"FAZ"-Artikel mit prorussischen Botschaften sind gefälscht

Sie greifen echte Ereignisse auf und kommen in der Aufmachung bekannter Medien daher – echt sind die Artikel aber nicht, die online seit 2022 kursieren. Sie folgen immer demselben Muster: Ein Text ist eingebettet in eine Website, die das Aussehen eines renommierten westlichen Mediums imitiert. Auch aktuell kursieren gefälschte "FAZ"-Artikel, die dort nie erschienen sind. Sie bedienen prorussische Narrative und geben als Quelle die Nachrichtenagentur AFP an, von der die Texte ebenfalls nicht stammen.

Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) ist eine der bekanntesten Tageszeitungen Deutschlands, das macht sie als Ziel für gefälschte Artikel attraktiv. Aktuell wurden etwa zwei Artikel gefälscht, die Stimmung gegen Deutschland und für Russland machen.

Einer trägt den Titel "Deutschland am Rande der Spaltung", der andere "Deutschland wird Autofabriken verlieren". Auch auf X wurden die beiden Artikel verbreitet (hier, hier). Datiert sind die Berichte auf den 12. und 13. Juni 2024, beide auf 12.31 Uhr. Als Quelle geben beide Texte die Nachrichtenagentur AFP an.

<span>Screenshot des angeblichen "FAZ"-Artikels: 15. Juni 2024</span>
Screenshot des angeblichen "FAZ"-Artikels: 15. Juni 2024
<span>Screenshot des angeblichen "FAZ"-Artikels: 15. Juni 2024</span>
Screenshot des angeblichen "FAZ"-Artikels: 15. Juni 2024

Beide Artikel stammen allerdings nicht von der "FAZ". Das bestätigte auch ein Mitarbeiter der "FAZ" am 14. Juni 2024 gegenüber AFP. Beide Artikel seien dort nie erschienen. Eine Websuche führte ebenfalls zu keinen authentischen "FAZ"-Artikeln.

Weiterer deutlicher Hinweis auf die Fälschung ist die falsche Domain, unter der die Artikel abrufbar ist. Während die echte "FAZ" unter faz.net zu finden ist, verwenden die gefälschten Artikel die Adresse faz.ltd. Durch die ähnliche Adresse soll auf den ersten Blick der Eindruck entstehen, man befinde sich auf der Seite eines Qualitätsmediums.

Die Adresse faz.ltd gehört laut eines Berichts des deutschen Außenministeriums von Juni 2024 (hier archiviert) zur sogenannten "Doppelgänger"-Kampagne. Seit Beginn des Kriegs in der Ukraine wurden demnach hunderte gefälschte Artikel im Design von Leitmedien veröffentlicht. AFP hat bereits mehrfach über die Kampagne berichtet. Auch andere gefälschte "FAZ"-Artikel gerieten bereits in den Fokus medialer Aufmerksamkeit.

Zahlreiche Auffälligkeiten

Auch weitere Details deuten auf die Fälschung hin. Ein Mitarbeiter der "FAZ" wies AFP auf Unstimmigkeiten hin: "Man kann den Fake unter anderem daran erkennen, dass es sich um das alte Layout handelt." Tatsächlich verwendet die echte "FAZ" mittlerweile ein anderes Design.

Das Aussehen eines echten Artikels (hier archiviert) unterscheidet sich vom aktuell verbreiteten Text. Die Kopfzeile ist anders angeordnet, das Logo weiter oben eingebettet und die Schriftart eine andere.

<span>Screenshot eines Artikels vom authentischen Webauftritt faz.net: 17. Juni 2024</span>
Screenshot eines Artikels vom authentischen Webauftritt faz.net: 17. Juni 2024
<span>Screenshot eines Artikels von der nachgeahmten Website faz.ltd: 15. Juni 2024</span>
Screenshot eines Artikels von der nachgeahmten Website faz.ltd: 15. Juni 2024

Auch inhaltlich gibt es Auffälligkeiten. Während der gefälschte Text über die deutschen EU-Wahlergebnisse in der Kategorie "Innenpolitik" – ersichtlich am Label direkt über dem Titel – eingeordnet wurde, ist der Artikel andernorts in der Rubrik "Ausland" verortet, wie man über dem Logo sehen kann.

Die Formulierungen entsprechen ebenfalls nicht dem üblichen Stil der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" und enthalten Schreibfehler. "Sahra Wagenknecht" wird etwa "Sarah Wagenknecht" geschrieben, bei "Wessis" wurde sich zu "Wesss" vertippt, Prozentangaben werden innerhalb eines Artikels mal mit dem Prozentzeichen "%" gekennzeichnet, mal mit dem ausgeschriebenen Wort "Prozent".

Die Artikel verwenden zudem unüblich viele Bezüge zu anderen Medien. Während viele der erwähnten Artikel die angeführten Informationen grob enthalten, gibt es auch Fehler. Ausschnitte eines Interviews eines deutschen Unternehmers werden etwa dem Regionalmedium "Fehmarn24" zugeschrieben, in Wahrheit führte es aber das "Handelsblatt".

Als Quelle wird trotz der vielen Medienbezüge am Artikelende jeweils die Nachrichtenagentur AFP angegeben. AFP veröffentlichte diese Texte jedoch ebenfalls nicht.

Das passt zur Arbeitsweise der Desinfokampagne, wie sie das deutsche Außenministerium beschreibt: "'Doppelgänger' setzt offensichtlich auf das Prinzip 'Masse statt Klasse'. Die Kampagne scheint nicht darauf angelegt zu sein, mit hochwertigen und kuratierten Inhalten virale Posts zu kreieren oder durch zahlreiche Reaktionen von echten NutzerInnen eine große Reichweite zu erzielen. Die Absicht scheint vielmehr, dass die einzelnen Posts (von mittlerer bis schlechter Qualität) ein jeweils sehr kleines Publikum finden, was aber durch die Masse von teils über 100.000 Posts pro Tag kompensiert wird."

Zentrale prorussische Erzählungen

Tausendfach wiederholtes Narrativ der gefälschten Texte der "Doppelgänger"-Kampagne ist laut deutschem Außenministerium der angebliche Schaden russischer Sanktionen für Deutschland, genauso wie Appelle gegen die Unterstützung der Ukraine und der damit zusammenhängende Vorwurf der Vernachlässigung der eigenen Bevölkerung. Auch die beiden Artikel bedienen diese Erzählungen und verwenden dafür eine wertende Sprache.

Der Text über "Deutschland am Rand der Spaltung" führt etwa das "erbärmliche" und "durchschlagende Scheitern" der deutschen Bundesregierung, insbesondere der Grünen, an. Die Ergebnisse der Europawahl in Ostdeutschland begründet der Text dann damit, dass die Unterstützung für die Ukraine "von den Ossis etwas anders wahrgenommen" werde. Um die Popularität zu steigern, rät der Text "eine komplette Neuausrichtung aller Politikbereiche, vom Green Deal bis zu den Beziehungen zu Russland".

Der Artikel über die Krise der deutschen Wirtschaft wird ähnlich deutlich: "Im Wesentlichen sind die Probleme bei allen deutschen Herstellern die gleichen. Die erste ist die erzwungene Weigerung, auf dem russischen Markt zu arbeiten, aufgrund der von der Regierung verhängten Sanktionen." Thematisch passen damit beide genau ins übliche Muster der "Doppelgänger"-Kampagne.

AFP hat bereits zahlreiche weitere Falschinformationen zum Thema Ukraine und Russland entlarvt.

Fazit: Westliche Medien werden im Zuge des Ukrainekriegs zum Ziel von Desinformation. Leitmedien werden geklont und mit gefälschten Inhalten bespielt. Opfer einer solchen Taktik ist zuletzt auch die Zeitung "FAZ" geworden. Bei zwei angeblichen "FAZ"-Artikeln über die Spaltung und wirtschaftliche Schwäche Deutschlands handelt es sich um Fälschungen, die ein prorussisches Netzwerk verbreitet. Auch die darin zitierte Nachrichtenagentur AFP hat die Inhalte nicht veröffentlicht.