EU-Renaturierungsgesetz: Regierungsstreit in Österreich sorgt für Unsicherheit

Ein Regierungsstreit in Österreich hat für weitere Unsicherheit um das seit Monaten umkämpfte EU-Renaturierungsgesetz gesorgt. "Ich werde dieses Gesetz heute unterstützen", sagte die grüne österreichische Klimaschutzministerin Leonore Gewessler. (Daniel MIHAILESCU)
Ein Regierungsstreit in Österreich hat für weitere Unsicherheit um das seit Monaten umkämpfte EU-Renaturierungsgesetz gesorgt. "Ich werde dieses Gesetz heute unterstützen", sagte die grüne österreichische Klimaschutzministerin Leonore Gewessler. (Daniel MIHAILESCU)

Ein Regierungsstreit in Österreich hat für weitere Unsicherheit um das seit Monaten umkämpfte EU-Renaturierungsgesetz gesorgt. "Ich werde dieses Gesetz heute unterstützen", sagte die grüne österreichische Klimaschutzministerin Leonore Gewessler am Montag vor Beratungen mit ihren EU-Kollegen in Luxemburg. Der konservative österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer erklärte eine solche Zustimmung hingegen für rechtswidrig und drohte mit einer Klage vor dem europäischen Gerichtshof (EuGH).

Mit dem Gesetz will die EU die Umweltzerstörung in den Mitgliedstaaten zurückdrehen. Es würde die EU-Länder verpflichten, bis 2030 mindestens je 20 Prozent der geschädigten Flächen und Meeresgebiete wiederherzustellen und bis 2050 alle bedrohten Ökosysteme. Darauf hatten sich die Unterhändler der Mitgliedstaaten bereits im November mit den Abgeordneten des Europaparlaments geeinigt. Insbesondere die Landwirtschaft sieht das Gesetz kritisch.

Die endgültige Zustimmung der 27 EU-Länder zu dieser Einigung galt eigentlich als Formalie. Eine für März angesetzte Abstimmung unter den Umweltministern wurde jedoch abgesagt, weil die nötige Mehrheit nicht zustande kam, nachdem Ungarn seine Position geändert hatte. Das Gesetz war seitdem blockiert.

Die Verhältnisse im Rat der Mitgliedstaaten sind knapp: Neben Ungarn waren zuletzt Italien, die Niederlande und Schweden nach Diplomatenangaben gegen das Gesetz. Belgien, Polen, Finnland und Österreich wollten sich enthalten, was sich wie eine Gegenstimme auswirkt. Für die nötige qualifizierte Mehrheit von mindestens 15 Mitgliedstaaten und mindestens 65 Prozent der Bevölkerung fehlte damit ein EU-Land.

In Österreich ist insbesondere die grüne Umweltministerin Gewessler für das Gesetz, Agrarminister Norbert Totschnig hatte sich jedoch dagegen ausgesprochen. Auch die Bundesländer blockierten mit ihrer einheitlichen Ablehnung die österreichische Zustimmung in Brüssel. Die Länder Wien und Kärnten hätten zuletzt aber Bewegung signalisiert, erklärte das Umweltministerium am Sonntag. Damit sei es rechtmäßig, auf EU-Ebene zuzustimmen.

Der vom Koalitionspartner ÖVP geführte Bundeskanzleramt sah einem Brief vom Sonntag zufolge hingegen keine solche Grundlage für eine Zustimmung und drohte mit einer Nichtigkeitsklage vor dem EuGH, die das Gesetz kippen könnte. "Ich weiß, dass ich in Österreich auf Widerstand stoßen werde", sagte Gewessler in Brüssel. Einer Klage sehe sie aber gelassen entgegen. "Ich bin davon überzeugt, dass es jetzt an der Zeit ist, dieses Gesetz zu verabschieden."

Elf EU-Länder, darunter Deutschland, hatten noch im Mai in einem Schreiben an den belgischen Ratsvorsitz einen Beschluss des Renaturierungsgesetzes im Juni gefordert. Die Hängepartie um einen zuvor vereinbarten Kompromiss "gefährdet unsere demokratischen Institutionen", hieß es in dem Brief auf Initiative Irlands. Im Juli übernimmt zudem Ungarn mit seiner rechtsnationalistischen Regierung turnusmäßig die EU-Ratspräsidentschaft.

jhm/pe