Revolution am Arbeitsmarkt - Dänische Experten empfehlen Regierung: Jobcenter abschaffen und Sanktionen kappen

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JobcenterBardur Eklund/AFP via Getty Images

Eine dänische Expertengruppe schlägt umfassende Reformen der Arbeitsvermittlung vor. Jobcenter sollen in dem skandinavischen Land abgeschafft und Sanktionen gegen Arbeitssuchende drastisch reduziert werden.

Eine dänische Expertengruppe hat diese Woche weitreichende Vorschläge zur Reform des Arbeitsvermittlungssystems des Landes präsentiert, wie „Politiken“berichtet. Der Plan umfasst die Abschaffung aller 98 Jobcenter, die Reduktion der Regeln um die Hälfte und die Aufhebung von 90 Prozent aller Sanktionen gegen Arbeitslose. „Im Laufe der Zeit sind immer mehr Zielgruppen, Regeln und Sonderregeln hinzugekommen“, erklärte Claus Thustrup Kreiner von der Universität Kopenhagen, der Vorsitzende der Expertengruppe.

Laut „Avisen Danmark“sollen Bürger mit komplexen Problemen weniger Sanktionen befürchten müssen. Es soll sie nur noch geben, wenn „das Vertrauen gebrochen ist“. Eine Regelung, die vor allem kranken und „arbeitsmarktfernen“ Personen zugute kommen soll. Die Sanktionen gegen Arbeitsverweigerer bleiben indes in Kraft. Sie werden als wirksam angesehen.

Wirtschaftsprofessor Kreiner will: „Eine hohe Beschäftigung, vorzugsweise so kostengünstig wie möglich, eine hohe Bürgerzufriedenheit und ein einfaches und transparentes System.“

Radikale Vorschläge für Arbeitsvermittlungssystem in Dänemark

Gerade viele Sonderregeln sollen wegfallen. „Avisen Danmark“ hebt hervor, dass so die Ausgaben bis 2030 um drei Milliarden Kronen (rund 402 Millionen Euro) gesenkt werden könnten. Die Arbeitsvermittlung soll künftig dezentral in den Kommunen stattfinden.

„Unsere Schlussfolgerung ist, dass wir ein zentralisiertes, mikromanagiertes Beschäftigungssystem aufgebaut haben, in dem die Menschen gejagt werden“, sagte Kreiner. Die Regierung will die Vorschläge prüfen und nach dem Sommer ein Verhandlungsangebot im Parlament vorlegen.

Ampel-Regierung plant Einsparungen bei Jobcentern in Deutschland

In Deutschland plant die Ampel-Regierung für den Bundeshaushalt 2025 bereits mit erheblichen Einsparungen im Sozialbereich. Wie der „Merkur“ berichtet, sollen 2,6 Milliarden Euro weniger für Jobcenter zur Verfügung stehen als im Jahr 2024.

Diese Kürzungen rufen starke Reaktionen hervor. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) und kommunale Verbände wie der Deutsche Landkreistag und der Deutsche Städtetag warnen in einer Pressemitteilung eindringlich vor den Folgen.

Die BA betont: „Um alle Menschen im Bürgergeldbezug weiterhin angemessen zu beraten und in Arbeit zu integrieren, sind ausreichend finanzielle Ressourcen notwendig.“ Besonders betroffen wären Langzeitarbeitslose, deren Maßnahmen zur sozialen Teilhabe erheblich reduziert würden.

Kosten bei Weiterbildung und Reha sollen sinken

Laut „Merkur“ will die Regierung 900 Millionen Euro bei der Förderung beruflicher Weiterbildung und Reha-Leistungen einsparen. Die verbleibenden 1,6 Milliarden Euro Kürzungen betreffen direkt die Budgets der Jobcenter.

Der Sozialverband Deutschland kritisierte bereits früher, dass Einsparungen bei der Eingliederungshilfe „zynisch“ seien und strukturelle Arbeitslosigkeit verfestigten. Finanzminister Christian Lindner (FDP) verteidigte jedoch die geplanten Kürzungen und betonte, dass die Ausgaben für nicht arbeitende Menschen reduziert werden müssten.

Ob die Appelle der BA und anderer Verbände bei der Bundesregierung Gehör finden, bleibt abzuwarten. Die endgültige Entscheidung über den Haushaltsplan wurde laut Reuters auf den 17. Juli verschoben.