Tansania: Steinmeier bittet um Verzeihung für Kolonialverbrechen
Bundespräsident Franz-Walter Steinmeier hat sich bei einem Besuch in Tansania für die in dem ostafrikanischen Land begangenen Morde während der deutschen Kolonialzeit entschuldigt.
Von 1885 bis zum Ende des Ersten Weltkriegs waren das heutige Tansania, Ruanda und Burundi deutsche Kolonie , das damals Deutsch-Ostafrika hieß. Man geht davon aus, dass bei der brutalen Niederschlagung eines Aufstandes im Jahr 1907 rund 300.000 Menschen im damaligen Deutsch-Ostafrika ums Leben kamen.
Steinmeier verspricht gemeinsame Aufarbeitung der Vergangenheit
"Es beschämt mich, was deutsche Kolonialsoldaten Ihren Vorfahren und vielen anderen im Gebiet des heutigen Tansania angetan haben", sagte der Bundespräsident in der tansanischen Stadt Songea. Er versicherte den Nachfahren, dass Deutschland zu einer gemeinsamen Aufarbeitung der Vergangenheit bereit sei. Dafür erhielt Steinmeier Beifall.
"Ich bitte um Verzeihung und ich möchte Ihnen versichern, dass wir Deutsche mit Ihnen nach Antworten suchen werden, auf die offenen Fragen, die Ihnen keine Ruhe lassen."
Steinmeier traf sich am zweiten Tag seiner Tansania-Reise in Songea mit einer Familie, deren Vorfahr - Chief Songea Mbano - 1906 mit 66 weiteren Anführern von den deutschen Kolonialherren hingerichtet wurde. Er gilt heute als Nationalheld.
Opfer wollen Schädel und Gebeine von Deutschland zurück
Der so genannte Maji-Maji-Krieg von 1905 bis 1907 kostete nach tansanischen Schätzungen bis zu 300.000 Menschen das Leben. Die deutsche Kolonialgeschichte endete 1918 mit der Niederlage des Kaiserreichs im Ersten Weltkrieg.
Steinmeier besuchte in Songea, einem der Hauptschauplätze des Krieges, das Maji-Maji-Museum und legte am Grab von Chief Songea Mbano eine rote Rose und am Sammelgrab der anderen Kämpfer einen Kranz nieder. Das Treffen mit den Nachfahren fand im kleinsten Kreis ohne Journalisten statt.
In deutschen Museen und Sammlungen liegen noch viele Schädel und Gebeine der Opfer des Kolonialkrieges. Ihre Nachfahren wünschen sich, dass diese zurück nach Tansania kommen, damit ihre Vorfahren endlich angemessen begraben sind.
In Namibia gibt es Streit über deutsches Aussöhnungsabkommen
2021 hat Deutschland das Massaker an Zehntausenden Menschen in Namibia, einer weiteren ehemaligen Kolonie, als Völkermord anerkannt. Den betroffenen Gemeinden wurde eine finanzielle Unterstützung angeboten. Allerdings herrscht Uneinigkeit, vor allem über die Form der Verhandlungen, weshalb noch keine Mittel geflossen sind.
Die Bundesregierung und die Regierung von Namibia verhandeln seit langem über ein Aussöhnungsabkommen. Ein Entwurf versprach mehr als eine Milliarde Euro finanzieller Unterstützung für die Nachkommen der Opfer, die nach Ansicht vieler Namibier nicht ausreichend in die Verhandlungen eingebunden waren.
Bis 1915 bestand auf dem Gebiet des heutigen Namibia die Kolonie "Deutsch-Südwestafrika". Das Deutsche Reich schlug dort Aufstände gegen seine Herrschaft brutal nieder. Während des Herero-und-Nama-Kriegs von 1904 bis 1908 kam es zu einem Massenmord, der als erster Genozid im 20. Jahrhundert gilt.