«Titanic»-Reisender kritisiert Touristenfahrten scharf

London (dpa) - Ein US-Wissenschaftler hat die Touristenfahrten zum Wrack der «Titanic» scharf kritisiert. Bei der «Titan», die mit fünf Insassen im Atlantik vermisst wird, handele es sich um ein «experimentelles Fahrzeug», sagte der Physiker Michael Guillen dem britischen Sender Sky News in einem am Mittwoch veröffentlichten Gespräch.

«Das ist keine Fahrt in Disneyland. Das ist Mutter Natur. Das Meer ist gnadenlos», sagte Guillen. «Alles wird für Touristen zugänglich gemacht, und ich fürchte, wenn es um Geld geht und man mit Nervenkitzelsuchenden da draußen Gewinn machen kann, die bereit sind, das Geld zu zahlen, ist das ein Rezept für eine Katastrophe.»

Das Unternehmen Oceangate Expeditions bietet die Fahrten zum Wrack der «Titanic» für 250.000 US-Dollar (229.000 Euro) pro Person an.

Guillen war im Jahr 2000 an Bord eines russischen Boots zu dem berühmten Wrack getaucht - und kam dabei nach eigener Aussage in Lebensgefahr. Am Heck sei das Tauchboot in eine schnelle Unterwasserströmung geraten, die es in die riesigen Propeller der «Titanic» gerammt habe, sagte der Wissenschaftler. «Unser U-Boot war im Vergleich zum Propeller wie eine riesige Mücke. Riesige Teile der "Titanic" fielen auf uns herab, und ich wusste, dass wir in Schwierigkeiten sind.»

Er habe bereits angefangen, sich mit seinem Tod auseinanderzusetzen, sagte Guillen. «Da war eine Stimme in meinem Kopf. Ich werde die Worte nie vergessen: "So also wird es für dich enden." Ich dachte an meine Frau, die ich nie wieder sehen würde.» Doch schließlich ging alles gut. Der Pilot schaffte es, das Boot wieder frei zu bekommen.

Ex-Fregattenkapitän: Tauchboot ist «Eiserner Sarg»

Der langjährige U-Boot-Fahrer Jürgen Weber bezeichnete die Suche als äußerst schwierig bezeichnet. «Selbst, wenn es an der Oberfläche treibt, ragen von einer Gesamthöhe von 2,80 Metern höchstens 80 Zentimeter aus dem Wasser. Das ist je nach Seegang kaum zu entdecken», sagte der Fregattenkapitän a.D. der Deutschen Presse-Agentur.

«Und wenn ich davon ausgehe, dass das Tauchboot auf dem Grund liegt, dann muss man sich vorstellen, was da für Trümmer der "Titanic" liegen. Das sind mit Sicherheit Teile, die größer sind als das Tauchboot, und da fällt es schwer, die richtigen Kontakte anzupingen», sagte Weber. Er fürchte, dass die Chancen, die «Titan» rechtzeitig zu finden, nur sehr gering seien.

Es handele sich um ein riskantes Gefährt. «Das Tauchboot ist nicht klassifiziert, das heißt, es unterliegt keinem Schiffs-TÜV wie in Deutschland und ist nur von außen zu öffnen. Also ein eiserner Sarg», sagte der Geschäftsführer vom Verband Deutscher Ubootfahrer (VDU).

Grundsätzlich könne er die «Faszination Tiefe» für Laien schon verstehen. «Aber man sollte sich der Gefahren bewusst sein, die immer lauern», betonte Weber. Er wäre nicht mit der «Titan» mitgefahren.

«Ich steige nicht in ein Tauchboot, das ich von innen nicht öffnen kann. Ich halte das für einen ganz gravierenden Sicherheitsmangel. Selbst, wenn Sie oben treiben und gerne atmen möchten, bekommen Sie das Boot nicht auf. Das ist katastrophal in meinen Augen.»

VIDEO: Suche nach "Titan"-Tauchboot: "Heftiges Klopfen" unter Wasser registriert