„Pummelchen, zu dick, abstoßend“: Wie eine Grünen-Politikerin gegen Bodyshaming kämpft

Statt sich einschüchtern zu lassen, macht Ricarda Lang den Hass zu ihrem Thema.

Man muss auf der Facebook-Seite von Ricarda Lang sehr weit zurückscrollen, um einen ihrer vielleicht wichtigsten Einträge zu lesen. Sie macht darin ein sehr persönliches Bekenntnis. Und es ist ihr nicht leichtgefallen. Ricarda Lang ist Vorsitzende der Grünen Jugend, sie ist viel unterwegs, geht ganz offensichtlich so schnell keiner Diskussion aus dem Weg und äußert sich zu vielen Themen, vor allem Flüchtlingspolitik und Feminismus. Bevor sie an die Spitze der Grünen Jugend gewählt wurde, hat sich die Jura-Studentin vor allem mit Hochschulpolitik befasst. Nun aber, an ihrem 24. Geburtstag, äußert sie sich zu einem Thema, das ihr vor außen aufgedrängt wurde. Es geht um ihr Aussehen. Denn Ricarda Lang ist dick. „Pummelchen, zu dick, unattraktiv, abstoßend, fette Sau als Frau, die sich politisch äußert, gerade als dicke Frau, gehören solche Beleidigungen fast schon zum Alltag.“ Das schreibt Ricarda Lang im Januar 2018. Der Eintrag ist der Beginn einer Kampagne, die sie in eigener Sache startet. Sie ist zu diesem Zeitpunkt erst wenige Wochen an der Spitze der grünen Jugendorganisation. Sie steht zum ersten Mal so exponiert in der Öffentlichkeit – und ist schockiert, welche Nebenwirkungen das hat. „Zwei Tage nach meiner Wahl saß ich für mein erstes Interview im Fernsehen“, erzählt sie. Auf der Webseite des Senders liest sie danach die Reaktionen der Zuschauer. Die beziehen sich hauptsächlich auf ihr Äußeres. Sie sind durch die Bank negativ, viele hämisch und manche geradezu hasserfüllt. Die richtig Fiesen Ricarda Lang wirkt auf den ersten Blick eher ernst. Doch das ändert sich schnell, wenn man sich mit ihr unterhält. Besonders lebhaft wird sie, wenn es um politische Themen geht. Dann redet sie schneller und schneller. Und muss über sich selbst lachen, wenn sie es merkt. „Das war schon in der Schule so“, sagt sie. Sie sei eine gute Schülerin gewesen, aber sie habe sich auch häufig mit ihren Lehrern angelegt, erzählt sie. Sie habe viele Freunde gehabt, mit denen sie häufig unterwegs gewesen sei. Was sie nicht davon abhält, ihr Abitur mit einem Notendurchschnitt von 1,1 zu bestehen. In der Clique in ihrer Heimatstadt in Nürtingen ist ihr Übergewicht kein Thema, schließlich kennen sie alle schon immer so. Doch nun erklären ihr wildfremde Menschen, dass Übergewicht gesundheitsschädlich ist und sie abnehmen soll. Und dann gibt es noch die richtig Fiesen, die sie unverhohlen als fett und hässlich beschimpfen. „Es ist egal, zu welchem Thema ich mich äußere, ich bekomme immer wieder Kommentare zu meiner Figur“, sagt sie. Der Hass trifft sie mehr, als sie vor sich selbst zugeben möchte In den ersten Wochen ihres ersten Jahres als Sprecherin der Grünen Jugend lernt sie die gesamte Bandbreite des anonymen Hasses im Internet kennen. Er trifft sie mehr, als sie erwartet hat. Und mehr, als sie vor sich selbst zugeben möchte. „Ich habe mir immer gesagt, du bist doch so eine starke Frau, da lässt du dich doch von diesen Internet-Trollen nicht aus der Fassung bringen“, erzählt sie. Aber so einfach ist es nicht. Der Hass nagt an ihr. Bodyshaming lautet das Phänomen, bei dem Menschen aufgrund ihrer körperlichen Erscheinung beleidigt werden. Es ist eigentlich ein irreführender Begriff, denn er setzt sich zusammen aus den englischen Wörtern für Körper (body) und Scham (shaming). Als müssten jene, die beschimpft werden, sich für ihren Körper schämen. Es ist nicht nur ein Internet-Phänomen, aber hier, im Schutz der Anonymität, ist es besonders leicht, Bösartigkeiten loszuwerden. „Diese Dickliche macht mich neugierig“, „Apropos Partei Pluraler Meinungen: sie ist definitiv nicht für veganes Kantinenessen“, „Wenn ich als Elternteil...Lesen Sie den ganzen Artikel bei berliner-zeitung