Kommentar: Jubelnde Palästinenser in Deutschland – Staatsbürgerschaft weg?

Überfälle und Massaker der palästinensischen Hamas in Israel: Für Einige in Deutschland ein Grund zum Feiern. Wie bitte was? Da muss einiges auf den Tisch. Aber die Forderung nach Entzug der Staatsbürgerschaft ist falsch und fatal.

Eine Frau im südlibanesischen Zahaira am Dienstag - nach Beschuss über die israelische Grenze hinweg (Bild: REUTERS/Mohamed Azakir)
Eine Frau im südlibanesischen Zahaira am Dienstag - nach Beschuss über die israelische Grenze hinweg (Bild: REUTERS/Mohamed Azakir)

Ein Kommentar von Jan Rübel

Kaum auszuhalten sind die Bilder aus Israel, und nur Kopfschütteln machen jene in Deutschland, die das bejubeln, was in Israel geschieht.

Kommandos der radikalislamischen Hamas, die einen Kibbuz stürmen und versuchen, so viele Menschen wie möglich zu erschießen, Eltern vor ihren Kindern, die gerade noch miteinander Alltag hatten. Großeltern, welche die Shoa durch uns Deutsche überlebten. Und da sind Kommandos, die ein Musikfestival überfallen und junge Leute wahllos massakrieren. Möglichst viele Opfer, das war ihr Ziel. Klar, dass man so sein Land von Unfreiheit nicht befreit, sondern nur sein Herz von Menschlichkeit.

Die Kämpfer der Hamas und alle, die sie unterstützen, sind nicht wie die Ukrainer im Krieg gegen Russland. Denn die Zivilisten in den Kibbuzim und die Zivilisten auf dem Konzert und all die anderen sind keine angreifenden russischen Soldaten, sondern: Zivilisten. Und auch wenn sie in ihrem Land die israelische Uniform anziehen, bleiben die Angriffe auf sie: Angriffe. Und werden nicht zu einer Verteidigung.

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Menschlich gesehen offenbart die Hamas ihren katastrophalen Seelenzustand, und dass sie tatsächlich nur aus Gewalt ihre Daseinsberechtigung zieht. Deshalb unterdrückt sie auch die Menschen in Gaza. Politisch gesehen sorgt Hamas dafür, dass ihr international niemand zuhören wird und sie kein Teil irgendeiner Lösung sein wird. Und strategisch gesehen irrt Hamas, denn sie nähert sich mit diesen blutigen Orgien ihrem Untergang, was für sie gedanklich vielleicht kein großes Problem darstellt, denkt sie doch eh oft ans Jenseits.

Wie kann man sowas also gut finden? Wie kann, wer morgens am Frühstück von der Mama noch einen Kuss gekriegt hat, wer den Großvater verabschiedete und auf dem Weg zur Schule, zur Uni oder zur Arbeit noch schnell online ein Konzertticket bucht, es gutheißen, wenn andere Mütter, Großväter und Konzertbesucher getötet werden?

Hamas bringt nur Leid

Klar, aus dem Gaza angreifende Palästinenser sind die Underdogs, militärisch und machtpolitisch gesehen. Und Underdogs können Sympathien hervorrufen. Auch agieren die Kommandos mit einer Geschichte im Rücken, die seit Jahrzehnten auch von einer Unterdrückung und Entrechtung der Palästinenser durch Israelis erzählt. Gaza ist wie abgeriegelt. Israelis bestimmen, was und wie viel die Einwohner zum Leben erhalten. Und im Westjordanland werden Palästinenser wie uneingeladene Gäste am Katzentisch behandelt, sie haben weniger Rechte, dürfen gewisse Straßen nicht benutzen, müssen Umwege von Checkpoint zu Checkpoint nehmen – sie leben unter einer Besatzung, die keine vernünftige Begründung kennt.

Leitet sich daraus ein Recht zum Widerstand ab? Durchaus. Zu einem mit Gewalt? Sicherlich nicht. Diesen Weg haben Palästinenser übrigens seit Jahrzehnten versucht, und man sieht, wohin es sie führte: Noch immer haben sie keinen Staat und stattdessen eine eigene politische Führung, für die man sich nur schämen kann. Gewalt demoralisiert und korrumpiert jeden langfristig, der sie führt.

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Es wäre gut, wenn dies Menschen mit einer palästinensischen Einwanderungsgeschichte, die oft eine Geschichte der Vertreibung ist, in Deutschland in Kopf und Herz tragen. Die Unmenschlichkeit dieser Terrorgruppe hilft ihnen nicht, und den Einwohnern von Gaza erst recht nicht. Ja, es braucht einen Ausdruck und ein Ohr für das Leid der Palästinenser. Aber dies machen sie gerade kaputt. Die Hamas entwirft gerade selbst das Bild von fanatischen, lebensfeindlichen und verbohrten Menschen, die nur Gewalt kennen und die man besser nicht zum Nachbarn hat. Um die man besser einen Zaun baut wie um Gaza. Sie bestätigen das Bild, dass über Palästinenser in Israel allzu oft gemalt wird, mit der Aussage garniert: Siehst du, die wollen doch keinen Frieden; und diese Aussage dient dann als Entschuldigung für Siedlungen, Bevormundung und Entrechtung – also all das, was Palästinenser zurecht beklagen.

Ein Pass ist nicht zur Probe

Es braucht auch einen Ausdruck dafür in Deutschland, aber eben ohne Gewalt, ohne Rassismus, ohne Judenfeindschaft, ohne Antisemitismus. Und ganz bestimmt nicht jetzt, denn die brutalen Missetaten der Hamas lösen nur Entsetzen aus.

Was es indes nicht braucht, ist die Forderung, die innerhalb der CDU hochkommt und meint, solch ein abscheuliches Jubelverhalten gegenüber den Hamas-Massakern sollte zum Entzug der Staatsbürgerschaft führen. Wer sowas fordert, denkt undemokratisch. Wir sollten endlich von diesem lange vorhaltenden Konzept wegkommen, nach dem es Bürger verschiedener Klassen gibt. Eine Staatsbürgerschaft wird nicht unter dem Vorbehalt vergeben, dass man sich menschlich zu verhalten hat. Was machten wir denn mit all den Deutschen ohne Einwanderungsgeschichte, die Antisemitismus, Rassismus und Gewaltphantasien an den Tag bringen – nehmen wir ihnen auch den Pass weg?

Es muss nun einiges auf den Tisch. Die Islamverbände blamieren sich gerade mit ihrem Gemurkse zu den Gewaltverbrechen der Hamas. Menschlichkeit und Hinsehen muss eingefordert werden. Mit der Staatsangehörigkeit hat dies aber nichts zu tun. Wir müssen mehr lernen, gemeinschaftlich zu denken. Sonst kriegen wir in der Zukunft noch massivere Probleme.

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