Regierungssprecher: Netanjahu hat Kriegskabinett aufgelöst

Netanjahu vor einem Treffen des Kriegskabinett (Brendan Smialowski)
Netanjahu vor einem Treffen des Kriegskabinett (Brendan Smialowski)

Gut eine Woche nach dem Rückzug von Oppositionschef Benny Gantz hat der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu das Kriegskabinett aufgelöst. Entscheidungen über den Krieg im Gazastreifen würden nun vom Sicherheitskabinett getroffen, sagte Netanjahus Sprecher David Mencer am Montag. Israelischen Medienberichten zufolge hatte Netanjahu seine Entscheidung am Sonntagabend bei einer Kabinettssitzung verkündet. Unterdessen nahm die Intensität der Kämpfe im Gazastreifen weiter ab.

Gantz hatte sich im Streit um eine Strategie für den Gazastreifen am 9. Juni aus dem nach dem Hamas-Großangriff auf Israel gegründeten Kriegskabinett zurückgezogen. Dem Kriegskabinett gehörte neben Netanjahu und Gantz auch Verteidigungsminister Joav Gallant an. Ex-Armeechef Gadi Eisenkot, der als Beobachter fungierte, hatte zusammen mit Gantz seinen Rücktritt verkündet.

Das Kriegskabinett sei eine "Voraussetzung" für Gantz gewesen, um einer Einheitsregierung beizutreten, sagte Regierungssprecher Mencer vor Journalisten. "Mit dem Ausscheiden von Herrn Gantz aus der Regierung ist das Kabinett nicht mehr notwendig. Seine Aufgaben werden vom Sicherheitskabinett übernommen."

Nach der Auflösung des Kriegskabinetts werde das Sicherheitskabinett nun öfter tagen, sagte ein israelischer Regierungsvertreter. "Das Sicherheitskabinett ist ohnehin das Gremium, das für Entscheidungen (im Zusammenhang mit dem Krieg) zuständig ist." Alle Entscheidungen des Kriegskabinetts mit Blick auf den Gaza-Krieg mussten schon zuvor vom Sicherheitskabinett bestätigt werden.

Dem Sicherheitskabinett gehören neben Netanjahu und Gallant auch der nationale Sicherheitsberater Tzachi Hanegbi und der Minister für strategische Angelegenheiten, Ron Dermer, an. Alle waren auch Teil des Kriegskabinett.

Berichten israelischer Medien zufolge löste Netanjahu das Kriegskabinett auch auf, um zu verhindern, dass seine rechtsextremen Minister Ben Gvir und Bezalel Smotrich in das Gremium einziehen. Sprecher Mencer lehnte eine Antwort auf eine Frage dazu ab.

Unterdessen blieb das Kampfgeschehen im Gazastreifen vergleichsweise ruhig. Bei israelischen Luftangriffen seien fünf Menschen getötet und mehrere weitere verletzt worden, teilten Ärzte eines Krankenhauses in der Stadt Gaza am Montag mit. Zeugen berichteten zudem über Explosionen in der Stadt Rafah an der Grenze zu Ägypten und einen Luftangriff im Zentrum des Palästinensergebiets. Im Rest des Gazastreifens sei die Lage "relativ ruhig", sagte der Sprecher des Zivilschutzes im Gazastreifen, Mahmud Basal.

Die israelische Armee hatte am Sonntag zum Auftakt des islamischen Opferfestes Eid al-Adha angekündigt, im Süden des Gazastreifens bis auf Weiteres tagsüber eine "taktische Pause der militärischen Aktivität" einzuhalten. Die örtlich begrenzte Pause solle die Auslieferung einer größeren Menge an Hilfsgütern ermöglichen und jeweils von 08.00 bis 19.00 Uhr (Ortszeit, 07.00 bis 18.00 Uhr MESZ) gelten, teilte das Militär weiter mit. Die Kampfpause betrifft nach Armeeangaben den Weg, der vom Grenzübergang Kerem Schalom bis zur Salah-al-Din-Straße und dann weiter in den Norden führt.

Die israelische Armee erklärte aber, dass sie weiterhin in Rafah und im zentralen Gazastreifen im Einsatz sei. Bei "Nahkämpfen" mit palästinensischen Kämpfern seien mehrere von ihnen getötet worden.

Der Gaza-Krieg war durch den Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober ausgelöst worden, bei dem islamistische Kämpfer laut israelischen Angaben 1194 Menschen getötet und 251 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt hatten. Als Reaktion geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die nicht unabhängig überprüft werden können, wurden dabei bislang mehr als 37.340 Menschen getötet.

Seit dem Beginn des Krieges im Gazastreifen vor mehr als acht Monaten kommt es auch immer wieder zu Beschuss an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon. Dort liefert sich die Hisbollah-Miliz regelmäßig Feuergefechte mit der israelischen Armee, um die mit ihr verbündete islamistische Hamas zu unterstützen.

Nach Angaben von Regierungssprecher Mencer feuerte die Hisbollah seit Kriegsbeginn mehr als 5000 Geschosse über die Grenze ab. Mencer bestätigte auch, dass sich ein Sondergesandter von US-Präsident Joe Biden, Amos Hochstein, mit Netanjahu getroffen habe. Hochstein sei auch mit dem israelischen Präsidenten Isaac Herzog zusammengekommen, sagte Mencer. Mit Herzog habe der US-Gesandte über die "unerbittlichen Angriffe und den Raketenbeschuss durch die Hisbollah, die vom Iran angezettelt wurden, auf Israels nördliche Städte" beraten.

oer/mid