IStGH erlässt Haftbefehle gegen russischen Armeechef sowie Ex-Minister Schoigu

Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat Haftbefehle gegen den russischen Armeechef Gerassimow und den früheren Verteidigungsminister Schoigu erlassen. Es geht um mögliche Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Ukraine. (Mikhail KLIMENTYEV)
Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat Haftbefehle gegen den russischen Armeechef Gerassimow und den früheren Verteidigungsminister Schoigu erlassen. Es geht um mögliche Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Ukraine. (Mikhail KLIMENTYEV)

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag hat Haftbefehle gegen den russischen Armeechef Waleri Gerassimow und den früheren Verteidigungsminister Sergej Schoigu erlassen. Wie der Gerichtshof am Dienstag mitteilte, geht es um mögliche Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Ukraine-Krieg. Konkret werden den Beschuldigten vorsätzliche Angriffe auf zivile Objekte und "unmenschliche Handlungen" in der Ukraine zur Last gelegt. Die Ukraine begrüßte die Haftbefehle, der russische Sicherheitsrat stufte den Haftbefehl gegen Schoigu als "unbedeutend" ein.

Nach Einschätzung der zuständigen Vorverfahrenskammer in Den Haag gibt es "hinreichende Gründe für die Annahme, dass die beiden Verdächtigen die Verantwortung für Raketenangriffe der russischen Streitkräfte auf die ukrainische Strominfrastruktur" vom 10. Oktober 2022 bis mindestens 9. März 2023 tragen.

Es habe sich dabei um Angriffe auf "zivile Objekte" gehandelt, erklärte das Gericht. Selbst im Falle einer möglichen Einstufung als militärische Ziele gehe der Schaden für die Zivilbevölkerung deutlich über den zu erwartenden militärischen Vorteil hinaus.

Die Ukraine begrüßte die Haftbefehle als "wichtige Entscheidung". "Schoigu und Gerassimow tragen individuelle Verantwortung", schrieb der Leiter des ukrainischen Präsidialamtes, Andrij Jermak, im Onlinedienst Telegram. "Jeder wird für das Böse zur Rechenschaft gezogen."

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte, die Entscheidung des IStGH mache "deutlich, dass ein Vorgehen der Justiz wegen der russischen Verbrechen gegen die Ukrainer unvermeidlich ist". Er warte "ungeduldig auf weitere Haftbefehle, um Russland das Gefühl der Straflosigkeit zu nehmen", das "die russischen Verbrechen jahrzehntelang befeuert hat".

Der russische Sicherheitsrat hingegen spielte die Haftbefehle als "unbedeutend" herunter. "Die Entscheidung der Ermittlungskammer des Internationalen Strafgerichtshofs in Bezug auf den Sekretär des Sicherheitsrats, Sergej Schoigu, ist unbedeutend", zitierte die russische Nachrichtenagentur Tass den Pressedienst des kremlnahen Sicherheitsrates.

Der IStGH mit Sitz in Den Haag verfolgt seit 2002 besonders schwerwiegende Vergehen wie Kriegsverbrechen. Er hatte bereits unmittelbar nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 Ermittlungen aufgenommen. Im März 2023 erließ der IStGH wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine bereits einen Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Der Haftbefehl gegen Putin erging wegen der "unrechtmäßigen Deportation" ukrainischer Kinder nach Russland.

kas/se