Kola-Bohrung: Schauriger Mythos um das tiefste Loch der Erde

Es wurde während des Kalten Krieges gebohrt

Tiefes Loch
Über 12 Kilometer tief ist das Loch, das durch die Kola-Bohrung entstand. Geplant waren eigentlich 15 Kilometer. (Symbolbild Getty Images)

Während des Kalten Krieges wurde auf der russischen Halbinsel Kola das tiefste Loch der Welt gebohrt. Es entstand im Rahmen eines sowjetischen Forschungsprojekts, das wissenschaftliche Erkenntnisse über Kupfer- und Nickelvorkommen, Seismik und Geothermie liefern sollte. Ganze 15 Kilometer tief sollte der Schacht ursprünglich werden. Die Planungen für die ehrgeizige Bohrung begannen bereits 1960, zehn Jahre später wurde schließlich mit den Arbeiten begonnen.

Doch wegen technischer Schwierigkeiten konnte das ursprüngliche Ziel nicht erreicht werden. In einer Tiefe von 12.262 Metern blieben die Bohrer schließlich stehen. Heute ist das Kola-Bohrloch versiegelt und die dazugehörige Forschungsstation verlassen. Doch noch immer ranken sich unheimliche Gerüchte um den Schacht, der so tief ins Innere unserer Erde führt wie kein anderer.

Kola-Bohrung: Rekordjagd während des Kalten Krieges

Es ist ein Superlativ, bei dem einem ein Schauer über den Rücken läuft: Inmitten der menschenleeren Weite der Kola-Halbinsel in der russischen Region Murmansk, befindet sich eine verlassene Forschungsanlage. Unter ihr befindet sich das tiefste Loch der Welt. Über 12 Kilometer fraß sich hier während des Kalten Krieges ein Bohrkopf durch Gesteinsschichten ins Innere der Erde. Neben Erkenntnissen zu Ressourcen und dem Aufbau der Erdkruste war die Bohrung vor allem ein Prestige-Projekt mit symbolischer Strahlkraft. Denn das bis dahin tiefste Bohrloch der Welt "Bertha Rogers" (Endtiefe 9.583 Meter) lag in den USA – ein Rekord, den die russischen Forschenden mit dem Kola-Bohrloch brechen wollten, um die Überlegenheit ihres Landes auf der Weltbühne zu demonstrieren.

Superloch im Baltischen Schild

Der Standort des Lochs wurde nicht zufällig gewählt: Die Kola-Halbinsel ist der obere Teil des Baltischen Schildes - eine riesige Formation aus Granit und Mineralien, die vor etwa drei Milliarden Jahren entstanden ist. Diese geologische Struktur ist eine der ältesten auf der Erde und deshalb wissenschaftlich von großem Interesse.

Kola-Bohrung von oben
Geologisch betrachtet gehört die Kola-Halbinsel zum Baltischen Schild, der hauptsächlich aus altem, hochfestem Gestein wie Granit und Gneis besteht. (Bild: Getty Images)

Bohrer kapitulieren nach 19 Jahren

Die Planungen für das Bohrloch auf der Kola-Halbinsel begannen bereits 1960. Die Bohrung startete zehn Jahre später. Ganze 19 Jahre drehte sich der Bohrkopf der Bohrmaschine "Uralmasch-15000". Das Ziel: ein 15 Kilometer tiefes Loch. Doch 1989 war bei 12.262 Metern schließlich Schluss. Auf Grund der Temperaturen in der Tiefe, die mit 180-200 Grad deutlich höher waren, als die Forschenden erwartet hatten, kapitulierte der Bohrer. Finanzierungsprobleme führten schließlich zum Abbruch des Projekts. 1992 wurde der Bohrturm zum Teil abgerissen und das Bohrloch mit einem Stahldeckel verschlossen.

Schauriger Mythos: Bohrung direkt in die Hölle?

Auf dem Weg in die Tiefe machten die Forschenden überraschende Entdeckungen: In einer Tiefe von 3.000 Metern stießen sie auf Mondgestein-ähnliche Substanz: In einer Tiefe von sechs Kilometern stießen sie auf Gold. Zudem fanden sie etwa heraus, dass die Temperaturen Richtung Erdkern viel höher waren, als sie zuvor berechnet hatten. Immer wieder gab es auch spekulative Gerüchte über die Kola-Bohrung: In 14 Metern Tiefe etwa soll der Bohrer plötzlich durchgedreht sein, weil er auf einen Hohlraum gestoßen war. Dort hätten die Forscherinnen und Forscher Temperaturen von über 1.000 Grad Celsius gemessen. Mit einem hitzebeständigen Mikrofon seien daraufhin grauenhafte Geräusche aus dem Loch aufgenommen worden: menschliche Schreie, wie sie nur unter größten Qualen entstehen. Schnell verbreitete sich der Mythos, die Geolog*innen hätten mit ihrem Bohrkopf direkt in die Hölle gebohrt.

Schreie aus der Tiefe: Wissenschaftler ordnet ein

Dass Forschenden damals menschliche Stimmen aus der Tiefe gehört haben sollen, hält Serge Shapiro, Professor für Seismologie und Geophysik an der Freien Universität Berlin für "Fake News". Das erklärt der Wissenschaftler in einem Interviel mit dem Portal "Travelbook". Dagegen seien Signale von seismischem Rauschen oder Mini-Erdbeben in so einer Tiefe durchaus wahrnehmbar.

Mythos verbreitet sich durch Scherz eines Lehrers

Woher der Mythos der gequälten Schreie aus der Tiefe genau stammt, ist nicht bekannt. Laut einem Bericht des "Spiegel" verbreitete sich die Mär vom Bohrschacht zur Hölle zunächst in christlichen Newslettern und lokalen Zeitungen in Finnland. Von dort wurde er vom US-amerikanischen religiösen Sender Trinity Broadcasting Network (TBN) aufgegriffen.

Zusätzlich befeuert wurde die Geschichte durch den norwegischen Lehrer Åge Rendalen. Nachdem Rendalen den Beitrag zur Kola-Bohrung auf TBN gesehen hatte, erlaubte er sich einen Spaß: Er gab in einem Leserbrief an den Sender vor, ein Spezialberater des norwegischen Justizministeriums zu sein und bestätigte die gruselige Geschichte um die Höllen-Bohrung mit zahlreichen erfundenen Details. Zwar gestand Rendalen schon kurze Zeit später, dass er sich nur einen Scherz erlaubt hatte. Doch TBN verbreitete die Geschichte dennoch weiter und auch mehrere US-Fernsehprediger übernahmen die öffentlichkeitswirksame Schauergeschichte in ihr Repertoire.

Rekord-Loch in Deutschland

Übrigens: Das tiefste, noch aktive Bohrloch der Welt befindet sich in Deutschland, genauer gesagt in Windischeschenbach in der Oberpfalz. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.