Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Sonntag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Die aktuellen Entwicklungen im Überblick.

Dieser Newsticker ist für heute beendet. Sie können hier die wichtigsten News des Tages zum Krieg in der Ukraine nachlesen.

  • Kremlsprecher über Doppelgänger: «Putin - haben wir einen»

  • Kiew: Weiter schwere Kämpfe um Awdijiwka in Ostukraine

  • Selenskyj erwartet Verhandlungen zu EU-Beitritt

  • Trauer um tote Soldaten in Ukraine – Minister kündigt Aufklärung an

  • Kremlsprecher über Doppelgänger: «Putin - haben wir einen»

  • Von der Leyen lobt Reformerfolge der Ukraine

  • Selenskyj sieht keine Pattsituation im Krieg mit Russland

Die aktuelle Newslage:

+++ Kremlsprecher über Doppelgänger: «Putin - haben wir einen» +++

Kremlsprecher Dmitri Peskow hat sich öffentlich über Spekulationen um angebliche Doppelgänger des russischen Präsidenten Wladimir Putin lustig gemacht.

Russlands Präsident Wladimir Putin.
Russlands Präsident Wladimir Putin.

«Jetzt rätseln Experten, ob es drei oder vier sind und wen wir da jeden Tag sehen», sagte Peskow vor Jugendlichen in Moskau mit Blick auf Diskussionen in sozialen Netzwerken um mögliche Doubles des Kremlchefs. «Putin - haben wir einen», sagte Peskow auf dem Forum «Rossija» mit einer großen Ausstellung zu Errungenschaften im flächenmäßig größten Land der Erde unter dem Kremlchef, der Russland seit mehr als 20 Jahren führt und wohl auch bei der Präsidentenwahl im März antreten dürfte.

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+++ Ukraine will Militärdienst reformieren +++

Inmitten des Verteidigungskriegs gegen Russland plant der ukrainische Verteidigungsminister Rusten Umjerow eine komplette Reform des Militärdienstes innerhalb der nächsten fünf Jahre. Nach dem am Sonntag veröffentlichten Konzept, das «eine strategische Vision für die Entwicklung der militärischen Personalpolitik» darstelle, sollen die ukrainische Streitkräfte künftig zu einem Vertrags-Militärdienst übergehen. Bei Rekrutierung und späterer Laufbahn der Soldaten soll deren vorherige Ausbildung berücksichtigt werden. Auch eine berufliche Gleichstellung der Geschlechter innerhalb der Streitkräfte werde angestrebt.

Nach Umjerows Vorstellungen sollte auch die Zusammenarbeit zwischen ukrainischen Hochschulen und ähnlichen Institutionen der EU- und Nato-Staaten verstärkt werden. Die angestrebte «neue Kultur der Beziehungen zwischen Befehlshabern und Untergebenen» deutet auf ein klares Abweichen von der bisherigen, noch aus Sowjetzeiten angewandten Praxis der starren Strukturen hin.

Ziel des Konzepts sei, den Personalbedarf der Streitkräfte zu decken. Daneben soll es der ukrainischen Armee möglich werden, «sich in den euro-atlantischen Sicherheitsraum zu integrieren und die Interoperabilität der ukrainischen Streitkräfte mit den Streitkräften der Nato-Mitgliedstaaten zu gewährleisten».

+++ Kiew: Weiter schwere Kämpfe um Awdijiwka in Ostukraine +++

Russische Truppen haben nach Angaben ukrainischer Militärs am Sonntag erneut mehrere Vorstöße in Richtung der ostukrainischen Stadt Awdijiwka unternommen. Dabei seien über 400 russische Soldaten getötet und zwölf gepanzerte Fahrzeuge zerstört worden, teilte der für diesen Frontabschnitt zuständige Kommandeur Olexandr Tarnawskyj auf Telegram mit. Die russischen Angriffe, unterstützt von Kampfflugzeugen und Artillerie, seien abgeschlagen worden. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

Die Ukraine wehrt seit über 20 Monaten eine russische Invasion ab. Nahe Awdijiwka verlief bereits seit 2014 die Frontlinie zu den von Moskau unterstützten Separatisten. Aktuell ist die stark zerstörte Stadt bereits von drei Seiten von russischen Truppen umgeben. Die russisch kontrollierte Gebietshauptstadt Donezk liegt nur wenige Kilometer südlich von Awdijiwka entfernt.

+++ Selenskyj erwartet Verhandlungen zu EU-Beitritt +++

Nach dem Besuch von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Kiew rechnet die ukrainische Staatsführung nach eigenen Angaben noch in diesem Jahr mit dem Beginn von EU-Beitrittsverhandlungen. «Heute habe ich positive Signale von der Präsidentin der EU-Kommission gehört hinsichtlich unseres Fortschritts für einen Start der Verhandlungen», sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner am Samstag verbreiteten abendlichen Videobotschaft. Von der Leyen hatte der Ukraine, die sich seit mehr als 20 Monaten gegen den russischen Angriffskrieg verteidigt, zuvor Erfolge bei ihren Reformbemühungen bescheinigt.

Über den Beginn der Beitrittsverhandlungen sollen die Staats- und Regierungschefs der EU im Dezember entscheiden. Selenskyj betonte in seiner Ansprache, dass die Ukrainer sich daran gewöhnen sollten, Teil der Europäischen Union zu werden. Die Zeit, da die ukrainische Flagge in Brüssel mit den Fahnen anderer EU-Staaten wehen werde, rücke näher. «Ich danke Präsidentin von der Leyen für ihre starke und grundsätzliche Unterstützung.»

Wolodymyr Selenskyj empfängt Ursula von der Leyen am Bahnhof. Von der Leyen ist zu ihrem sechsten Besuch in der Ukraine seit dem russischen Angriff vor gut 20 Monaten eingetroffen (Bild: Philipp von Ditfurth/dpa)
Wolodymyr Selenskyj empfängt Ursula von der Leyen am Bahnhof. Von der Leyen ist zu ihrem sechsten Besuch in der Ukraine seit dem russischen Angriff vor gut 20 Monaten eingetroffen (Bild: Philipp von Ditfurth/dpa)

Es gehe nicht darum, dass die EU der Ukraine etwas vorschreibe, betonte Selenskyj mit Blick etwa auf den von Brüssel immer wieder geforderten Kampf gegen Korruption. «Die Transformation unseres Landes ist etwas, das wir selbst brauchen», sagte er. Die Ukraine habe trotz des Krieges in Rekordgeschwindigkeit den EU-Kandidatenstatus erhalten und nun auch die Voraussetzungen geschaffen für den Beginn der Verhandlungen über den Beitritt.

Von der Leyen will an diesem Mittwoch den EU-Fortschrittsbericht zur Ukraine vorlegen. Das Land habe viele Etappenziele auf dem Weg zu einem Beitritt zur Europäischen Union erreicht, sagte sie. Von der Leyen nannte die Reform des Justizsystems, die Eindämmung des Einflusses der Oligarchen und die Bekämpfung der Geldwäsche. Sie war am Samstagmorgen zu ihrem sechsten Besuch in dem Land seit Beginn des russischen Angriffskriegs am 24. Februar 2022 eingetroffen.

+++ Trauer um tote Soldaten in Ukraine – Minister kündigt Aufklärung an +++

In der Ukraine sind bei einer umstrittenen Zeremonie im Frontgebiet nach offiziellen Angaben zahlreiche Soldaten durch einen russischen Angriff getötet worden. Die Soldaten nahmen demnach im Gebiet Saporischschja an einer Ehrung zum Tag der Artillerie teil, also dort russische Geschosse einschlugen. Das Internetportal «Ukrainska Prawda» berichtete von mehr als 20 Toten. Verteidigungsminister Rustem Umjerow bestätigte die «Tragödie», nannte aber keine Zahlen. Die Behörden in der Heimatregion der Soldaten im Gebiet Transkarpatien setzten am Sonntag eine dreitägige Trauer an.

Minister Umjerow sprach den Angehörigen der «gefallenen Soldaten der 128. Gebirgsjägerbrigade Transkarpatien» bei Facebook sein Beileid aus. Er nannte keine Details – auch nicht den Tag. Der Vorfall soll sich bereits am Freitag ereignet haben. «Alle Umstände dessen, was passiert ist, werden aufgeklärt», teilte er mit. «Unser Feind ist ein heimtückischer Terrorist.» Verwandte und Freude sollten ehrliche Antworten erhalten.

Der Chef der Militärverwaltung von Transkarpatien, Viktor Mykyta, teilte am Sonntag mit, die «Brüder» seien auf tragische Weise getötet worden. In den kommenden Tagen sollten Staatsflaggen auf halbmast gesenkt und morgens Schweigeminuten gehalten werden.

In sozialen Netzwerken gab es scharfe Kritik an der Militärführung, dass eine solche Zeremonie im Frontgebiet überhaupt zugelassen wurde. Die Verantwortlichen müssten bestraft werden, forderten Ukrainerinnen und Ukrainer in Kommentarspalten. Berichten zufolge hatten die Behörden und der Minister den Vorfall zudem erst bestätigt, nachdem die Informationen lange in sozialen Netzwerken und schließlich auch in den Medien kursierten.

+++ Ukraines Luftwaffe trifft russisches Kriegsschiff in Werft auf Krim +++

Die ukrainischen Luftstreitkräfte haben nach eigenen Angaben ein neues russisches Kriegsschiff in einer Werft auf der von Moskau annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim zerstört. Der Kommandeur der Luftwaffe, Generalleutnant Mykola Oleschtschuk, teilte auf seinem Telegram-Kanal am Sonntag mit, dass der Treffer bestätigt sei. Zuvor hatte er ein Video veröffentlicht, das den Angriff auf die Werft im Küstenort Kertsch zeigen soll. Demnach war da noch nicht klar, ob das Schiff der russischen Kriegsmarine tatsächlich getroffen worden war. Auch russische Medien berichteten unter Berufung auf das Verteidigungsministerium in Moskau von dem Schlag.

Die Werft Saliw sei am Samstagabend mit Raketen beschossen worden, meldete die russische Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf das Ministerium in Moskau. 13 von 15 Raketen seien von der russischen Flugabwehr abgefangen worden. Demnach bestätigte das Ministerium, dass auch ein Schiff beschädigt worden sei. Die Werft auf der von Russland schon 2014 unter Bruch des Völkerrechts annektierten Krim gilt als eine der größten in Osteuropa und ist mit Sanktionen des Westens belegt.

Nach Darstellung des ukrainischen Luftwaffen-Chefs Oleschtschuk sollte das zerstörte Kriegsschiff der russischen Schwarzmeerflotte für den Abschuss von Marschflugkörpern eingesetzt werden. Die russische Marine sei «skalpiert» worden, schrieb er unter Anspielung auf die von Frankreich gelieferten Marschflugkörper vom Typ Scalp. Die Ukraine hatte von Großbritannien und Frankreich die Marschflugkörper der praktisch identischen Typen Storm Shadow und Scalp erhalten.

+++ London: Witterung macht Russen in der Ukraine zu schaffen +++

Die russischen Invasionstruppen in der Ukraine leiden nach Einschätzung britischer Geheimdienstexperten schon vor Wintereinbruch unter den schlechten Witterungsbedingungen. Das geht aus dem täglichen Geheimdienstbericht des Verteidigungsministeriums in London vom Sonntag hervor.

Kürzlich von der Front zurückgekehrte Soldaten hätten bei einer Konferenz in Moskau geklagt, sie seien wochenlang «von Kopf bis Fuß» nass gewesen, hieß es demnach. Aus Furcht, durch ein Feuer die Aufmerksamkeit ukrainischer Streitkräfte auf sich zu ziehen, hätten sie sich nicht einmal eine Tasse Tee kochen können, habe sich einer der Männer beklagt. Das Essen sei eintönig und der Schlamm allgegenwärtig.

Offen zugängliche Quellen legten nahe, dass die russischen Streitkräfte ein sehr niedriges Niveau bei der grundlegenden Feldverwaltung hätten, hieß es in der Mitteilung weiter. «Das ist wahrscheinlich zum Teil durch das Fehlen motivierter Nachwuchsoffiziere und variierende logistische Unterstützung begründet», so die Briten.

+++ «The Observer»: Westen muss der Ukraine weiter beistehen +++

Die britische Sonntagszeitung «The Observer» warnt vor einem Nachlassen der Unterstützung des Westens für die Ukraine:

«Das Weiße Haus, das von den Demokraten im Senat unterstützt wird, ist entschlossen, weiterhin an die Ukraine zu glauben - und zwar aus Gründen, die über den unmittelbaren Konflikt hinausgehen. Lloyd Austin, der US-Verteidigungsminister, war deutlich. "Ich kann garantieren, dass Putin ohne unsere Unterstützung erfolgreich sein wird", sagte er vor dem Senat - und ein solches Ergebnis würde die anderen Nachbarn Russlands gefährden.

Wie zum Beweis hat Dmitri Medwedew, ein ehemaliger Präsident und lautstarker Putin-Anhänger, letzte Woche das Nato-Mitglied Polen gewarnt, dass Moskau es als "gefährlichen Feind" betrachte, der mit seiner Unterstützung für die Ukraine "den Tod der polnischen Staatlichkeit" riskiere. Da Putin offensichtlich auf einen "Sieg" aus ist, was immer das auch bedeuten mag und was immer es auch kosten mag, ist jetzt nicht der Moment für den Westen, in seiner Unterstützung für die Ukraine zu schwanken.»

+++ Von der Leyen lobt Reformerfolge der Ukraine +++

Die Ukraine erfüllt die Voraussetzungen für EU-Beitrittsverhandlungen laut von der Leyen inzwischen fast vollständig. «Sie haben bereits deutlich über 90 Prozent des Wegs hinter sich», sagte sie in einer Rede vor der Obersten Rada, dem ukrainischen Parlament. Es seien bereits viel größere Fortschritte gemacht worden, als von einem Land im Krieg erwartet werden könnten.

«Sie führen einen existenziellen Krieg, und gleichzeitig sind Sie dabei, Ihr Land tiefgreifend zu reformieren», sagte von der Leyen auch nach einem Treffen mit Selenskyj. Die bisher erreichten Etappenziele nötigten ihr Respekt ab. «Dies ist das Ergebnis harter Arbeit, und ich weiß, dass Sie dabei sind, die noch ausstehenden Reformen zu vollenden.»

Den Beginn der Beitrittsverhandlungen müssen die 27 EU-Staaten einstimmig beschließen. Aus Kommissionskreisen hieß es zuletzt, dass die Ukraine sehr große Fortschritte gemacht habe, es aber vermutlich noch nicht möglich sein werde, alle sieben Voraussetzungen als uneingeschränkt erfüllt zu bewerten. Voraussichtlich werde den EU-Staaten deswegen empfohlen, den Beginn der Beitrittsverhandlungen zwar zu beschließen, den ersten Verhandlungstermin aber erst nach Erfüllung aller Reformauflagen festzulegen.

+++ Selenskyj sieht keine Pattsituation im Krieg mit Russland +++

Präsident Selenskyj wies indes Befürchtungen von Armeeoberbefehlshaber Walerij Saluschnyj zurück, der Krieg könnte sich im jetzigen Stadium festfahren. «Heute sind die Leute müde, alle werden müde, und es gibt verschiedene Meinungen. Das ist klar, doch gibt es keine Pattsituation», sagte Selenskyj. General Saluschnyj hatte in einem Beitrag für die britische Zeitschrift «The Economist» erklärt, dass die Ukraine in einem Stellungskrieg gefangen sei.

Bild: dpa
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Wegen der russischen Luftüberlegenheit seien die Ukrainer zurückhaltender beim Einsatz ihrer Soldaten, erklärte Selenskyj. Die im kommenden Jahr erwarteten F-16-Kampfjets und eine stärkere Flugabwehr würden die Situation zu ukrainischen Gunsten ändern.