Live-Ticker zu Israel-Krieg: Keine Entspannung zum Jahreswechsel, Israel bleibt auf seinem Kurs

Der Gaza-Krieg tobt zum Jahreswechsel in gesteigerter Intensität weiter. Die Zerstörungen in dem schmalen Küstenstreifen sind enorm, die humanitäre Lage verschärft sich immer mehr. So warten über 5300 Schwerverletzte auf eine Evakuierung. Dennoch lässt sich Israels Regierung nicht vom Kurs abbringen und setzt die Bombardierungen fort. Die aktuellen Entwicklungen zum Israelkrieg finden Sie in diesem Ticker, weitere Hintergründe auf unserer Themen-Seite zum Krieg zwischen Israel und der Hamas in Gaza.

Rauch steigt über den Gazastreifen auf, vom Süden Israels aus gesehen. (Bild: Tsafrir Abayov/AP/dpa)
Rauch steigt über den Gazastreifen auf, vom Süden Israels aus gesehen. (Bild: Tsafrir Abayov/AP/dpa)

Der Ticker ist für heute beendet.

Neuer Beschuss a Israels Grenze zum Libanon – Netanjahu warnt

An Israels Grenze zum Libanon ist es am Sonntag erneut zu gegenseitigem Beschuss gekommen. Die israelische Armee teilte mit, Kampfjets hätten «Terror-Infrastruktur und militärische Einrichtungen» der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah im Süden des Nachbarlands angegriffen. In dem angegriffenen Ort Ramja in der Nähe der Grenze agiere die Hisbollah, indem sie sich hinter der Zivilbevölkerung verstecke.

Auf der israelischen Seite der Grenze gab es am Sonntagvormittag in dem Ort Zarit Luftalarm. Die Hisbollah reklamierte auch einen Angriff auf ein israelisches Ziel für sich, das weiter im Westen gelegen ist. Nach israelischen Armeeangaben wurden bereits am Samstag vom Libanon aus Panzerabwehrraketen auf israelisches Gebiet gefeuert. Israels Militär habe daraufhin Beobachtungsposten der Hisbollah angegriffen. Von einem der Posten aus seien die Raketen abgefeuert worden.

Kinder warten an einer Suppenküche in Rafah. (Bild: dpa)
Kinder warten an einer Suppenküche in Rafah. (Bild: dpa)

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanajhu sagte am Samstagabend, Israel versetze der Hisbollah «harte Schläge». «Wir schalten viele Terroristen aus und zerstören die Fähigkeiten des Feindes.» Seine Regierung habe «operative Pläne für die Fortsetzung der Kämpfe» gebilligt. «Wenn die Hisbollah den Krieg ausweitet, wird sie Schläge einstecken, die sie sich nicht hätte träumen lassen, und der Iran ebenso», warnte Netanjahu. «Wir werden alle Schritte unternehmen, bis wir die Sicherheit für die Einwohner des Nordens wiederhergestellt haben.»

Mehr als 5300 Schwerverletzte warten auf Evakuierung

Im Gazastreifen warten nach Angaben der dortigen Behörden mehr als 5300 schwer verletzte und kranke Menschen dringend auf eine Evakuierung. Sie könnten vor Ort nicht ausreichend behandelt werden, berichtete das UN-Nothilfebüro OCHA am Sonntag unter Berufung auf die Gesundheitsbehörden in Gaza. Zusammen mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werde versucht, einen Transport der Menschen ins Ausland zu organisieren.

Im Norden des Gazastreifens sei es gelungen, eingeschränkte Dienste in einigen Krankenhäuser und ärztliche Praxen wieder herzustellen, berichtete OCHA weiter unter Berufung auf die Gesundheitsbehörden. Dazu gehörten unter anderem das Al Ahli Arab- und das Al Awda-Krankenhaus. Auch hier arbeiteten die Behörden zusammen mit der WHO und dem UN-Hilfswerk für Palästinensische Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) daran, wieder mehr Einrichtungen zu öffnen. Dies geschehe teils unter Lebensgefahr, weil zahlreiche Gegenden nach wie vor unter israelischem Dauerbeschuss stünden.

Israelischer Minister für Wiederbesiedlung des Gazastreifens

Ein rechtsextremer israelischer Minister setzt sich für eine israelische Wiederbesiedlung des Gazastreifens nach dem Krieg ein. Finanzminister Bezalel Smotrich sagte am Sonntag dem israelischen Armeesender, wenn Israel richtig vorgehe, werde es eine Abwanderung von Palästinensern geben, «und wir werden im Gazastreifen leben». Laut einem Post des Senders auf der Plattform X, vormals Twitter, sagte Smotrich zudem: «Wir werden keine Situation erlauben, in der dort zwei Millionen Menschen leben. Wenn in Gaza 100 000 bis 200 000 Araber leben, wird die Diskussion über den Tag danach eine ganz andere sein.» Er fügte demnach hinzu: «Sie wollen gehen, sie leben seit 75 Jahren in einem Getto und in Leid.»

Bezalel Smotrich, damals Transportminister Israels, spricht bei einer Pressekonferenz. (Bild: Ilia Yefimovich/dpa)
Bezalel Smotrich, damals Transportminister Israels, spricht bei einer Pressekonferenz. (Bild: Ilia Yefimovich/dpa)

Aus Sorge vor einer Massenflucht haben sowohl Ägypten, als auch Jordanien die Aufnahme von Flüchtlingen aus dem umkämpften Gazastreifen abgelehnt. Das hat auch mit der Befürchtung zu tun, dass daraus am Ende eine dauerhafte Vertreibung werden könnte.

Smotrich gilt als Verfechter der Vision von «Groß-Israel» und setzt sich auch für eine Annexion des besetzten Westjordanlands ein. Die Palästinenser hingegen beanspruchen das Westjordanland, den Gazastreifen sowie den arabisch geprägten Ostteil Jerusalems als Gebiet eines künftigen eigenen Staates. Israel hatte die Gebiete 1967 erobert.

Israels Armee setzt Bombardierungen im Gazastreifen fort

Die israelische Armee hat ihre Angriffe im Gazastreifen fortgesetzt. Wie die Armee am Sonntagmorgen mitteilte, wurden erneut Terroristen im Raum der Stadt Gaza im Norden des abgeriegelten Küstenstreifens von Kampfflugzeugen im Verbund mit den Bodentruppen angegriffen und ausgeschaltet. In einem Kindergarten hätten die Truppen Sprengsätze entdeckt und zerstört. Auch im Süden seien Terroristen getötet und weitere Tunnelschächte freigelegt worden, hieß es. In der Stadt Chan Junis hat die israelische Armee nach eigenen Angaben zudem das Hauptquartier der islamistischen Hamas gestürmt. Darin habe sich auch die Geheimdienstzentrale der Terrororganisation befunden, sagte ein israelischer am Samstagabend.

Die Streitkräfte intensivieren derzeit nach eigenen Aussagen den Kampf gegen die Hamas und konzentrieren sich dabei vornehmlich auf den Süden des Küstengebiets sowie auf den mittleren Gazastreifen. Im Norden ist Israels Armee nach eigenen Angaben dabei, die vollständige Kontrolle über das Gebiet auszuüben. Derzeit konzentriere man dort den Einsatz auf die letzte noch verbliebene Hochburg der Hamas in der Stadt Gaza, das Viertel Tufah, sagte der israelische Armeesprecher.

Israels Armee: Kampf im Norden gegen letzte Hamas-Hochburg

Die Streitkräfte konzentrieren sich nach eigenen Angaben derzeit vornehmlich auf den Süden des Küstengebiets mit der Stadt Chan Junis sowie auf den mittleren Gazastreifen. Israel vermutet, dass sich in den unterirdischen Tunneln unter Chan Junis der Anführer der Hamas im Gazastreifen, Jihia Sinwar, versteckt hält. «Wir sind dabei, den Kampf gegen die Hamas zu intensivieren», sagte Netanjahu. Im Norden ist Israels Armee nach eigenen Angaben derweil dabei, die vollständige Kontrolle über das Gebiet auszuüben. Dort konzentriere man sich nun auf die letzte noch verbliebene Hochburg der Hamas in der Stadt Gaza, das Viertel Tufah, erklärte Armeesprecher Hagari.

Israelische Soldaten sitzen auf einem Armeefahrzeug in der Nähe der Grenze zum Gazastreifen. (Bild: Tsafrir Abayov/AP/dpa)
Israelische Soldaten sitzen auf einem Armeefahrzeug in der Nähe der Grenze zum Gazastreifen. (Bild: Tsafrir Abayov/AP/dpa)

Zerstörungen haben gewaltige Ausmaße

Israels wochenlange Bombardierungen haben in dem abgeriegelten Küstenstreifen, der kaum größer ist als die Stadt München, gewaltige Zerstörungen angerichtet. Wie das «Wall Street Journal» am Samstag unter Berufung auf die US-Geheimdienstbehörde US Office of the Director of National Intelligence (ODNI) berichtete, hatte Israels Armee allein bis Mitte Dezember 29 000 Bomben abgeworfen. Nahezu 70 Prozent der 439 000 Häuser und Wohnungen seien beschädigt oder zerstört. Auch die Industriezone im Norden sei inzwischen fast völlig zerstört, hieß es unter Berufung auf eine Analyse der Weltbank.

«Das Wort "Gaza" wird in die Geschichte eingehen wie Dresden und andere berühmte Städte, die bombardiert wurden», zitierte die Zeitung Robert Pape, Politikwissenschaftler der Universität von Chicago. Angesichts der katastrophalen humanitären Lage und der hohen Zahl ziviler Opfer geriet Israel zuletzt international immer mehr in die Kritik. Doch die Regierung bleibt hart. «Die Hamas wird besiegt werden», sagte Netanjahu und zitierte die Worte des Generalstabschefs der Armee, Herzi Halevi: «Der Krieg wird noch viele Monate andauern».

Israels Regierungschef lehnt Rücktritt ab

Nach einem Jahr im Amt steht Netanjahu jedoch auch innenpolitisch unter starkem Druck. In seiner eigenen Bevölkerung schlägt dem Regierungschef Misstrauen entgegen. Laut Umfragen will die Mehrheit der Israelis, dass er spätestens nach dem Ende des Gaza-Krieges zurücktritt. Einen Rücktritt lehnte Netanjahu am Samstag jedoch ab. «Das Einzige, wovon ich zurücktreten werde, ist die Hamas. Das ist es, womit ich zu tun habe», sagte er der «Times of Israel» zufolge.

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu (Bild: Getty Images)
Israels Premierminister Benjamin Netanjahu (Bild: Getty Images)

Viele Menschen werfen dem israelischen Regierungschef vor, bislang keine persönliche Verantwortung dafür eingeräumt zu haben, dass das Hamas-Massaker am 7. Oktober in Israel geschehen konnte. Es war mit 1200 Toten das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels. Rund 240 Menschen wurden nach Gaza verschleppt. Nach israelischen Informationen werden noch knapp 130 Geiseln dort festgehalten.

Israels Militär begann in Reaktion auf den Überfall mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde in Gaza wurden bisher 21 672 Menschen getötet. Es wird dabei nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern unterschieden. Die Zahl lässt sich nicht unabhängig prüfen.

Palästinensische Terrororganisation: Geisel bei Luftangriff getötet

Nach Darstellung einer palästinensischen Terrorgruppe ist eine der noch festgehaltenen Geiseln in Gaza bei einem Luftangriff getötet worden. Zuvor habe Israels Armee versucht, den israelischen Soldaten zu befreien, sagte die Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) am Samstag. Der Versuch sei gescheitert. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig prüfen. Israels Armee wollte dazu keinen Kommentar geben.

Erneut Schusswechsel auch an Israels Grenze zum Libanon

Derweil hat die Armee am Samstag auch an Israels nördlicher Grenze zum Libanon einen groß angelegten Angriff auf Ziele der dortigen Hisbollah-Miliz beendet, wie der Sprecher sagte. Dabei seien drei «terroristische Zellen ausgeschaltet» worden. Die Armee werde auch weiter militärische Stellungen der Hisbollah im Südlibanon angreifen.

«Die südliche Region des Libanon wird nicht wieder zu dem werden, was sie einmal war», sagte Hagari weiter. Im Laufe des Samstags seien mehrere Raketenabschüsse vom Libanon nach Israel festgestellt worden. 80 Prozent der Raketen der Hisbollah seien dabei auf libanesisches Gebiet gefallen. Auch dies ließ sich nicht unabhängig überprüfen.

Seit Beginn des Gaza-Kriegs kommt es immer wieder zu Konfrontationen zwischen Israels Armee und der Hisbollah an der Grenze. Dabei gab es auf beiden Seiten Tote und Verletzte. Es ist die schwerste Eskalation seit dem zweiten Libanon-Krieg 2006. Die Hisbollah hat Verbindungen zur Hamas in Gaza, gilt aber als schlagkräftiger. Zudem gilt sie als wichtigster nichtstaatlicher Verbündeter von Israels Erzfeind Iran.

Israel hofft auf Deutschlands Hilfe

Der israelische Oppositionspolitiker Benny Gantz bat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) um Unterstützung bei der Fernhaltung der Hisbollah-Miliz von Israels Grenze. «Der Staat Israel kann sich mit einer solchen Bedrohung nicht abfinden und Deutschland muss gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft eine wichtige Rolle dabei spielen, sicherzustellen, dass diese Bedrohung beseitigt wird», schrieb Gantz am Samstag auf der Plattform X (vormals Twitter).

Wieder Raketenangriff der Huthis

Unterdessen hat Israels wichtigster Verbündeter im Süden des Roten Meeres nach eigenen Angaben erneut zwei Raketen der im Jemen basierten Huthi-Rebellen abgefangen. Die US-Marine habe auf einen Hilferuf eines dänischen Containerschiffs reagiert, das zuvor von einer Rakete getroffen worden war, teilte das zuständige Regionalkommando am Sonntagmorgen auf X mit. Das Schiff sei Berichten zufolge aber seetüchtig, es seien keine Verletzungen gemeldet worden.

Seit Ausbruch des Gaza-Kriegs greifen die Huthis immer wieder Schiffe im Roten Meer an, eine der für den Welthandel wichtigsten Schifffahrtsstrecken. Auch greifen sie Israel direkt mit Raketen an.