Gemälde sorgt für Ärger an niederländischer Uni

Viel Rauch um Nichts?

Nicht nur Kartoffelbrei kann für ordentlichen Gemälde-Ärger sorgen. Ein abgehängtes Ölbild an der Universität Leiden erhitzt nun die Gemüter. Es geht um die vermeintliche "Cancel Culture".

An der Universität Leiden gibt es Ärger um ein Gemälde. (Bild: Getty)
An der Universität Leiden gibt es Ärger um ein Gemälde. (Bild: Getty)

Vorneweg, das fragliche Gemälde ist kein wirkliches Meisterwerk. Es ist stammt aus den 1970er Jahren und zeigt eine Gruppe von Vorstandsmitgliedern der Universität. Das Problem: Sie sind alle älter, männlich und rauchen Zigarren. Das, finden viele Studierende, unterstreiche das vorherrschende patriarchische System an Universitäten und zudem beschönige es den Akt des Rauchens.

Das Bild, dass in einem Konferenzraum hängt, sorgte nun schon ein paar Jahre lang für Diskussionen. Diese werden aber weit überschattet von dem Sturm, der nun losbrach, als das Gemälde abgehängt wurde. Denn während eines Meetings nahmen Professoren der Universität die Sache im November kurzentschlossen selbst in die Hand.

Tweet löst Shitstorm aus

"Done!" (Erledigt!) schrieb der Steuer und Sozialpolitik-Professor Koen Caminada auf seinem Twitter-Account. Dazu zeigte er ein Foto von dem umgedreht am Konferenztisch lehnenden Rahmen. Eine kleine Pointe: Interessanterweise wird dieser Post erst nach dem Anklicken eines Twitter-Warnhinweises sichtbar, der auf den "sensiblen Inhalt" aufmerksam macht.

Auch andere Angestellte der Universität teilten Bilder von der Aktion auf Twitter. Joanne van der Leun postete dazu den Satz: "Heute wurden an der Uni Leiden unmittelbare Handlungen vorgenommen."

Auf die Posts zum Abhängen des umstrittenen Gemäldes gab es reichlich emotionale Reaktionen. Rob de Wijk, Professor für Internationale Beziehungen behauptete, die Entfernung sei ein Versuch "die Geschichte umzuschreiben". Und auch der Maler des Kunstwerkes, der 90-jährige Rein Dool, fand die Aktion "dumm und traurig", wie der "Guardian" schrieb. Sogar ein ehemaliger Minister meldete sich zu Wort. Uri Rosenthal, ehemaliger Dozent an der Leiden Universität wetterte, es sei eine "Schande" und ein Beispiel von "Dummheit von sogenannten intellektuellen Professoren".

Uni rudert zurück

Der Bilderstreit von Leiden fällt in eine Zeit, in der die Debatte um eine angebliche "Cancel Culture" an Bildunsgeinrichtungen weltweit tobt. Besonders in den USA werden erbitterte Grabenkämpfe geführt. In Deutschland gab es ein frühes Bespiel an der Berliner Alice-Solomon-Hochschule. Dort wurde schließlich das Gedicht "Avenidas" von Eugen Gomringer von einer Wand entfernt, nachdem sich Studierende über den misogynen Inhalt beschwert hatten.

An der Universität Leiden sah man sich nun nach dem Shitstorm gezwungen, zurückzurudern. Ursprünglich hatte es von Seiten der Universität geheißen, das Bild sei "nicht länger relevant". Das Gemälde sei wieder aufgehängt worden, ließ die Präsidentin Annetje Ottow mitteilen. Es bedürfe einer längeren Debatte. Diese soll nun ein Anfang Dezember gesondert ernanntes Komitee führen. Dabei sollen gleich auch andere Kunstwerke an der Uni diskutiert werden.

Ottow betonte, das Gemälde stelle "sehr geschätzte ehemalige Mitglieder der Verwaltung" dar und zeichne ein "einmaliges, historisches Bild seiner Zeit". Als Lösung schlug sie vor, das Bild hängen zu lassen, es aber mittels einer Informationstafel mit Kontext zu versehen. Man werde sich aber alle Seiten anhören.

Professor Caminada, dessen Tweet die Aufregung angestoßen hatte, zeigte sich nun eher verschlossen. Auf Nachfrage des "Guardian" wollte er sich nicht mehr äußern. Kurz angebunden sagte er, es gebe "schon viel zu viel Aufmerksamkeit für diese Sache".

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