"Weltspiegel"-Doku zeigt: So gespalten ist die russische Bevölkerung

Fast ein Jahr nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine bleibt die Frage: Wie steht die Bevölkerung Russlands zu Putins Krieg? (Bild: WDR/Andreas Hougardy/dpa/Shutterstock)
Fast ein Jahr nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine bleibt die Frage: Wie steht die Bevölkerung Russlands zu Putins Krieg? (Bild: WDR/Andreas Hougardy/dpa/Shutterstock)

 

Im Februar jährt sich die Invasion russischer Truppen in die Ukraine zum ersten Mal. Eine eindrückliche Dokumentation im Ersten zeigt nun, wie Menschen in Russland heute zum Krieg stehen.

"Mir ist wichtig zu sagen, dass es uns gibt - und dass wir viele sind, trotz allem", betont Darja Heikinen. Die 18-jährige Russin hält nichts von Putins Angriffskrieg. Wie viele ihrer Mitbürgerinnen und Mitbürger ging sie im vergangenen Februar kurz nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine auf die Straße, um gegen das Regime zu demonstrieren. Nach einer Festnahme sei sie jedoch vorsichtiger geworden. "Für einen falsch formulierten Satz oder ein falsches Wort in sozialen Netzwerken kann man zehn Jahre ins Gefängnis kommen", erklärt die junge Aktivistin. "Trotzdem bin ich sicher, dass die Zivilgesellschaft Wege findet, ihre Meinung kundzutun."

Dass längst nicht jeder in Russland dem Kreml derart kritisch gegenübersteht, zeigt die "Weltspiegel"-Dokumentation "Russland im Krieg: Mitmachen oder schweigen?" (zu sehen am Sonntag 8. Januar, 18.30 Uhr im Ersten und in der ARD Mediathek). Für seinen aufschlussreichen Film begleitete ARD-Korrespondent Demian von Osten vier Russinnen und Russen, darunter auch Roman Ponomarjow. Der Landwirt ist ein überzeugter Unterstützer der Putin-Regierung. Auf seinem Hof in Stawropol hat Ponomarjow sogar ein großes "Z" aus Stroh aufgestellt - um seine Solidarität mit den Truppen seines Heimatlandes zu demonstrieren. Er ist sich sicher: All das, was in Talkshows und den Nachrichten über die angebliche "Spezialoperation" berichtet wird, muss wahr sein.

Für seine Dokumentation trifft ARD-Korrespondent Demian von osten (rechts) den Landwirt Roman Ponomarjow. Er hat auf seinem Hof ein großes
Für seine Dokumentation trifft ARD-Korrespondent Demian von osten (rechts) den Landwirt Roman Ponomarjow. Er hat auf seinem Hof ein großes

 

Von Kriegsbefürwortern- und gegnern

"Ich verstehe nicht, warum die Ukraine diesen Weg geht", sagt er. Ponomarjow ist fest überzeugt von der russischen Propaganda und hält die Ukraine für den Aggressor. In seinem Leben hat sich seit Beginn des Krieges kaum etwas verändert. Lediglich zwei seiner Angestellten wurden eingezogen; beide Männer seien in der Zwischenzeit nahezu unversehrt nach Russland zurückgekehrt, so der Landwirt. Lediglich der neue Friedhof, der sich nur wenige Kilometer von Ponomarjows Hof befindet, erinnert an das, was im Nachbarland derzeit geschieht: Dort, in der noch jungen Ruhestätte, reiht sich ein frisches Grab an das nächste. Bei den Toten handelt es sich um Soldaten aus Stawropol, die es - anders als Ponomarjows Mitarbeiter - nicht lebend aus dem Krieg zurückgeschafft haben.

Im Laufe des 45-minütigen Filmes wird vor allem eines klar: Es ist ein gespaltenes Land, aus dem von Osten gemeinsam mit der Filmemacherin Ulrike Brinker berichtet. Darüber sprechen, dass sie Putin ablehnen, können die Gegner seiner Politik allerdings kaum. Zu groß ist die Gefahr, vom Staat oder anderen Bürgerinnen und Bürgern bedroht zu werden. Die Dokumentation zeigt: Wer keine Strafen riskieren will, hat letztlich zwei Optionen: schweigen - oder das Land verlassen.

Nur wenige Kilometer von Ponomarjows Bauernhof befindet sich ein Friedhof, der eigens für in der Ukraine gefallene Soldaten angelegt wurde. (Bild: WDR)
Nur wenige Kilometer von Ponomarjows Bauernhof befindet sich ein Friedhof, der eigens für in der Ukraine gefallene Soldaten angelegt wurde. (Bild: WDR)