Europawahlen gehen mit Urnengang in Irland und Tschechien weiter

Nach den Niederlanden haben die Wähler in Irland und Tschechien über die Zusammensetzung des Europaparlaments abgestimmt. In Irland waren ab dem Morgen rund 3,6 Millionen Menschen dazu aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. In Tschechien begann der Urnengang um 14.00 Uhr. (JOHN THYS)
Nach den Niederlanden haben die Wähler in Irland und Tschechien über die Zusammensetzung des Europaparlaments abgestimmt. In Irland waren ab dem Morgen rund 3,6 Millionen Menschen dazu aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. In Tschechien begann der Urnengang um 14.00 Uhr. (JOHN THYS)

Nach den Niederlanden haben am Freitag die Wähler in Irland und Tschechien über die Zusammensetzung des Europaparlaments abgestimmt. In Irland waren ab dem Morgen rund 3,6 Millionen Menschen dazu aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. In Tschechien begann der Urnengang um 14.00 Uhr. Umfragen deuten auf einen Rechtsruck im Europäischen Parlament hin. In den Niederlanden lag das rot-grüne Bündnis ersten Prognosen zufolge jedoch knapp vor der Partei des Rechtspopulisten Geert Wilders.

In Tschechien haben die Wähler bis Samstagmittag Zeit, ihre Stimme abzugeben. Umfragen sehen die populistische Oppositionspartei ANO des ehemaligen Regierungschefs Andrej Babis in Führung vor einem Mitte-Rechts-Bündnis. Babis forderte die Wähler am Freitag auf, "die grünen Fanatiker und die Migrationsbefürworter (...) aus dem Europäischen Parlament zu vertreiben".

Tschechische Politiker befürchten eine niedrige Wahlbeteiligung. Bei der Europawahl 2019 war das Land mit nur knapp 29 Prozent bei der Wahlbeteiligung eines der Schlusslichter.

Aus Irland werden ab 23.00 Uhr die ersten Prognosen erwartet. Sie dürften zeigen, ob die linksnationalistische Oppositionspartei Sinn Fein mehr Sitze gewinnt als die Mitte-Rechts-Partei Fine Gael von Regierungschef Simon Harris.

Harris selbst gab am Morgen in seinem Wohnort südlich von Dublin seine Stimme ab. "Ich bewundere seine Energie, obwohl ich nicht für seine Partei stimme", sagte der 41-jährige IT-Mitarbeiter Keith O'Reilly der Nachrichtenagentur AFP. "Sie machen so viele Dinge falsch, zum Beispiel die Migrationsfrage".

Zum ersten Mal bei einer EU-Wahl setzen viele irische Kandidaten auf eine strengere Einwanderungspolitik. Emily, eine 21-jährige Erstwählerin, die ihren Nachnamen nicht nennen wollte, zeigte sich besorgt angesichts der Entwicklung. "Ich denke, die anderen müssen sich anstrengen", sagte sie. "Es ist unglaublich, was für eine einwanderungsfeindliche Rhetorik hier normal geworden ist".

Am Samstag beginnt die Stimmenabgabe in Italien, Lettland, der Slowakei, Malta und den französischen Überseegebieten. In Deutschland wie in den meisten anderen EU-Ländern ist der einzige Wahltag Sonntag, der 9. Juni.

Ergebnisse für die gesamte EU sind erst am Sonntagabend zu erwarten, wenn in Deutschland und den anderen EU-Staaten die Wahllokale geschlossen sind.

Das Europaparlament hat seit dem EU-Austritt Großbritanniens 705 Abgeordnete. Nach den Wahlen in den 27 Mitgliedstaaten soll das Parlament auf 720 Sitze wachsen. Gewählt wird über nationale Listen. Für jedes Land ist im Parlament dabei eine feste Zahl von Abgeordneten vorgegeben, die von der Bevölkerungszahl abhängt. Deutschland hat mit 96 Sitzen die meisten Mandate. Europaweit sind laut dem Statistikamt Eurostat gut 360 Millionen Menschen aufgerufen, ihre Stimme abzugeben.

Für die Berliner Ampel-Koalition unter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gilt die Wahl auch als Stimmungstest vor den Landtagswahlen in Ostdeutschland und der Bundestagswahl 2025. Meinungsforscher rechnen mit einem Dämpfer für SPD, Grüne und FDP und Zugewinnen für CDU/CSU und die AfD.

In den Niederlanden lag das Bündnis von Grünen und Linken von Oppositionsführer Frans Timmermans laut einer Nachwahlbefragung am Donnerstagabend knapp vor der Partei des Rechtspopulisten Geert Wilders, die in den Umfragen noch vorn gelegen hatte.

Analysten zufolge könnte der Rechtsruck EU-weit weniger extrem ausfallen als prognostiziert. "In den kommenden Tagen wird es viel Aufregung um den Aufstieg der Rechtsextremen in der EU geben", erklärte der Geschäftsführer des Politikinstituts Eurasia Group, Mujtaba Rahman, im Onlinedienst Telegram.

Die Realität sei aber "langweiliger", betonte er. Erstens, weil sich das Zentrum "weitgehend halten wird." Und zweitens, weil selbst bei einer höheren Zahl an rechtsextremen Abgeordneten in Brüssel "die fehlende Mehrheit und der Mangel an Organisation ihre Auswirkungen begrenzen werden".

kbh/lan