Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Donnerstag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Die aktuellen Entwicklungen im Überblick.

Dieser Ticker ist für heute beendet. Sie können hier die wichtigsten News des Tages zum Krieg in der Ukraine nachlesen.

  • Kiew erbittet mehr Waffen

  • UN-Chef Guterres rechnet nicht mit baldigem Frieden in der Ukraine

  • Selenskyj: Ukraine braucht insgesamt 160 Kampfflugzeuge

  • Ukraine schließt Vertrag mit siebtgrößtem Rüstungskonzern der Welt

  • Ukrainischer Außenminister empfiehlt Kritikern Schlachtfeld-Einsatz

  • Großbritannien sieht Schwächen bei russischer Flugabwehr

  • Ukraine setzt Luftangriffe fort

  • Zwei ukrainische Militärhubschrauber abgestürzt

Die aktuelle News-Lage im Livestream:

+++ Kiew erbittet mehr Waffen +++

Angesichts erheblicher Verluste bei der Offensive gegen die russischen Invasoren hat die Ukraine Deutschland und die anderen EU-Staaten um weitere Waffen- und Munitionslieferungen gebeten. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba nannte am Donnerstag bei Gesprächen mit den Außenministern der europäischen Partner Artilleriemunition, gepanzerte Fahrzeuge und Panzer. Um Russland die Produktion von Raketen und Drohnen zu erschweren, forderte er einen verstärkten Kampf gegen die Umgehung von Sanktionen. Deutschland drängte der Minister erneut zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern. Präsident Wolodymyr Selenskyj bezifferte den Bedarf seines Landes an westlichen Kampfflugzeugen auf 160 Maschinen.

Unterdessen erzielte die ukrainische Armee nach eigenen Angaben Erfolge bei ihren Angriffen auf die stark gesicherten russischen Verteidigungslinien im südlichen Gebiet Saporischschja. Ziel ist es, zum noch etwa 80 Kilometer entfernten Asowschen Meer vorzustoßen und damit die Landverbindung zur ukrainischen Halbinsel Krim abzuschneiden, die Russland annektiert hat.

+++ UN-Chef Guterres rechnet nicht mit baldigem Frieden in der Ukraine +++

UN-Generalsekretär António Guterres sieht keinen baldigen Frieden in der Ukraine nahen. Auf die Frage, ob er entsprechende Gespräche während der UN-Generaldebatte Mitte September für möglich halte, sagte der Chef der Vereinten Nationen am Donnerstag in New York: «Ich würde natürlich lügen, wenn ich sagen würde, dass ich glaube, dass wir in der unmittelbaren Zukunft die Möglichkeit eines Friedens in der Ukraine sehen.» Dies lasse die Situation momentan nicht zu. In der Zwischenzeit sei es wichtig, Maßnahmen zu ergreifen, um die dramatischen Auswirkungen des Kriegs zu verringern.

Antonio Guterres (Bild: REUTERS/Brendan McDermid)
Antonio Guterres (Bild: REUTERS/Brendan McDermid)

+++ Selenskyj: Ukraine braucht insgesamt 160 Kampfflugzeuge +++

Über bereits erfolgte Zusagen hinaus braucht die Ukraine Aussagen von Präsident Wolodymyr Selenskyj zufolge zur Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg rund 100 weitere Kampfflugzeuge. «Insgesamt brauchen wir für eine schlagkräftige Luftwaffe etwa 160 Kampfflugzeuge», sagte Selenskyj in einem am Donnerstag vom portugiesischen öffentlich-rechtlichen Fernsehen veröffentlichten Interview. Damit solle Russland die Möglichkeit genommen werden, den ukrainischen Luftraum zu beherrschen.

Bisher habe Kiew Zusagen für «50 oder 60» F-16-Kampfjets erhalten, sagte der ukrainische Staatschef. Am Vortag hatte Luftwaffensprecher Jurij Ihnat beim ukrainischen öffentlich-rechtlichen Fernsehen von einem Bedarf von «ungefähr 128 F-16-Jagdflugzeugen» gesprochen.

+++ Ukraine schließt Vertrag mit siebtgrößtem Rüstungskonzern der Welt +++

Die Ukraine hat mit dem größten britischen Rüstungsunternehmen BAE Systems einen Vertrag zur gemeinsamen Waffenproduktion unterzeichnet. Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte bei einem Treffen mit der BAE-Fühung am Donnerstag in Kiew, dass Waffen des Unternehmens bereits in der Ukraine im Einsatz seien. Er nannte Artilleriegeschütze der Typen L119 und M777 sowie den Schützenpanzer CV90.

Die ukrainische Regierung plant nach eigenen Angaben, eine gemeinsame Produktion der leichten L119-Geschütze im eigenen Land zu entwickeln. In diesem Kontext wurde bei dem Treffen auch eine Rahmenvereinbarung zur Kooperation bei Reparatur und Produktion dieser Waffen unterzeichnet.

(Symbolbild: Scott Peterson/Getty Images)
(Symbolbild: Scott Peterson/Getty Images)

Nach Angaben des Ministeriums für strategische Industriebranchen hat BAE Systems im Land bereits ein Büro eröffnet und soll mit einheimischen Unternehmen die Waffenproduktion aufbauen. Mit einem Umsatz von rund 25 Milliarden US-Dollar (knapp 23 Milliarden Euro) im vergangenen Jahr gilt BAE Systems als siebtgrößter Rüstungskonzern der Welt.

+++ Ukrainischer Außenminister empfiehlt Kritikern Schlachtfeld-Einsatz +++

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hat Kritik am Verlauf der Gegenoffensive seines Landes mit deutlichen Worten verurteilt. «Kritik am langsamen Tempo der Gegenoffensive zu üben, bedeutet, dem ukrainischen Soldaten ins Gesicht zu spucken, der jeden Tag sein Leben hingibt und Kilometer für Kilometer ukrainischen Boden befreit», sagte er Donnerstag am Rande eines EU-Außenministertreffens im spanischen Toledo. Er empfehle allen Kritikern, den Mund zu halten und in die Ukraine zu kommen. Sie sollten dann dort versuchen, selbst einen Quadratzentimeter zu befreien.

Unter anderem die «New York Times» hatte zuletzt berichtet, dass die ukrainischen Streitkräfte in der Gegenoffensive gegen die russischen Angreifer nach Einschätzung westlicher Militärstrategen zu weit verteilt aufgestellt seien. Um durchzustoßen, müssten sie sich entlang der Hauptfront im Süden konzentrieren, schrieb die Zeitung in der vergangenen Woche unter Berufung auf nicht namentlich genannte US- und andere westliche Beamte. Kiew habe zu viele Soldaten, darunter einige der besten Kampfeinheiten, an den falschen Orten stationiert. Vor allem aus diesem Grund habe das ukrainische Militär auch Schwierigkeiten, den russischen Verteidigungsgürtel zu durchbrechen.

+++ Großbritannien sieht Schwächen bei russischer Flugabwehr +++

Die jüngsten Drohnenangriffe auf Russland offenbaren nach britischer Einschätzung Schwächen in der dortigen Flugabwehr. Im August habe Russland etwa 25 einzelne Drohnenangriffe hinnehmen müssen, schrieb das Verteidigungsministerium in London am Donnerstag. Die Ukraine hatte diese Woche ihren bislang massivsten Drohnenangriff gegen Ziele in Russland geflogen und in der Stadt Pskow mehrere russische Militärflugzeuge beschädigt.

Die Briten schrieben in ihrem täglichen Update beim Kurznachrichtendienst X (früher Twitter), viele unbemannte Drohnen hätten ihr Ziel erreicht, was wahrscheinlich bedeute, dass die russische Flugabwehr Probleme habe, sie aufzuspüren und zu zerstören.

«Russland wird wahrscheinlich seine Luftabwehrstellung in der Gegend zwischen der Ukraine und Moskau überdenken, um besser mit den Angriffen umzugehen», schrieben die Briten. Frühere Angriffe auf russische Militärbasen hätten auch dazu geführt, dass russische Flugzeuge auf andere Standorte verlegt worden seien. Das werde mit der Reichweite der Drohnen aber schwieriger. Russland werde wahrscheinlich über weitere Luftverteidigungssysteme an Flugplätzen nachdenken müssen, die es für gefährdet halte.

+++ Ukraine setzt Luftangriffe fort +++

In ihrem Abwehrkampf gegen die russische Invasion hat die Ukraine auch in der Nacht auf Donnerstag russische Ziele aus der Luft angegriffen. Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums schoss die Flugabwehr über der annektierten Halbinsel Krim einen Marschflugkörper aus der Ukraine ab. Ebenso seien über dem Gebiet Brjansk an der Grenze zur Ukraine zwei Drohnen abgefangen worden. In der Nacht zuvor hatten die ukrainischen Streitkräfte ihre bislang massivsten Drohnenangriffe geflogen und sechs russische Gebiete bis nach Moskau sowie die Krim attackiert.

Für die Ukraine ist der Donnerstag der 554. Kriegstag. Das osteuropäische Land hat bei den Kämpfen gegen die russischen Angreifer in mehr als 18 Monaten schon große Verluste erlitten; es braucht Soldaten. Präsident Wolodymyr Selenskyj vereinbarte mit seinem Sicherheitsrat deshalb strikte Maßnahmen gegen die Mitarbeiter in Musterungsbehörden, die Männer gegen Schmiergeld vom Wehrdienst freistellen. Bei ihrer Offensive im Süden und Osten kann die Ukraine weitere Panzer aus Deutschland einsetzen.

Von dem mutmaßlichen Angriff mit einer Lenkrakete war der Osten der Krim bei der Stadt Feodossija betroffen. Teile des Marschflugkörpers hätten eine Stromleitung getroffen, sagte eine Mitarbeiter der Krim-Verwaltung. Die offiziellen Angaben waren nicht unabhängig überprüfbar. Im Internet verbreiteten sich Fotos, die angeblich Explosionen und Brände in der Region zeigten. Augenzeugen sprachen von drei Raketen. Der russische Telegram-Kanal Mash mutmaßte, der Angriff habe dem Militärflugplatz Kirowskoje auf der Krim gegolten.

Nach dem Abschuss der zwei Drohnen im Gebiet Brjansk teilte Gouverneur Alexander Bogomas mit, es habe keine Verletzten oder Schäden gegeben. Er berichtete aber auch, dass Rettungsdienste im Einsatz seien. Bei den Drohnenattacken in der Nacht auf Mittwoch war vor allem Schaden auf dem Flugplatz der nordwestrussischen Stadt Pskow nahe der Grenze zu Estland entstanden. Dort wurden mehrere schwere Militärtransportflugzeuge beschädigt, mindestens zwei von ihnen brannten aus.

+++ Zwei ukrainische Militärhubschrauber abgestürzt +++

Beim Absturz von zwei ukrainischen Militärhubschraubern sind nach Armeeangaben alle sechs Männer an Bord getötet worden. Die Helikopter vom Typ Mi-8 seien aus ungeklärter Ursache bei einem Einsatzflug nahe Kramatorsk in der Ostukraine verunglückt, sagte ein Sprecher der ukrainischen Heeresflieger im Fernsehen. Die Leichen seien in den Wracks der völlig zerstörten Maschinen gefunden worden. Nach der Ursache des Absturzes vom Dienstag werde gesucht. Die Ukraine hatte erst vergangene Woche drei Piloten verloren, als zwei Flugzeuge bei einem Übungsflug kollidierten.

+++ Selenskyj verfolgt Korruption bei Ausmusterungen +++

Selenskyj und der ukrainische Sicherheitsrat berieten über den Kampf gegen Bestechlichkeit in den Musterungsbehörden. Es würden alle Fälle von Ausmusterungen wegen angeblicher Dienstuntauglichkeit seit Kriegsbeginn überprüft, bei denen es einen Verdacht auf Schmiergeldzahlungen gebe, kündigte der Präsident an. Für die Befreiung vom Wehrdienst seien 3000 bis 15.000 US-Dollar (bis zu 13.700 Euro) gezahlt worden, berichtete er. Gesondert überprüft werde, wenn jemand nach einer verdächtigen Entscheidung der Musterungskommission ins Ausland ausgereist sei. Selenskyj hat wegen der Korruption bereits alle Leiter der Musterungsbehörden ersetzt.

+++ Deutschland schickt zehn Leopard-Panzer +++

Deutschland hat der Ukraine weitere zehn Kampfpanzer vom Typ Leopard 1 A5 zur Verfügung gestellt. Außerdem wurden weitere 13,1 Millionen Schuss Munition für Handfeuerwaffen geliefert. Das geht aus der Liste der Bundesregierung zu militärischen Hilfen für die Ukraine hervor. Zur aktuellen Lieferung zählt ein Luftraumüberwachungsradar vom Typ TRML-4D, das mit dem Flugabwehrsystem Iris-T zum Einsatz kommt. Deutschland schickte auch ein Feldhospital, 4 Schwerlastsattelzüge und 16 Aufklärungsdrohnen vom Typ Vector.

Nach anfänglichem Zögern ist die Bundesrepublik mittlerweile einer der größten militärischen Unterstützer der Ukraine. Noch nicht entschieden hat die Bundesregierung über den dringenden Wunsch Kiews nach Taurus-Marschflugkörpern.

+++ Ukrainische Piloten lernen in Dänemark die F-16 fliegen +++

Mehrere ukrainische Militärpiloten können nach Angaben des Oberkommandierenden Walerij Saluschnyj in Dänemark mit der Ausbildung auf dem Kampfjet F-16 beginnen. Das teilte Saluschnyj nach einem Telefonat mit dem Befehlshaber der dänischen Streitkräfte mit. Zugleich wollten Kopenhagen und Kiew die Logistik vorbereiten, um die F-16 künftig in der Ukraine warten und reparieren zu können, schrieb Saluschnyj auf Telegram. Dänemark wird der Ukraine 19 seiner F-16-Jets übergeben. Weitere dieser in den USA gebauten Kampfflugzeuge sollen aus den Niederlanden und Norwegen kommen.