Selenskyj nach zugesagten Kampfjet-Lieferungen siegesgewiss

Die Ukraine sieht F-16-Kampfjets gemeinsam mit der bereits vom Westen gelieferten Flugabwehr als Teil eines Schutzschildes gegen russische Angriffe. Nach Meinung eines Experten haben sie vor allem eine Funktion. In Deutschland gibt daher erneut Forderungen, der Ukraine auch Marschflugkörper zu liefern.

Wolodymyr Selenskyj (Bild: Thomas Traasdahl/Ritzau Scanpix Foto/AP/dpa)
Wolodymyr Selenskyj (Bild: Thomas Traasdahl/Ritzau Scanpix Foto/AP/dpa)

Angesichts der Zusagen über Kampfjet-Lieferungen aus Dänemark und den Niederlanden hat sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in Kopenhagen dankbar und optimistisch gezeigt. «Heute sind wir zuversichtlich, dass Russland diesen Krieg verlieren wird», sagte er am Montag in einer Rede an das dänische Volk in Kopenhagen. «Gemeinsam beweisen wir, dass das Leben einen Wert hat. Dass Leute zählen. Freiheit zählt. Europa zählt.» In Deutschland wurden in diesem Zusammenhang erneut Forderungen nach mehr Unterstützung der von Russland angegriffenen Ukraine laut. Deren Armee erzielte unterdessen nach eigenen Angaben weitere Geländegewinne bei der russisch kontrollierten Stadt Bachmut.

Experte: F-16-Zusagen wichtig für ukrainische Motivation

Am Sonntag hatten Dänemark und die Niederlande die Lieferung der Kampfjets vom Typ F-16 zugesagt. Nach ukrainischen Angaben geht es um insgesamt 61 Maschinen. Die Zusage ist nach Ansicht eines Experten besonders wichtig für die Motivation der Ukrainer. Selenskyj «braucht Erfolge auf dem Schlachtfeld», sagte der Politologe Maximilian Terhalle. «Die Kampfjets sind ein wesentliches Element, das ihm hilft, die Motivation der Bevölkerung und der Truppen aufrechtzuerhalten und zu befördern.» Dies gelte umso mehr, weil die Gegenoffensive «in der allgemeinen Wahrnehmung noch nicht da ist, wo sie sein sollte».

Selenskyj dankt Dänemark für Militärhilfen und F-16-Zusagen

Im dänischen Parlament sagte Selenskyj am Montag mit Blick auf die F-16-Zusagen: «Wir sind heute hier, um Ihnen persönlich zu danken. Ich danke Ihnen allen, dass Sie uns in unserem schwierigen Kampf für die Freiheit helfen, für die Hilfe in diesem Krieg, den Russland in unser Land gebracht hat.» Im Namen aller Ukrainer wolle er Dänemark seinen Dank für die Solidarität und Unterstützung aussprechen, sagte Selenskyj, ehe er eine Reihe von dänischen Militärhilfen wie Leopard-Kampfpanzern auflistete. «Ich danke Dänemark dafür, der Ukraine zu helfen, unbesiegbar zu werden», sagte er.

Ukraine meldet weitere Geländegewinne

«Die ukrainischen Streitkräfte sind in der vergangenen Woche an der südlichen Flanke um Bachmut weiter vorgestoßen und haben drei Quadratkilometer befreit», sagte die Vizeverteidigungsministerin Hanna Maljar gemäß einer Mitteilung am Montag. Insgesamt seien um Bachmut im östlichen Gebiet Donezk 43 Quadratkilometer von den russischen Truppen zurückerobert worden. Gegenangriffe der russischen Seite seien dabei erfolgreich abgewehrt worden. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Moskau wehrt angeblich weitere Drohnenattacke ab

Unterdessen wehrte die russische Armee nach eigenen Angaben einen weiteren ukrainischen Drohnenangriff auf die Hauptstadt Moskau ab. Eine flugzeugartige Drohne sei im Westen der Stadt über dem Landkreis Istra abgeschossen worden, teilte das Verteidigungsministerium mit. Herabstürzende Trümmer hätten einen Mann und eine Frau verletzt, schrieb der Gouverneur des Gebiets Moskau, Andrej Worobjow, auf Telegram. An einigen Häusern seien Fensterscheiben geborsten. Eine weitere Drohne wurde nach Militärangaben ebenfalls westlich von Moskau im Kreis Rusa durch elektronisches Stören zum Absturz gebracht. Die Ukraine hat in ihrer Abwehr der russischen Invasion in den vergangenen Wochen mehrfach Drohnen nach Moskau fliegen lassen.

Forderungen aus Deutschland nach mehr Unterstützung für Ukraine

Vor dem Hintergrund der Zusagen aus Kopenhagen und Amsterdam erneuerte FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann ihre Forderung nach einer schnellen Entscheidung der Bundesregierung zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern. «Wir haben genug Taurus Marschflugkörper. Wir können einen Teil davon abgeben. Sie sind einsatzbereit.» Auch der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): Insbesondere mit den Taurus-Marschflugkörpern könne Deutschland «einen wesentlichen, militärstrategisch sinnvollen und effizienten Beitrag leisten». Er sagte zudem: «Auch Deutschland sollte seinem Führungsanspruch nachkommen und die F-16-Allianz unterstützen, auch wenn wir selbst keine Kampfflugzeuge liefern.»

Außenministerin Annalena Baerbock sprach sich indirekt für eine rasche Taurus-Entscheidung aus. «Dass es auf jeden Tag drauf ankommt, das haben wir, glaube ich, in den letzten anderthalb Jahren nicht nur eindrücklich, sondern auf brutale Art und Weise erleben müssen», sagte die Grünen-Politikerin am Montag in Berlin. Baerbock äußerte sich auf die Frage eines Journalisten, ob sie eine schnelle Entscheidung über eine solche Lieferung forcieren werde.

Man erlebe die Brutalität des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine jeden Tag aufs Neue, sagte die Ministerin. «Und wir haben auch in den letzten anderthalb Jahren gesehen, wie wichtig eben unsere militärische Unterstützung für die Selbstverteidigung der Ukraine ist.» Niederländer und Dänen seien mit den F-16 vorangegangen, sagte sie. Deutschland habe bei der Luftverteidigung einen wichtigen Beitrag geleistet und werde dies weiterhin tun.

Der Linken-Bundestagsabgeordnete Sören Pellmann hingegen drängt die Bundesregierung, die Lieferung von F-16-Kampfflugzeugen zu verhindern. Diese «überschreitet eine weitere rote Linie», sagte er. «Es kann nicht sein, dass einzelne Nato-Staaten für sich diese Entscheidung treffen und damit die Lage für alle eskalieren.»