Chilenen stimmen über neue Verfassung ab – mit ungewissem Ausgang

In Chile stimmen die Bürger über eine neue Verfassung ab. Der Ausgang des Votums ist ungewiss. "Ich garantiere, dass wir unabhängig vom Ergebnis der Abstimmung alle Organisationen, die Zivilgesellschaft und auch die Parteien zum Zusammenhalt aufrufen werden", so Präsident Gabriel Boric, "wir werden uns jede Meinung anhören und den Weg der Reformen weitergehen."

Für den jungen Präsidenten wäre die Annahme der neuen Verfassung ein Erfolg. Er wünscht sich einen Sozialstaat nach europäischem Modell. Der Entwurf sieht ein Recht auf Wohnraum, Gesundheit und Bildung vor, und erstmals wird auch das Selbstbestimmungsrecht indigener Völker anerkannt – in anderen südamerikanischen Staaten ist man da schon weiter. Doch der Verfassungsentwurf hat auch zahlreiche Gegner. Konservative fürchten, die neue Verfassung könnte den wirtschaftlichen Erfolg des Landes gefährden.

Die derzeitige Verfassung stammt noch aus der Zeit von General Pinochets Militärdiktatur von 1973 bis 1990). Sie ist wirtschaftsliberal, dem Staat wird in Schlüsselbereichen nur eine geringe Rolle zuteil, wichtige Bereiche wie Gesundheitssystem und Wasserversorgung waren damals privatisiert worden. Zwar hat die wirtschaftsliberale Ausrichtung des Landes viele Kritiker, 2019 kam es unter anderem zu Massenprotesten wegen einer drastischen Erhöhung der Preise im öffentlichen Personenverkehr. Allerdings galt Chile lange Zeit aufgrund der relativen wirtschaftlichen Stabilität auch als Musterbeispiel in Südamerika. Sozialistische Regierungen haben auf dem Kontinent immer wieder mit schweren Finanzkrisen und Korruption zu kämpfen.