„Der feine Spott“ - In Geburtstags-Lobrede gibt Habeck Merkel Mitschuld an der Ampel-Unbeliebtheit

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Robert Habeck mag den feinen Spott von Angela Merkel.Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa

16 Jahre lang prägte sie Deutschland als Bundeskanzlerin - im Juli wird Angela Merkel 70 Jahre alt. Zu ihrem runden Geburtstag würdigt Vizekanzler Robert Habeck Merkels Humor und Normalität - doch kritisiert auch ihr Wirken. Es seien notwendige Veränderungen liegen geblieben.

Robert Habeck hat Angela Merkel einen „schneidenden Witz“ attestiert. In einem Beitrag für das Magazin „Rolling Stone“ (Juli-Ausgabe, erscheint am 28.6.) gratuliert der grüne Vizekanzler und Wirtschaftsminister Angela Merkel zu ihrem anstehenden 70. Geburtstag am 17. Juli und zeichnet ein ausbalanciertes Psychogramm der Bundeskanzlerin a.D.: „Der feine Spott“, schreibt Habeck, „war bei ihr so zu Hause wie der schneidende Witz und Humor – das Pathos, die Emotion, die Leidenschaft weniger. Merkel als Kanzlerin war, wie sie sprach: nüchtern und analytisch.“

Habeck: „Ära Merkel“ hat Deutschland Stabilität gebracht

Habeck beschreibt Merkel als eine Regierungschefin, die dem Land und seinen Bürgern „Normalität in Perfektion“ geboten habe. „Merkel konnte man sich beim Kuchenbacken oder Kartoffelschälen oder beim ‚Tatort`-Gucken vorstellen“, so Habeck im „Rolling Stone“. Sie sei eine Regierungschefin gewesen, von der man gewusst habe, dass sie in den Supermarkt und ins Kino ging. „Man spürte eine Nahbarkeit, eine wohltuende Normalität“, so Habeck.

„Die Ära Merkel“ habe dem Land „Stabilität, der Union die Mitte und den Deutschen das Gefühl gegeben, dass wir Weltmeister bleiben können, indem wir alles lassen, wie es ist.“

Eine von Merkels großen Leistungen sei, „dass sie die Union über sechzehn Jahre lang in der Mitte gehalten, sie immun gegen die Versuchung des rechten Populismus gemacht“ habe. Was man für die Zeit nach ihr „nicht ungebrochen sagen kann“, so der Grünen-Politiker in seinem Beitrag für die deutsche Ausgabe des „Rolling Stone“. Merkels „Umgang mit männlichen Parteigranden“ bezeichnet Habeck dabei als einen „Sieg über den Chauvinismus“.

In Merkel-Ära sei auch viel liegen geblieben

Aber der grüne Wirtschaftsminister blickt auch kritisch auf das Wirken der damaligen Kanzlerin. Etliches an notwenigen Veränderungen sei liegen geblieben, „aus Sorge, dass es mit Zumutungen einhergeht“. In diesem Erbe sieht Habeck auch eine Erklärung für die Unbeliebtheit der Ampelkoalition. „Natürlich gibt es auch Management- oder Performanceprobleme“, schreibt er. „Aber vielleicht gerät Zustimmung nach einer langen Phase ohne Anstrengung auch strukturell unter Druck, wenn eine Regierung eine Reformregierung ist.“

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