Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)
Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)

Unser Liveticker ist für heute beendet.

  • Putin ebnet Weg für Ausrichtung russischer Wirtschaft aufs Militär

  • Ukraine: Sprachbeauftragter droht Selenskyj für Englischäußerungen

  • Seit März: Bundeswehr schickte 400 000 Essensrationen an Ukraine

  • Moskau: Weiterbetrieb von Nord Stream 1 hängt von anderen ab

  • Moskau meldet hohe Verluste für Kiewer Truppen

  • Zwölf Tote nach Raketenangriff auf Winnyzja

  • Ukraine beschießt erneut von Russland besetztes Gebiet Cherson

  • Ukraine-Konferenz: Kriegsverbrechen strafrechtlich verfolgen

  • Selenskyj verspricht der Welt Getreide, Russen ein Tribunal

  • Kämpfe am Stadtrand von Soledar im Osten der Ukraine

Die aktuelle News-Lage im Livestream:

+++ Putin ebnet Weg für Ausrichtung russischer Wirtschaft aufs Militär +++

Knapp fünf Monate nach dem Angriff auf die Ukraine hat Russlands Präsident Wladimir Putin den Weg freigemacht für eine stärkere Ausrichtung der russischen Wirtschaft auf Bedürfnisse der Armee. Der Kremlchef unterzeichnete am Donnerstag ein Gesetz, das der Regierung «Spezialmaßnahmen» für Militäreinsätze im Ausland erlaubt. Damit können einzelne Branchen zur Belieferung der Streitkräfte verpflichtet werden. Zudem können Arbeiter in diesen Betrieben zu Nacht-, Wochenend- und Feiertagsarbeit sowie zum Verzicht auf Urlaub gezwungen werden.

Auf eine Frage, unter welchen Umständen die Regierung gedenke, solche Maßnahmen umzusetzen, antwortete Kremlsprecher Dmitri Peskow nach Angaben der Agentur Interfax lediglich: «In dem Maße, in dem die Regierung es für sinnvoll hält, hat sie das Recht, sie (die Maßnahmen) anzuwenden.» Vergangene Woche hatte das Parlament das Gesetz verabschiedet. Vize-Regierungschef Juri Borissow begründete es unter anderem mit den westlichen Sanktionen gegen Russland und den westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine.

Russland führt seit Ende Februar Krieg gegen das Nachbarland. Seitdem betont Moskau immer wieder, dass bei der «militärischen Spezial-Operation» - wie der Krieg offiziell nur genannt wird - alles «nach Plan» laufe. Internationale Militärexperten weisen hingegen darauf hin, dass Russland deutlich mehr Soldaten und Ausrüstung verloren haben dürfte als offiziell angegeben.

+++ Ukraine: Sprachbeauftragter droht Selenskyj für Englischäußerungen +++

In der Ukraine hat der Sprachbeauftragte, Taras Kremin, Beamten wegen Äußerungen auf Deutsch, Englisch und Russisch mit Geldstrafen gedroht. «Unter den Bedingungen des Kriegsrechts verstoßen einzelne Staatsangestellte weiter gegen das Gesetz über die Amtssprache», zitierten örtliche Medien Kremin am Donnerstag unter Verweis auf einen Facebookeintrag. Eine Überprüfung habe ergeben, dass seit März rund zwei Dutzend Staatsangestellte in der Dienstzeit nicht Ukrainisch gesprochen hätten. Als Beispiel führte die Behörde englischsprachige Äußerungen von Präsident Wolodymyr Selenskyj bei Besuchen des US-Schauspielers Sean Penn und des britischen Milliardärs Richard Branson an.

Gerügt wurde auch ein deutschsprachiges Interview des Gouverneurs von Tscherniwzi, Serhij Ossatschuk, für den Fernsehsender «Welt». Ebenso kritisierten die Sprachwächter ein auf Russisch geführtes Interview des Odessaer Bürgermeisters Hennadij Truchanow mit der «Süddeutschen Zeitung».

Kremin betonte, dass ab kommenden Samstag eine Verschärfung des geltenden Sprachgesetzes in Kraft tritt. Danach können solche Verstöße mit Geldstrafen von umgerechnet bis zu 320 Euro bestraft werden.

Grundlage ist ein 2019 kurz vor dem Amtsantritt von Selenskyj verabschiedetes Gesetz. Dieses schreibt zur Zurückdrängung der russischen Sprache Ukrainisch in weiten Lebensbereichen vor. Ab Samstag müssen Unternehmensauftritte im Internet zwingend Ukrainisch als Hauptsprache haben. Ukrainisch ist auch als Unternehmenssprache vorgeschrieben. Es gelten bereits seit langem strenge Quoten für Printmedien, Radio und Fernsehen.

+++ Seit März: Bundeswehr schickte 400 000 Essensrationen an Ukraine +++

Die Bundeswehr hat seit Anfang März über 400 000 Essensrationen für Soldaten in die Ukraine geschickt. Das sagte Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) beim Besuch des zuständigen Verpflegungsamtes der Bundeswehr in Oldenburg am Donnerstag. Im Rahmen ihrer Truppenbesuchsreihe war die Ministerin auch bei Marinefliegern in Nordholz und an der Wurster Nordseeküste zu Gast.

Die Verteidigungsministerin zeigte sich beeindruckt von der Flexibilität des Oldenburger Verpflegungsamtes. «Innerhalb kürzester Zeit wurde hier die Produktion verdoppelt», sagte sie.

Zwischen dem 3. März und 7. Juni lieferte die Bundeswehr hauptsächlich sogenannte Einpersonenpackungen an das von Russland angegriffene Land. Die Verpflegungspakete enthalten laut dem Bundesverteidigungsministerium genügend Nahrung für einen Tag. Darin befinden sich unter anderem Getränkepulver, erwärmbare Gerichte, Energieriegel oder Dessertcremes. Die Tagesrationen werden im Bundeswehr-Verpflegungsamt in Oldenburg produziert.

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht. (Bild: Reuters)
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht. (Bild: Reuters)

+++ Moskau: Weiterbetrieb von Nord Stream 1 hängt von anderen ab +++

Die Wiederinbetriebnahme der Gas-Pipeline Nord Stream 1 nach den aktuellen Wartungsarbeiten liegt der Darstellung aus Moskau zufolge vor allem im Verantwortungsbereich des Westens. «Was den Betrieb der Gaspipeline in der Zukunft betrifft, so wird viel von unseren Partnern abhängen - sowohl in Bezug auf die Nachfrage nach Gas als auch in Bezug auf die Verhinderung negativer Auswirkungen unrechtmäßiger restriktiver Maßnahmen», sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, laut Agentur Interfax am Donnerstag.

Sacharowa verwies konkret auf den Fall einer Turbine, die in Kanada überholt, dann aber aufgrund westlicher Sanktionen nicht nach Russland zurückgeliefert wurde. Mittlerweile hat Kanada allerdings entschieden, die Turbine an Deutschland zu übergeben. Russland hatte im Juni die Gas-Lieferungen nach Deutschland deutlich gedrosselt und das mit dem fehlenden Teil begründet.

In Europa wiederum gibt es derzeit die Sorge, dass Russland aus politischen Gründen den Gashahn nach Ende der aktuell laufenden Wartungsarbeiten an den Rohren nicht wieder aufdrehen könnte. Erst am Mittwoch hatte der russische Staatskonzern Gazprom erklärt, er könne keine Prognose zur Wiederinbetriebnahme der Ostsee-Pipeline abgeben, weil ihm dazu die nötigen Informationen fehlten.

Die Gas-Pipeline Nord Stream 1 ist derzeit wegen Wartungsarbeiten stillgelegt. (Bild: Reuters)
Die Gas-Pipeline Nord Stream 1 ist derzeit wegen Wartungsarbeiten stillgelegt. (Bild: Reuters)

+++ Moskau meldet hohe Verluste für Kiewer Truppen +++

Die russischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben mit schweren Artillerie-, Luft- und Raketenangriffen dem ukrainischen Militär hohe Verluste zugefügt. Die jüngsten Luftschläge hätten die Ukrainer bis zu 1000 Soldaten und mehr als 100 Militärfahrzeuge und Waffensysteme gekostet, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Donnerstag. Unabhängig ließen sich diese Angaben nicht überprüfen.

Unter anderem seien in Tschassiw Jar im ostukrainischen Gebiet Donezk 43 Soldaten getötet und 170 verletzt worden, sagte Konaschenkow. Die Ukraine hatte am Samstag einen Luftschlag auf ein Wohnhaus in der Kleinstadt gemeldet. Inzwischen sind nach ukrainischen Angaben 48 tote Zivilisten aus den Trümmern geborgen worden.

Der russische Armeesprecher berichtete zudem vom erneuten Einsatz der seegestützten Kalibr-Raketen. Die Lenkwaffen mit mehreren Hundert Kilometern Reichweite seien auf eine Fabrik für Hochspannungsanlagen in Saporischschja abgefeuert worden und hätten mehrere dort in den Hangars stehende Raketenwerfer vernichtet.

+++ Zwölf Tote nach Raketenangriff auf Winnyzja +++

Bei einem russischen Raketenangriff sind im Zentrum der ukrainischen Großstadt Winnyzja im Westen des Landes nach ukrainischen Angaben mindestens zwölf Menschen getötet worden. Weitere 90 Menschen seien verletzt worden, teilte der Vizechef des Präsidentenbüros in Kiew, Kyrylo Tymoschenko, am Donnerstag mit. Nach Angaben des Zivilschutzes wurden 14 Menschen in Krankenhäuser gebracht. Drei Raketen sollen in einem Bürozentrum eingeschlagen sein. Daraufhin sei ein Feuer ausgebrochen und habe etwa 50 parkende Autos erfasst.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von einem «offenen terroristischen Akt». Russland töte jeden Tag Zivilisten und greife mit Raketen zivile Objekte an, in denen sich keine Soldaten aufhielten. «Unmenschen. Mörderstaat. Terrorstaat», schrieb Selenskyj im Nachrichtendienst Telegram. Russland betont seit dem Einmarsch in die Ukraine Ende Februar immer wieder, im Nachbarland nur militärische Ziele anzugreifen - auch wenn die vielen zivilen Opfer mittlerweile offensichtlich sind.

Auch die südukrainische Hafenstadt Mykolajiw wurde erneut mit Raketen beschossen. In der Nacht seien von insgesamt neun Raketen auch ein Hotel und mindestens eine Schule getroffen worden. Die Behörden sprachen von einem Verletzten. Im ostukrainischen Gebiet Donezk wurden derweil die Aufräumarbeiten in Tschassiw Jar beendet. Dort wurde am vergangenen Samstag ein Wohnhaus getroffen. Seither wurden den Behörden zufolge 48 Leichen geborgen.

+++ Ukraine beschießt erneut von Russland besetztes Gebiet Cherson +++

Die ukrainische Armee hat eigenen Angaben zufolge erneut Ziele im von Russlands Truppen besetzten Gebiet Cherson im Süden beschossen. Dem Sprecher der Odessaer Militärverwaltung, Serhij Bratschuk, zufolge wurden in der Stadt Nowa Kachowka zwei Kommandopunkte und ein Landeplatz attackiert. Das Kommando Süd teilte in der Nacht zum Donnerstag mit, es seien 13 feindliche Soldaten getötet und mehrere gepanzerte Fahrzeuge zerstört worden. Das ließ sich zunächst nicht überprüfen.

Die in Nowa Kachowka eingesetzte prorussische Verwaltung sprach von insgesamt 30 ukrainischen Raketen, die abgefeuert worden seien. Ein Großteil sei jedoch abgefangen worden, hieß es weiter. Den russischen Angaben zufolge soll niemand getötet worden sein.

Bereits in der Nacht zum Dienstag hatte die ukrainische Armee eine Gegenoffensive auf Nowa Kachowka begonnen. Auch mithilfe westlicher Waffen will die Ukraine Gebiete zurückerobern, die im Zuge des mittlerweile seit viereinhalb Monaten andauernden Krieges von russischen Soldaten besetzt wurden.

+++ Ukraine-Konferenz: Kriegsverbrechen strafrechtlich verfolgen +++

Der Chefankläger des Weltstrafgerichtes, Karim Khan, hat die internationale Gemeinschaft dazu aufgerufen, sich für die strafrechtliche Verfolgung von Kriegsverbrechen in der Ukraine stark zu machen. Das Recht dürfe keine zweitrangige Rolle spielen, sagte Khan bei der Eröffnung einer internationalen Konferenz zur Verfolgung von Kriegsverbrechen in der Ukraine am Donnerstag in Den Haag. «Das Recht kann kein Zuschauer sein.»

Der niederländische Außenminister Wopke Hoekstra bekräftigte die Notwendigkeit einer gemeinsamen Strategie. Angesichts der Berichte über Vergewaltigungen, Morde und Folter sei Handeln geboten. EU-Kommissar Didier Reynders sprach von einer «Riesenaufgabe», für deren Bewältigung ein starkes Justizsystem in der Ukraine notwendig sei.

Mehr als 30 Minister und Ankläger Europas sowie anderer westlicher Staaten beraten in Den Haag über gemeinsame Strategien, Kriegsverbrechen in der Ukraine strafrechtlich zu verfolgen. Die Konferenz wurde von der EU-Kommission, dem niederländischen Außenministerium und dem Ankläger des Internationalen Strafgerichtshof einberufen.

Nach den ersten Berichten über mutmaßliche Kriegsverbrechen nach der russischen Invasion am 24. Februar hatte das Weltstrafgericht Ermittlungen eingeleitet und das bisher größte Team von Ermittlern ins Kriegsgebiet geschickt. Die Justiz in der Ukraine ermittelt nach eigenen Angaben zu mehr als 15 000 mutmaßlichen Fällen.

+++ Selenskyj verspricht der Welt Getreide, Russen ein Tribunal +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht gute Chancen, dass die blockierten Getreideexporte bald freigegeben werden. «Die ukrainische Delegation hat mir mitgeteilt, dass es einige Fortschritte gibt», sagte Selenskyj am Mittwoch in seiner Videoansprache. Er bezog sich dabei auf die Verhandlungen in der Türkei über die Aufhebung der russischen Seeblockade ukrainischer Häfen. Gelinge es, die russische Bedrohung der Schifffahrt im Schwarzen Meer zu beseitigen, werde die globale Lebensmittelkrise an Schärfe verlieren, versicherte Selenskyj. Die Ukraine war vor dem Krieg einer der größten Getreideexporteure weltweit.

Der ukrainische Präsident ging zudem in seiner Videoansprache auf seinen am Donnerstag geplanten Auftritt bei einem Forum in Den Haag zur Strafverfolgung von Kriegsverbrechen in der Ukraine ein. «Wir müssen unsere Bemühungen so koordinieren, dass alle Schuldigen ihre gerechte Strafe erhalten», sagte Selenskyj. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wurden zahlreiche Kriegsverbrechen auch gegen die Zivilbevölkerung registriert. Selenskyj zeigte sich davon überzeugt, dass die Täter vor ein internationales Gericht gestellt werden.

Ausführlich würdigte der 44-Jährige zudem Maryna Wiasowska, die aus der Ukraine stammende Gewinnerin der Fields-Medaille, dem Pendant zum Nobelpreis im Bereich Mathematik. Wiasowska habe nicht nur herausragende Leistungen in der Mathematik gezeigt, sondern helfe auch der Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen die russische Aggression. Die 37-jährige Mathematikerin hatte während der Verleihung der Fields-Medaille Moskaus Krieg gegen die Ukraine verurteilt. Selenskyj zeichnete Wiasowska mit dem Verdienstorden aus.

+++ Kämpfe am Stadtrand von Soledar im Osten der Ukraine +++

Im ostukrainischen Gebiet Donezk haben die von der russischen Armee unterstützten Separatisten Gebietsgewinne bei der Kleinstadt Soledar für sich reklamiert. Separatistenvertreter Witali Kisseljow sprach gegenüber der staatlichen russischen Tass am Mittwoch von einer «erfreulichen Neuigkeit». Die russischen Truppen seien in die Stadtgrenzen von Soledar gelangt und hätten die ukrainische Armee zum Rückzug gezwungen. Er rechne mit einer Eroberung innerhalb der nächsten zwei Tage, sagte Kisseljow.

Der Militärverwaltungschef der Kleinstadt, Serhij Hoschko, hat der Darstellung widersprochen. «Es gab den Versuch der russischen Armee nach Jakowliwka vorzudringen, den die ukrainischen Soldaten erfolgreich zurückgeschlagen haben», sagte er dem ukrainischen öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Drei Häuser seien in dem Ort, nordöstlich von Soledar, zerstört worden. Auch im nahe gelegenen Dorf Bachmutske, südöstlich von Soledar, seien vier Häuser zerstört worden. Das nördlich gelegene Rosdoliwka sei ebenfalls beschossen worden.

Im Bericht des Generalstabs in Kiew war ebenso von Kämpfen um Jakowliwka die Rede. Demnach sind die russischen Angriffe dort abgewehrt worden. In Soledar soll noch etwa die Hälfte der einst über 10 000 Bewohner ausharren.

Nach knapp fünf Monaten Krieg hat die Ukraine die Kontrolle über die Provinz Luhansk fast komplett verloren. Der Schwerpunkt der Kämpfe hat sich in das benachbarte Donezker Gebiet verlagert.

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