Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Donnerstag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)
Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)

Unser Ticker ist für heute beendet. Sie können hier die wichtigsten News des Tages zum Krieg in der Ukraine nachlesen.

  • Kiew und Moskau tauschen mehr als 200 Gefangene aus

  • US-Verteidigungsminister bekräftigt Beistand für Ukraine

  • Zahl der Ukrainer in Deutschland hat sich 2022 versiebenfacht

  • Russland feuert 36 Raketen und Marschflugkörper auf Ukraine ab

  • London: Russische Luftwaffe bleibt schwach im Krieg gegen Ukraine

  • Medien: Kiew will nach Beschuss Energieanlagen unter die Erde bringen

  • Gasspeicher in Deutschland zu 72,2 Prozent gefüllt

Die aktuelle Newslage im Livestream:

+++ Kiew und Moskau tauschen mehr als 200 Gefangene aus +++

Russland und die Ukraine haben kurz vor dem ersten Jahrestag des Kriegsbeginns erneut Gefangene ausgetauscht - jeweils 101 Männer. Dem Präsidialamt in Kiew zufolge sind unter den Ukrainern auch 63 Kämpfer aus dem lage umkämpften Stahlwerk Asow in der Stadt Mariupol. «Ihre Verwandten haben so lange auf sie gewartet», sagte der Leiter des Präsidentenbüros, Andrij Jermak. Zuvor hatte das Verteidigungsministerium in Moskau die Freilassung von 101 Russen gemeldet. Sie seien mit Flugzeugen nach Moskau gebracht worden. Der Krieg dauert am 24. Februar ein Jahr.

Russland hatte bei der Eroberung von Mariupol viele ukrainische Soldaten in Gefangenschaft genommen. Ihre Freilassung gilt als besonderer Erfolg für die Ukraine. In dem Krieg tauschen beide Seiten immer wieder Gefangene aus. Zuletzt hatte es Anfang Februar einen größeren Austausch gegeben. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte danach gesagt, Kiew arbeite daran, alle seine Bürger freizubekommen. Den Angaben aus Kiew zufolge kamen bisher etwa 2000 Ukrainer frei.

+++ US-Verteidigungsminister bekräftigt Beistand für Ukraine +++

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat der Ukraine weiteren Beistand mit militärischer Ausrüstung im Krieg gegen Russland zugesichert. «Wir werden alles tun, was wir können, um gemeinsam sicherzustellen, dass wir ihnen die Mittel für Erfolg zur Verfügung stellen», sagte Austin am Donnerstag bei einem Besuch in Estland. Russland entsende weiterhin viele Truppen an die Front, die aber «schlecht ausgerüstet und schlecht ausgebildet» seien. Daher erleide Russland viele Verluste. «Wir gehen davon aus, dass dies so bleiben wird.»

Den Nato-Partnern Estland, Lettland und Litauen sicherte Austin bei dem Besuch Solidarität zu. «Die Vereinigten Staaten bleiben der Freiheit und Souveränität unserer baltischen Verbündeten standhaft verpflichtet», sagte der Minister. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine wird in den drei baltischen Ländern, die alle der EU und der Nato angehören, als direkte Gefahr für die nationale Sicherheit gesehen.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin. (Bild: Reuters)
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin. (Bild: Reuters)

+++ Umfrage: Mehrheit in EU glaubt an ukrainischen Sieg +++

Eine Mehrheit der Europäer glaubt einer Umfrage zufolge daran, dass die Ukraine siegreich aus dem Verteidigungskrieg gegen Russland hervorgehen wird. 61 Prozent der befragten EU-Bürger stimmten der Aussage «Die Ukraine wird diesen Krieg gewinnen» zu, die deutschen Befragten waren mit 55 Prozent Zustimmung etwas skeptischer. Das geht aus einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage der Bertelsmann Stiftung in der gesamten EU hervor.

Für die Erhebung wurden über eupinions, das europäische Meinungsforschungsinstrument der Stiftung, im Dezember knapp 13 300 EU-Bürger befragt. Die Ergebnisse sind demnach repräsentativ für die Europäische Union insgesamt. Für Deutschland und sechs weitere Mitgliedsstaaten wurden laut einer Sprecherin der Stiftung besonders große Stichproben gewählt, um für diese sieben Länder auch einzeln betrachtet repräsentative Ergebnisse zu bekommen.

Etwa zwei Drittel der EU-Bürger (68 Prozent) sind laut Umfrage der Meinung, dass Russlands Angriff auf die Ukraine einer auf ganz Europa sei. In Polen (79 Prozent) und Spanien (78 Prozent) ist die Zustimmung besonders groß. Die Befragten in der EU sind aber skeptisch, was die Wirksamkeit wirtschaftlicher Sanktionen angeht: Nut 40 (EU) beziehungsweise 35 Prozent (Deutsche) der Befragten halten sie für effektiv.

66 Prozent der befragten EU-Bürger sehen die Hauptverantwortung für den Krieg bei Russland. Je fünf Prozent sehen sie bei der Ukraine beziehungsweise der Nato, elf Prozent bei den USA. Der Rest antwortete mit «Weiß ich nicht». Die deutschen Befragten äußerten sich ähnlich. In Polen sind sich dagegen 88 Prozent der Befragten einig, dass Russland die Hauptverantwortung trägt. In Italien finden das nur 54 Prozent. Dort machen 23 Prozent die Nato oder die USA verantwortlich.

+++ Russland weist vier österreichische Diplomaten aus +++

Russland hat als Antwort auf die Ausweisung russischer Diplomaten in Wien vier Mitarbeiter der österreichischen Botschaft in Moskau des Landes verwiesen. «Sie müssen das Territorium des Landes bis Ablauf des 23. Februar verlassen», heißt es in einer Mitteilung des russischen Außenministeriums vom Donnerstag. Der Botschafter sei einberufen worden.

Anfang Februar waren in Wien vier russischen Diplomaten wegen des Verdachts auf Spionage zu «unerwünschten Personen» erklärt worden. Betroffen von der Ausweisung waren zwei Mitarbeiter der russischen Botschaft und zwei Mitarbeiter der Ständigen Vertretung Russlands bei den Vereinten Nationen in Wien.

In seiner Reaktion am Donnerstag bewertete das russische Außenministerium die Maßnahme als «unfreundlichen und unbegründeten Schritt», der die bilateralen Beziehungen «und die internationale Autorität Wiens» als unvoreingenommenen und neutralen Staat beschädige. Die Beziehungen zwischen Russland und Österreich haben sich infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und den darauf folgenden westlichen Sanktionen, an denen sich Wien beteiligt hatte, deutlich verschlechtert.

Die Gegenmaßnahme Moskaus entbehre «jeglicher sachlichen Grundlage», kritisierte das Wiener Außenministerium. Die betroffenen österreichischen Botschaftsmitarbeiter hätten sich an die international gültigen Regeln für Diplomaten gehalten, betonte eine Ministeriums-Sprecherin.

+++ 10.000 Ukrainer absolvierten britisches Militärtraining +++

Knapp ein Jahr nach Beginn des russischen Angriffskrieges haben nach Angaben der britischen Regierung 10 000 Ukrainer in Großbritannien ein Militärtraining absolviert. Das meldete die britische Nachrichtenagentur PA am Donnerstag unter Berufung auf Regierungsangaben.

Das rund fünfwöchige Intensivtraining umfasst unter anderem Schießübungen, Verhaltensregeln in Gefechtssituationen sowie Erste-Hilfe-Trainings. Die jungen Rekruten, die oft keine oder kaum militärische Erfahrung mitbringen, stellen an verschiedenen Militärstandorten Großbritanniens unter Anleitung von erfahrenen Soldaten Häuserkämpfe, Explosionen und Gefechtssituationen nach und lernen, worauf sie dabei achten müssen. Nach wenigen Wochen kehren sie in ihr Heimatland zurück - und gehen oft direkt an die Front.

Künftig sollen ukrainische Soldaten in Großbritannien auch an Kampfjets westlicher Art ausgebildet werden. Diese Ankündigung, die der britische Premier Rishi Sunak beim Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj machte, hatte die Debatte um mögliche westliche Kampfjet-Lieferungen an die Ukraine neu befeuert. Am Donnerstag empfing Sunak den polnischen Präsidenten Andrzej Duda. Auch dabei stand der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine im Zentrum der Gespräche.

+++ Kreml setzt sich wegen Zweifeln an Minsker Friedensplan zur Wehr +++

Der Kreml hat sich gegen die Darstelllung eines russischen Ex-Beamten zur Wehr gesetzt, bereits vor dem Einmarsch in die Ukraine den Friedensplan von Minsk nicht ernst genommen zu haben. «Das Ziel war, die Vereinbarungen zu erfüllen und umzusetzen und eine Regulierung (des Konflikts) zu erreichen», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge.

Das Minsker Abkommen war 2015 unter deutsch-französischer Vermittlung zwischen Russland und der Ukraine in der belarussischen Hauptstadt geschlossen worden. Ziel war, den bereits damals unter russischem Einfluss stehenden Osten der Ukraine zu befrieden. Die meisten Verpflichtungen wurden aber nie umgesetzt. Russland und die Ukraine geben sich gegenseitig die Schuld dafür.

Einer der Autoren des Vertrags von russischer Seite, der frühere Kremlverwaltungs-Vizechef Wladislaw Surkow, erklärte nun in einem Interview, er sei schon bei der Ausarbeitung des Abkommens nicht davon ausgegangen, dass dieses eingehalten werde. Damit widersprach er der Darstellung von Präsident Wladimir Putin. Der Kremlchef klagte mehrfach, Russland sei an einer friedlichen Lösung interessiert gewesen, aber vom Westen «an der Nase herumgeführt worden».

Kremlsprecher Dmitri Peskow. (Bild: Reuters)
Kremlsprecher Dmitri Peskow. (Bild: Reuters)

+++ Zahl der Ukrainer in Deutschland hat sich 2022 versiebenfacht +++

Seit Beginn des russischen Angriffskrieges sind Hunderttausende Ukrainerinnen und Ukrainer nach Deutschland gekommen. 2022 wurden rund 1,1 Millionen Zuzüge aus dem Land erfasst, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Donnerstag nach vorläufigen Ergebnissen einer Sonderauswertung mitteilte.

Weil im Laufe des Jahres nicht nur Menschen aus dem Kriegsgebiet nach Deutschland kamen, sondern auch wieder wegzogen, ergibt sich laut Statistik für das vergangene Jahr eine Nettozuwanderung von 962 000 Menschen aus der Ukraine. «Damit war die Nettozuwanderung aus der Ukraine nach Deutschland im vergangenen Jahr größer als die aus Syrien, Afghanistan und dem Irak in den Jahren 2014 bis 2016 zusammen», hieß es.

Der Großteil der Menschen aus der Ukraine kam den Daten zufolge in den ersten drei Monaten nach Beginn der Invasion am 24. Februar. Ab Mai stieg die Zahl der Rückkehrer. 2022 wurden insgesamt 139 000 Fortzüge aus Deutschland in die Ukraine registriert.

Durch die Zuwanderung hat sich die Bevölkerung mit ukrainischer Staatsangehörigkeit hierzulande «mehr als versiebenfacht», wie das Amt errechnet hat. Der Anteil der Ukrainerinnen und Ukrainer an der Gesamtbevölkerung lag zuletzt bei 1,2 Prozent. «Ukrainische Staatsangehörige waren damit nach türkischen Staatsangehörigen die zweitgrößte ausländische Bevölkerungsgruppe in Deutschland.»

Weil Männer nur bedingt aus der Ukraine ausreisen durften, waren 63 Prozent der Geflohenen weiblich. Und sie waren vergleichsweise jung: Nur 13 Prozent waren im vergangenen Oktober älter als 60 Jahre; rund ein Drittel war jünger als 18 Jahre. In den Altersgruppen ab 18 Jahren kamen mehr als doppelt so viele Frauen wie Männer aus der Ukraine nach Deutschland.

Die meisten Ukrainerinnen und Ukrainer lebten im Oktober 2022 in Nordrhein-Westfalen (210 000), Bayern (152 000), Baden-Württemberg (135 000) und Niedersachsen (105 000). Anteilig an der Gesamtbevölkerung des jeweiligen Bundeslandes lebten die meisten in Berlin und Hamburg (je 1,5 Prozent).

+++ Russland feuert 36 Raketen und Marschflugkörper auf Ukraine ab +++

In einer nächtlichen Angriffswelle hat das russische Militär 36 Raketen und Marschflugkörper auf die Ukraine abgefeuert. «Leider gibt es Treffer im Norden, Westen und in den Gebieten Dnipropetrowsk und Kirowohrad», teilte der Leiter des Präsidentenbüros, Andrij Jermak, im Nachrichtenkanal Telegram mit. Das russische Militär habe dabei seine Taktik geändert und setze auch Attrappen zur Irreführung der Flugabwehr ein. Die ukrainische Armeeführung informierte über 16 abgefangene Raketen.

Behördenangaben nach kam in Pawlohrad im Gebiet Dnipropetrowsk eine 79 Jahre alte Frau infolge eines Raketeneinschlags ums Leben. Acht Personen seien verletzt worden. Es gebe Schäden an 50 Wohnhäusern und einem Industriebetrieb. Im westukrainischen Gebiet Lwiw seien drei Raketen in ein Objekt der kritischen Infrastruktur eingeschlagen. Weitere Treffer habe es bei Krementschuk und Kropywnyzkyj in den zentralukrainischen Gebieten Poltawa und Kirowohrad gegeben.

Der Sekretär des ukrainischen Sicherheitsrates, Olexij Danilow, erklärte zudem, dass Kiew für Donnerstag oder Freitag in der kommenden Woche einen massiven Raketenschlag erwarte. Am Donnerstag begeht Russland den so genannten «Tag des Vaterlandsverteidigers». Freitag jährt sich der Jahrestag des russischen Einmarsches in die Ukraine.

+++ London: Russische Luftwaffe bleibt schwach im Krieg gegen Ukraine +++

Russland kann sich im Angriffskrieg gegen die Ukraine nach Einschätzung britischer Geheimdienste weiterhin kaum auf seine Luftwaffe verlassen. Zwar hätten russische Kampfflugzeuge zuletzt wieder mehr Angriffe geflogen, teilte das Verteidigungsministerium in London am Donnerstag mit. Allerdings könnten sie ihre eigentliche Schlüsselrolle nicht ausüben, da sie fast ausschließlich über russisch kontrolliertem Gebiet eingesetzt würden, hieß es. Grund sei einerseits die funktionierende ukrainische Flugabwehr, außerdem seien die Kampfjets wegen der Gefahr ukrainischer Angriffe auf russische Flugplätze über mehrere Basen verstreut worden.

Mit schätzungsweise 1500 Militärflugzeugen sei die russische Luftwaffe trotz des Verlusts von etwa 130 Maschinen seit Kriegsbeginn weitgehend intakt, hieß es in London weiter. Allerdings sei eine Ausdehnung des Luftkriegs unter den aktuellen Umständen unwahrscheinlich, so das britische Ministerium. Dies würde zu «untragbaren Flugzeugverlusten» führen. «Insgesamt schneidet die russische Luftwaffe im Krieg weiterhin schlecht ab», hieß es.

+++ Medien: Kiew will nach Beschuss Energieanlagen unter die Erde bringen +++

Die Ukraine will Medienberichten zufolge Teile ihrer Energie-Infrastruktur wegen des andauernden russischen Raketenbeschusses in unterirdische Bunker verlagern. In einem Pilotprojekt sollen zwei der insgesamt 90 großen Umspannwerke im Land unter die Erde verlegt werden, schrieb die ukrainische Forbes-Ausgabe in einem Bericht, der am Donnerstag auch von anderen Medien aufgenommen wurde. Die Bunker sollen die Anlagen vor direkten Raketentreffern schützen.

Das Problem sind demnach die hohen Kosten. Umspannwerke sind nötig, um den Strom vom Kraftwerk unter möglichst geringen Energieverlusten zum Verbraucher zu bringen. Der Bau eines Umspannwerks kostet nach Angaben von Juri Kasitsch, dem ehemaligen Direktor des Stromversorgers Ukrenerho, etwa 30 Millionen Euro. Bei einer Verlegung der teilweise großen Anlagen unter die Erde sind es 20 bis 25 Prozent mehr. Bei 90 großen Umspannwerken belaufen sich die Kosten demnach auf mehr als drei Milliarden Euro.

Russland hat mit Luftangriffen schon große Teile der ukrainischen Infrastruktur zerstört oder beschädigt. Die größten Umspannwerke werden dabei bewusst beschossen, um die Menschen in der Ukraine mitten im Winter in Dunkelheit und Kälte zu stürzen.

Bis zum nächsten Winter sollen demnach zumindest zwei Umspannwerke unterirdisch aufgebaut werden. Die Komplettverlegung aller Anlagen nimmt nach Expertenschätzung drei bis fünf Jahre in Anspruch.

+++ Gasspeicher in Deutschland zu 72,2 Prozent gefüllt +++

Wie im Winter üblich sind die Füllstände der deutschen Gasspeicher weiter rückläufig. Am Mittwochmorgen lag der Gesamt-Füllstand bei rund 72,2 Prozent. Das waren 0,4 Prozentpunkte weniger als am Vortag, wie am Donnerstag aus vorläufigen Daten des europäischen Gasspeicherverbandes GIE hervorging. Der größte deutsche Speicher im niedersächsischen Rehden verzeichnete einen Füllstand von 87,8 Prozent. EU-weit lag der Füllstand bei rund 65,2 Prozent. Das waren 0,5 Prozentpunkte weniger als am Vortag.

Die Füllstände in Deutschland gehen seit dem 9. Januar insgesamt zurück. Davor war - jahreszeitlich untypisch - mehr als zwei Wochen lang eingespeichert worden.

Die Speicher gleichen Schwankungen beim Gasverbrauch aus und bilden damit ein Puffersystem für den Markt. Die Füllstände nehmen nach Beginn der Heizperiode im Herbst üblicherweise ab. Am Morgen des 14. November war ein Füllstand von 100 Prozent verzeichnet worden. Am 1. Februar waren die Speicher mit 78,6 Prozent fast doppelt so voll wie vom Energiewirtschaftsgesetz zu diesem Stichtag vorgeschrieben.

Zu beachten ist, dass weiter dauerhaft Gas durch Pipeline-Importe nach Deutschland fließt, und zwar aus Norwegen, den Niederlanden, Belgien und Frankreich. Erdgas erhält Deutschland mittlerweile auch über neue LNG-Terminals an den deutschen Küsten.

+++ Bericht: Sanktionen gegen Russland helfen Kaukasus und Zentralasien +++

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die westlichen Sanktionen gegen Russland haben nach Einschätzung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) in einigen Regionen für Wirtschaftswachstum gesorgt. «Volkswirtschaften in Zentralasien und im Kaukasus haben vom Zwischenhandel nach Russland sowie von Kapitalzuflüssen und gebildeten Migranten aus Russland profitiert», heißt es in einem am Donnerstag veröffentlichten EBRD-Bericht.

Die Reallöhne seien - im Gegensatz zu anderen Regionen - gestiegen, Importe aus der EU, den USA und Großbritannien hätten enorm zugelegt, stellte die EBRD fest. Dies weise darauf hin, dass Waren über den Kaukasus oder Zentralasien nach Russland weiterverkauft wurden.

Dieser Zwischenhandel mache zwar nur einen Bruchteil der russischen Importe aus dem Westen aus. Aber in Ländern wie Kirgistan oder Armenien belaufe er sich auf einen annualisierten Anteil von 4 bis 6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. «Eine aufkeimende Logistikbranche ist entstanden, um diesen Handel zu erleichtern, und trägt zu den Kapitalzuflüssen bei, die ihrerseits die Aufwertung lokaler Währungen im Vergleich zum US-Dollar untermauert haben», so die EBRD weiter.

Die Bank wurde nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 gegründet und sollte die Nachfolgestaaten sowie andere Länder in Mittel- und Osteuropa auf dem Weg zur Marktwirtschaft unterstützen. Heute ist sie in mehr als 30 Staaten in Ost- und Mitteleuropa, im Kaukasus, in Zentralasien, Nordafrika und im Nahen Osten vertreten.

Die Wirtschaftsleistung in den EBRD-Regionen stieg dem Bericht zufolge im vergangenen Jahr schätzungsweise um 2,4 Prozent, deutlich weniger als 2021 mit 7,1 Prozent. Grund seien der Krieg gegen die Ukraine und der nachlassende Schwung nach der Corona-Erholung. Dennoch seien die Erwartungen übertroffen worden, hieß es. Private Ersparnisse, die während der Pandemie angesammelt wurden, seien vor allem in den europäischen Schwellenländern aktiv ausgegeben worden und hätten den Konsum angekurbelt.

Für 2023 erwarten die Experten ein Wachstum von 2,1 Prozent. Hohe Gaspreise und andauernde Inflation belasteten die Aussichten. 2024 rechnet die EBRD dann wieder mit einem Plus von 3,3 Prozent.

+++ Heusgen: Russland braucht eine «Deputinisierung» +++

Russland muss nach Auffassung von Sicherheitskonferenz-Chef Christoph Heusgen vor einer Wiederbelebung des deutsch-russischen Verhältnisses eine «Deputinisierung» durchführen. Der Begriff ist angelehnt an die De- oder Entnazifizierung durch die Allierten nach der Niederlage Deutschlands im Zweiten Weltkrieg und dem Zusammenbruch des NS-Regimes. «Ich benutze den Begriff Deputinisierung, weil dieses Land total auf Putin ausgerichtet ist», sagte der frühere UN-Botschafter dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) vor der von ihm geleiteten Sicherheitskonferenz in München, die am Freitag beginnt. Kreml-Chef Wladimir Putin sei der Machthaber, der alle Entscheidungen treffe.

Eine entsprechende Formulierung wählte Heusgen in seinem jüngst veröffentlichten Buch «Führung und Verantwortung». Einen Neuanfang in den Beziehungen könne es demnach «nur mit einer anderen Regierung in Moskau geben, die auf dem Boden des internationalen Rechts handelt und bereit ist, zu Hause so etwas wie seinerzeit in Deutschland die "Denazifizierung" durchzuführen».

Der russische Präsident betreibe systematisch Desinformation über seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine. «Die Menschen sollen seine Erzählung glauben, dass es einen Angriff des Westens gibt und die Nazis Russland wieder überfallen», sagte der frühere außen- und sicherheitspolitische Berater von Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) dem RND. Grundsätzlich hätten Deutsche und Russen über die Jahrhunderte hinweg gute Beziehungen zueinander unterhalten. «Darauf kann man aufbauen.»