Ein bizarre Rivalität: Die größte Feindschaft in der NBA?

Sicher ist es eine der wunderlichsten Rivalität des Sports, wenn man berücksichtigt, dass es sich weder um Sportler noch um Mannschaften handelt. Denn Adrian Wojnarowski (54) und Shams Charania (29) arbeiten als Reporter im NBA-Kosmos, erreichen Millionen von Followern über ihre sozialen Netzwerke - und liefern sich seit Jahren einen erbitterten Konkurrenzkampf um die sogenannten Scoops, was so viel bedeutet, wie eine Breaking News vor dem anderen zu veröffentlichen.

Selbst bei Wikipedia findet man die Reporter-Fehde in einer Liste aufgeführt, direkt unter der legendären Rivalität zwischen Shaquille O‘Neal und dem inzwischen verstorbenen Kobe Bryant. Dabei war Woj einmal eine Art Mentor für Shams. 2015 hatte er den damals noch studierenden Shams als „besten Jung-Reporter im Business“ bezeichnet und bei Yahoo unter seine Fittiche genommen, nachdem dieser den Trade von Bulls-Star Luol Deng als erstes vermeldet hatte und häufiger für Aufsehen mit seinen Schlagzeilen gesorgt hatte.

Inzwischen ist das Verhältnis zwischen den beiden jedoch gänzlich abgekühlt. Für ESPN (Woj) und The Athletic (Shams) gehen beide täglich auf die Suche nach allen relevanten News des NBA-Kosmos‘. Laut der Washington Post beschreiben andere NBA-Reporter und -Funktionäre ihre Beziehung inzwischen als so ähnlich wie „Darth Vader und Luke Skywalker“ aus der Filmreihe Star Wars, wobei die Spannungen zwischen den beiden über ihre jeweiligen Galaxien hinausgehen.

Bei ihren Quellen sollen beide immer wieder fordern, die News vor dem jeweils anderen zu erhalten, auch wenn es nur fünf Sekunden wären - so groß ist der Kampf zwischen den beiden Reportern mittlerweile. Im Vorteil ist Mentor Woj (6,1 Millionen Follower auf X, ehemals Twitter) gegenüber seinem ehemaligen Protegé Shams (2,1 Millionen Follower). Um den jeweils anderen auszustechen, versuchen jedoch beide alles.

Shams vermeidet Dates, um keine News zu verpassen

Shams soll sogar Dates vermeiden, um anfallende News als Erstes veröffentlichen zu können. In diesem Jahr, während der turbulenten Free Agency, postete der 29-Jährige einen Screenshot, bei dem ihm 19 Stunden und eine Minute Bildschirmzeit auf seinem Handy angezeigt wurden.

Generell ist Shams dafür bekannt, dass er seine Quellen, zu denen neben NBA-Funktionären und Coaches größtenteils Spieler gehören, regelrecht zutextet. Jedoch mit einem Auge fürs Timing: So soll Shams immer dann schreiben, wenn das Lieblingsteam seines Informanten gerade gewinnt.

„Einmal habe ich aus heiterem Himmel eine Geburtstags-SMS von Shams bekommen“, erinnerte sich eine Person, die in einem NBA-Frontoffice arbeitete, in dem Bericht der Washington Post. „Ich habe keine Ahnung, woher er meinen Geburtstag kannte.“

„Woj bombs“ sind noch zu groß für Shams

Trotzdem fällt eine Story, die von Woj veröffentlicht wird, deutlich mehr ins Gewicht, weswegen man auch von einer sogenannten ‚Woj bomb‘ spricht. Sein Netzwerk pflegt er inzwischen seit über 20 Jahren. Viele der jetzigen Coaches oder General Manager lernte er noch in jungen Jahren kennen, bevor sie viel zu sagen hatten, weswegen sie ihm jetzt natürlich besonders vertrauen.

Shams hingegen ist vor allem mit den jüngeren Leuten besser vernetzt - vor allem Spielern, zu denen unter anderem James Harden und Kyrie Irving gehören. Jedoch wird sowohl ihm als auch Woj vorgeworfen, dass sie ihre Quellen zu stark verteidigen würden, bisweilen Fakten sogar zu deren Gunsten drehen würden.

Teile der Athletic-Mitarbeiter sollen sich bei einer Shams-Story über Irving sogar bei der Redaktion beschwert haben, weil Shams den NBA-Star nach dessen Impf-Verweigerung ihrer Meinung nach zu positiv darstellte. Ähnliche Vorwürfe erreichten Woj, nachdem er wiederholt Werbung für die Spieler und deren Agenten gemacht hatte.

„Wenn du Woj nicht magst, dann redest du mit Shams - und andersherum“

Generell ist das aber inzwischen ein Teil des Geschäfts. Die Teams würden den Reporter ja nicht freiwillig Informationen zuspielen, die wiederum zu ihrem eigenen Nachteil verwendet werden würden, wenngleich es dort auch vereinzelte Ausnahmen gibt. Ein ehemaliger GM gab laut dem Bericht an, dass er wegen eines bereits bestehenden Verdachts die Mails eines Mitarbeiters hat checken lassen: Heraus kam, dass jede Mail mit Internas direkt an Woj weitergeleitet wurde.

Weil man das zumeist nicht verhindern kann, sprechen die Manager nun oft gezielt mit den Reportern, um ihre Stories zu platzieren. Generell ist es in der NBA-Szene inzwischen so: „Wenn du Woj nicht magst, dann redest du mit Shams - und andersherum“, wird ein ehemalige ESPN-Angestellter von der Washington Post zitiert.

Shams lag beim Lillard-Trade bitter falsch

Eine bittere Niederlage musste Shams kürzlich einstecken, als er vermeldete, dass Damian Lillard zu den Toronto Raptors getradet werden würde, damit jedoch falsch lag. Richtig lag jedoch mal wieder Woj, Lillard wechselte zu den Milwaukee Bucks und Superstar Giannis Antetokounmpo.

„Woj hat ein Netzwerk von Maulwürfen aufgebaut“, erklärte der NBA-Agent David Falk. „Es ist eine Gruppe von Leuten, die beschlossen haben, dass sie Woj gegenüber mehr Loyalität empfinden als gegenüber den Teams, für die sie arbeiten.“

Doch Shams, der seine fehlerhafte Wechselmeldung kurz darauf wieder löschte, ließ nicht locker. Ein paar Stunden später folgten die nächsten Insider-Infos, dieses Mal über die Hintergründe des Trades. Und sicherlich wird er auch jetzt wieder nach dem nächsten Scoop suchen, ebenso wie sein ehemaliger Mentor Woj.