"Diskussionspotenzial in der Generation Z": Wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk junge Menschen erreichen will

Wer Menschen unter 30 erreichen will, versucht das am besten über das Internet. Oder? (Bild: iStock/Photology1971)
Wer Menschen unter 30 erreichen will, versucht das am besten über das Internet. Oder? (Bild: iStock/Photology1971)

Bei vielen Jugendlichen bleibt die Glotze aus. Wie man auch beim rbb weiß, holt man die "Generation Z" eher im Internet ab - auf YouTube zum Beispiel, wo nun die Reportagereihe "Team UPWARD" ein junges Zielpublikum ansprechen soll. Doch funktioniert das wirklich?

Kümmert sich die FDP nicht ausreichend um Menschen in Existenznöten? Wer geht zu Corona-Demos? Und wer trägt eigentlich die Verantwortung dafür, dass man in Deutschland so lange auf einen Therapieplatz warten muss? - Fragen über Fragen, die "Team UPWARD" zufolge wohl vor allem Menschen unter 30 interessieren könnten. Immerhin richtet sich das Reportageformat der Redaktion des ARD Mittagsmagazins, das seit 2021 auf YouTube, in der ARD Mediathek und im Mittagsmagazin selbst zu sehen ist, laut rbb-Redakteur Robert Köhler an "junge Menschen, die wir mit unserer Fernsehsendung nicht erreichen".

"Bei uns gibt es keine Videos über skurrile Hobbys oder Nischenthemen. Wir fragen uns bei der Suche nach Themen immer: Warum geht uns das alle an? Wo genau steckt da ein größeres, strukturelles Problem dahinter, auf das wir als Gesellschaft schauen müssen?", beschreibt Köhler den Ansatz der Reihe für junge Leute. "Auf unserem Kanal seht ihr Reportagen zum Miterleben. Themen, die euch bewegen", heißt es dann in direkter Zielgruppenansprache auch auf dem offiziellen YouTube-Account von "Team UPWARD".

"Wir bleiben nicht stehen an der Stelle, an dem wir einen Missstand nachvollziehbar gemacht haben, sondern fragen bei denen nach, die daran etwas ändern können", sagt rbb-Redakteur Robert Köhler über das "Team UPWARD". (Bild: ARD-Hauptstadtstudio/Tanja Schnitzler)
"Wir bleiben nicht stehen an der Stelle, an dem wir einen Missstand nachvollziehbar gemacht haben, sondern fragen bei denen nach, die daran etwas ändern können", sagt rbb-Redakteur Robert Köhler über das "Team UPWARD". (Bild: ARD-Hauptstadtstudio/Tanja Schnitzler)

Über was diskutiert die "Generation Z"?

Dass investigativer Journalismus auch in Zeiten des Internets nicht obsolet ist, sollen die bis dato mehr als 50 rund 15-minütigen YouTube-Videos zeigen, in denen auch immer jemand zu Wort kommt, der Einfluss auf die jeweils thematisierte Schieflage nehmen könnte. "Wir bleiben nicht stehen an der Stelle, an dem wir einen Missstand nachvollziehbar gemacht haben, sondern fragen bei denen nach, die daran etwas ändern können", erklärt Köhler. "Und das ist ja sozusagen einer unserer Kernaufträge als öffentlich-rechtlicher Sender."

"Team UPWARD" berichtet dabei von Menschen, die ihre an Long Covid erkrankten Partner mit dem Bürostuhl durch die Wohnung schieben müssen. Von Angestellten, die von der neugewonnenen Lebensqualität durch die Vier-Tage-Woche schwärmen. Aber auch von Telegram-Gruppen, in denen Mordpläne gegen Politiker geschmiedet werden. An welches Publikum sich die Reportagen richten, daran wird man als Zuschauer vor allem dann erinnert, wenn Vergleiche zwischen "Boomern" und "Gen Z" gezogen werden oder dem Thema "Abitur 2021: Ergebnisse sind da! Und jetzt?" ein gesamter Beitrag gewidmet wird. Auch in der offiziellen Ankündigung des Formats vom Juni 2021 heißt es, man arbeite Themen "mit großem Diskussionspotenzial in der Generation Z" auf.

Seit über einem Jahr will "Team UPWARD" auf YouTube ein junges Zielpublikum über gesellschaftlich relevante Themen informieren. (Bild: rbb)
Seit über einem Jahr will "Team UPWARD" auf YouTube ein junges Zielpublikum über gesellschaftlich relevante Themen informieren. (Bild: rbb)

"STRG_F" macht's vor

Dass zwar so manches, aber eben doch nicht jedes Thema tatsächlich Diskussionspotenzial hat, wird indes angesichts der Aufrufzahlen deutlich: Während die meistgesehene Reportage des Kanals (ein Video mit dem Titel "Ärzte überm Limit: Wenn im Krankenhaus nur noch der Gewinn zählt") seit dem Upload im August 2022 mehr als 182.000 Mal angesehen wurde, finden andere Produktionen kaum Beachtung. Besonders wenige Menschen - nicht einmal 600, um genau zu sein (Stand: Oktober 2022) - scheint es zu interessieren, "was die CDU für Radfahrer und Autofahrer tun will". Auch Videos zu Afghanistan (rund 800 Aufrufe), Seenotrettung im Mittelmeer (rund 1.600 Aufrufe) und den Corona-Protesten (rund 1.400 Aufrufe) finden nur wenig Anklang.

Zum Vergleich: Das funk-format "STRG_F", das es sich seit 2018 zur Aufgabe gemacht hat, eine junge Zielgruppe mit YouTube-Reportagen zu erreichen, verzeichnet regelmäßig Klickzahlen im siebenstelligen Bereich. Das beliebteste Video ("SS-Mann Karl M. - Soll man ihn in Ruhe lassen?") wurde über sechs Millionen Mal gesehen, der am wenigsten populäre Clip immerhin über 44.000 Mal ("SPD erneuern? Wie junge Mitglieder daran verzweifeln"). "STRG_F" beweist, dass es dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eben doch gelingen kann, ein junges Publikum zu erreichen. Dass die Beiträge von "Team UPWARD" in puncto Aufrufzahlen weitaus schlechter abschneiden, mag dem späteren Start oder der fehlenden Bekanntheit geschuldet sein. Vielleicht aber auch der Machart der Videos oder der Themenwahl - so schreckt "STRG_F" eben nicht davor zurück, die laut Köhler bei "Team UPWARD" nicht gewünschten "Nischenthemen" aufzugreifen, die durchaus gut bei den Zuschauerinnen und Zuschauern anzukommen scheinen.

Was auch immer der Grund für die teils sehr maue Resonanz sein mag: Entmutigen lassen sollte man sich beim rbb nicht. Immerhin zeigt bereits "STRG_F", dass junge Menschen sehr wohl empfänglich für den ÖRR sind - vorausgesetzt, der Inhalt stimmt.