Riesiges Milliardenprojekt - Im Westen Berlins baut Siemens eine komplett neue grüne Stadt

Roland Busch (l-r), Vorstandsvorsitzender der Siemens AG, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sehen sich die digitale Präsentation des neuen Industrie- und Wohnungsbauprojekts "Siemensstadt Square" an.<span class="copyright">Ralf Hirschberger/AFP/Pool/dpa</span>
Roland Busch (l-r), Vorstandsvorsitzender der Siemens AG, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sehen sich die digitale Präsentation des neuen Industrie- und Wohnungsbauprojekts "Siemensstadt Square" an.Ralf Hirschberger/AFP/Pool/dpa

Siemens hat in Berlin das blühende Stadtquartier der Zukunft geplant – komplett CO2-frei und mit digitaler Infrastruktur. Für 4,5 Milliarden Euro will Siemens hier Industrie, Wohnen und Nachhaltigkeit innovativ verbinden. Kann das klappen?

Bundeskanzler Olaf Scholz ist gekommen, um zu gratulieren. In der Hand hält der SPD-Politiker eine kleine Tafel mit einem Foto des Kanzlers und seinen persönlichen Glückwünschen. Die kleine Tafel kommt in die Zeitkapsel, die Siemens anlässlich der historischen Grundsteinlegung im Westen Berlins platziert hat.

Denn Siemens will aus der historischen Siemens-Industriestadt in Spandau (Berlin) ein Stadtquartier der Zukunft machen: den Siemens Square. Der Bau des 76 Hektar großen Industrie- und Wohnquartiers hat begonnen und soll bis 2035 auf dem Industriestandort der Siemens AG im Westen der Hauptstadt entstehen - und klimafreundlich sein.

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Nicht mehr Kohle und Hochofen“

In dem neuen Stadtteil sollen künftig rund 35.000 Menschen leben und arbeiten. Geplant sind unter anderem Wohnungen für rund 7000 Menschen. Auch eine Grundschule für 600 Schülerinnen und Schüler sowie zwei Kindertagesstätten sollen entstehen. „Das Spannende ist, dass wir hier aus einem bestehenden Stadtteil die Stadt der Zukunft bauen. Städtebau heißt nicht mehr Kohle und Hochofen. Wir brauchen die Digitalisierung, um Städte in der Realität besser zu machen“, sagt Siemens-Chef Roland Busch.

Der Siemens Square soll digital, klimaneutral und wettbewerbsfähig werden. Vor allem für die klimafreundliche Stadtentwicklung will Siemens mit dem Projekt ein Vorbild sein. Denn: Siemens Square soll komplett CO2-frei werden, plant der Konzern gemeinsam mit den Projektpartnerunternehmen.

Siemens baut Europas größten Abwasserwärmetauscher

Dafür wird der größte Abwasserwärmetauscher Europas installiert, der das Stadtquartier ab 2026 mit rund 80 Prozent der benötigten Wärme und 50 Prozent der Kälte versorgen soll. „Die Anlage, die hier entsteht, ist gigantisch“, sagt Busch. „Man muss sich vorstellen, dass hier 500 bis 2000 Liter Wasser pro Sekunde durch die Rohre rauschen.“

Ein weiterer Schritt in Richtung Klimaneutralität: Siemens plant mit den Berliner Stadtwerken und Solaranlagen auf den Dächern, die Bewohner und Gebäude mit CO2-freier Energie zu versorgen. Zudem soll die Energieeffizienz vor Ort gesteigert und der jährliche Energieverbrauch von 55 Gigawatt auf 47 Gigawatt gesenkt werden. Darüber hinaus soll das Siemensareal zur Schwammstadt werden: Es soll begrünte Dächer für den Hitzeschutz geben sowie Versickerungsflächen für Regenwasser, das wiederverwendet werden kann.

„Wir bauen die Stadt mehrfach“

Die ehrgeizigen Pläne will Siemens mit digitalen Zwillingen testen und umsetzen: „Wir bauen die Stadt mehrfach“, erklärt Siemens-Vorstand Cedrik Neike. Es soll digitale Versionen der neuen Siemens-Stadt geben, in denen das Energiesystem, die Infrastruktur und die Gebäude digital entworfen, getestet und kombiniert werden können. Mit diesen Ergebnissen soll dann die reale Siemens-Stadt gebaut werden.

Völlig CO2-frei könne die Stadt allerdings erst im Bestand werden, räumt Siemens-Chef Busch ein. Beim Bau der Gebäude werde zwar versucht, CO2-reduzierte Baustoffe oder Recyclingmaterialien zu verwenden, für den CO2-freien Um- und Neubau gebe die Baubranche aber nicht mehr her.

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Die 4,5 Milliarden Euro teure Stadt

Das gesamte Projekt wird bis 2035 4,5 Milliarden Euro kosten. Der Siemens-Konzern investiert 750 Millionen Euro. „Wir glauben an den Standort. In den Städten entsteht unser Wohlstand, aber auch der CO2-Ausstoß. Das müssen wir verbessern“, sagte Busch.

Auch Bundeskanzler Scholz unterstützt das Anliegen. „Wir müssen verkrustete Strukturen aufbrechen. Der urbane Raum darf nicht nur Schlafstadt, nicht nur Arbeitswelt und nicht nur Konsumraum sein“, so Scholz. Im Westen Berlins entstehe eine Stadt, die ein „Schaufenster in die Stadt der Zukunft“ sei. „Es ist möglich, klimafreundliche und nachhaltige Städte zu überschaubaren Kosten zu bauen. Wir müssen nur umdenken.“