Netanjahu nennt Kampfpausen für Hilfslieferungen nach Gaza "inakzeptabel"

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat die Pläne des israelischen Militärs kritisiert, tägliche Kampfpausen im südlichen Gazastreifen einzuführen. Er nannte sie "inakzeptabel", wie aus Beamtenkreisen verlautete.

Kritik kam auch von Itamar Ben-Gvir, dem Minister für nationale Sicherheit Israels.

Die täglichen "taktischen Pausen" sollen Hilfslieferungen am Grenzübergang Kerem Schalom erleichtern, dem Hauptzugangspunkt für ankommende Hilfsgüter. Zwischen 8.00 Uhr und 19.00 Uhr soll es bis auf Weiteres keine Kampfhandlungen geben, so das israelische Militär. Die Pause sei mit den Vereinten Nationen und internationalen Hilfsorganisationen abgestimmt.

Erst vor einer Woche ist der führende Oppositionelle General Benny Gantz aus dem israelischen Kriegskabinett ausgeschieden. Er hat Netanjahus Kriegsführung in Gaza als unwirksam bezeichnet und ihn dafür kritisiert, dass er keinen Nachkriegsplan vorgelegt hat.

In Tel Aviv haben israelische Bürger protestiert. Sie werfen Netanjahus Regierung vor, nicht genug für die Freilassung der Geiseln zu tun, die von der Hamas in Gaza festgehalten werden. Die Menschen fordern Netanjahu auf, Neuwahlen auszurufen und zurückzutreten.

Unterdessen wurden bei einem israelischen Luftangriff auf das Bureidsch-Lager im Zentrum des Gazastreifens am Sonntag mindestens neun Menschen getötet. Darunter fünf Kinder.

Der Angriff fiel auf das Opferfest, ein sehr wichtiges Fest für Muslime.

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Die Vereinten Nationen haben wiederholt von einer humanitären Krise im Gazastreifen berichtet. Hunderttausende von Menschen stehen am Rande einer Hungersnot.

Dafür ist Israel zunehmend unter internationalen Druck geraten.

Vom 6. Mai bis zum 6. Juni konnten die Vereinten Nationen nach Angaben des UN-Büros für humanitäre Hilfe (OCHA) durchschnittlich 68 Hilfstransporte pro Tag tätigen. Das ist ein Rückgang gegenüber 168 pro Tag im April und liegt weit unter den 500 Lastwagen pro Tag, die nach Ansicht von Hilfsorganisationen benötigt werden.

COGAT, die israelische Militärbehörde, die die Verteilung der Hilfsgüter im Gazastreifen überwacht, sagt, dass es keine Beschränkungen für die Einfahrt von Lastwagen gibt. Laut COGAT fuhren zwischen dem 2. Mai und dem 13. Juni mehr als 8.600 Lastwagen über Grenzübergänge in den Gazastreifen ein. Das sind durchschnittlich 201 pro Tag. Ein großer Teil dieser Hilfsgüter staut sich jedoch an den Grenzübergängen und erreicht nicht seinen endgültigen Bestimmungsort.

Das UNRWA hat mitgeteilt, dass weniger als ein Drittel der Gesundheitszentren im Gazastreifen betriebsbereit sind und dass über 50 000 Kinder wegen akuter Unterernährung behandelt werden müssen. Das UNRWA ist die für die Unterstützung der Palästinenser im Gazastreifen und im Westjordanland zuständige UN-Organisation.

Israel wirft der UNO jedoch vor, keine Hilfsgüter nach Gaza fließen zu lassen.

Die UNO bestreitet diese Anschuldigung. Sie sagt, dass die Kämpfe zwischen Israel und der Hamas es für UN-Mitarbeiter innerhalb des Gazastreifens oft zu gefährlich machen, nach Kerem Schalom zu fahren.

Außerdem sei das Tempo der Lieferungen verlangsamt worden, weil das israelische Militär den Fahrern eine Genehmigung für die Fahrt zum Standort erteilen müsse - ein System, das nach israelischen Angaben der Sicherheit der Fahrer diente. Aufgrund mangelnder Sicherheit wurden Hilfsgütertransporte in einigen Fällen auch von Menschenmengen geplündert, als sie auf den Straßen des Gazastreifens unterwegs waren.

Die neue Regelung zielt darauf ab, den Bedarf an koordinierten Lieferungen zu verringern, indem ein 11-stündiges, ununterbrochenes Zeitfenster pro Tag für die Ein- und Ausfahrt von Lastwagen am Grenzübergang vorgesehen wird.

Es war nicht sofort klar, ob die Armee für den Schutz der Hilfsgütertransporte auf der Autobahn sorgen würde.