischen verstorbenen früheren Präsidenten Néstor Kirchner.

Fernandez erklärte den Freitag zum Feiertag, weil der soziale Frieden in dem Land gestört worden sei. Die Bevölkerung solle Gelegenheit bekommen, sich "in Frieden und Harmonie" zur Verteidigung der Demokratie und des Friedens äußern und Solidarität mit Kirchner zu bekunden.

Vor Kirchners Haus hatten sich in den vergangenen Tagen chaotische Szenen abgespielt. Zahlreiche Anhänger kampieren als Unterstützung für die populäre Politikerin derzeit auf der Straße. In einem Korruptionsprozess gegen Kirchner hatte die Staatsanwaltschaft kürzlich zwölf Jahre Haft und eine lebenslange Sperre für öffentliche Ämter gefordert. Sie soll Anführerin einer kriminellen Vereinigung gewesen sein und den Staat um umgerechnet etwa eine Milliarde Euro gebracht haben.

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