Kabinett beschließt Gesetz gegen sexuelle Gewalt an Kindern

Die Ampel-Koalition will Heranwachsende besser vor sexueller Gewalt schützen. Das Bundeskabinett stimmte am Mittwoch einem Gesetzentwurf "zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen" zu. (LOIC VENANCE)
Die Ampel-Koalition will Heranwachsende besser vor sexueller Gewalt schützen. Das Bundeskabinett stimmte am Mittwoch einem Gesetzentwurf "zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen" zu. (LOIC VENANCE)

Die Ampel-Koalition will Minderjährige besser vor sexueller Gewalt schützen. Einem entsprechendem Gesetzentwurf von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) stimmte das Bundeskabinett am Mittwoch zu. Mit diesem soll sowohl die Position der Missbrauchsbeauftragen als auch die der Betroffenen gestärkt werden. "Heute ist ein wichtiger Tag", sagte Paus nach dem Kabinettsbeschluss in Berlin. Betroffene hätten lange auf das Gesetz gewartet.

Allein im vergangenen Jahr waren laut Paus 18.500 Jungen und Mädchen von sexuellem Missbrauch betroffen, davon 2000 unter sechs Jahren. Pro Tag mussten demnach durchschnittlich 50 Kinder sexuelle Gewalt erleiden. Die Ministerin betonte: "Viel zu viele Kinder sind jeden Tag betroffen von sexuellem Missbrauch." Deswegen sei es geboten, "dass wir handeln, dass wir die Prävention noch einmal verbessern".

Konkret soll mit dem "Gesetz zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen" vor allem das Amt der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) aufgewertet werden.  Ähnlich der Wehrbeauftragten müsste diese künftig einen jährlichen Bericht an Bundestag, Bundesrat und Regierung vorlegen.

In diesem sollen sowohl das Ausmaß von Missbrauch als auch der Stand von Präventions- und Unterstützungsmaßnahmen abgebildet werden. Die derzeitige Amtsinhaberin, Kerstin Claus, nannte diese Berichtspflicht "die politische Säule des Gesetzes". Diese stelle sicher, "dass das Thema im politischen Handeln verankert ist". Gesetzlich festgeschrieben werden sollen weiter ein Arbeitsstab, ein Betroffenenrat und eine unabhängige Aufarbeitungskommission werden.

Mit dem Gesetz will die Bundesregierung auch die Interessen der Betroffenen stärker in den Blick nehmen. Sie sollen beispielsweise ein Recht auf Zugang zu ihren Akten beim Jugendamt bekommen, dies war ihnen bislang verwehrt. Geplant ist zudem die Schaffung eines Beratungssystems, welches Betroffene bei der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen unterstützen und begleiten soll. Das Gesetz "wird für viele Betroffene einen Unterschied machen", betonte Claus.

Mit dem Entwurf setzen SPD, Grüne und FDP ein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag um. "Die Arbeit des 'Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs' werden wir gesetzlich regeln und eine regelmäßige Berichtspflicht an den Deutschen Bundestag einführen", heißt es darin.

Mit dem nun erfolgten Kabinettsbeschluss "heben wir den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt strukturell auf die nächste Stufe", erklärten die Grünen-Bundestagsabgeordneten Denise Loop und Lamya Kaddor. Sie kündigten eine "konstruktive und zügige" Begleitung des Entwurfs im anstehenden parlamentarischen Verfahren durch ihre Fraktion an.

"Durch Sensibilisierung, Aufklärung und Qualifizierung kann sexuelle Gewalt früher aufgedeckt und verhindert werden", erklärte die SPD-Familienpolitikerin Leni Breymaier zu dem Gesetz. Die Aufarbeitung von Missbrauch sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. "Sexueller Missbrauch von Kindern geht uns alle an."

awe/hol