Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage
Washington/Kiew (dpa) - Die USA könnten der Ukraine übereinstimmenden Medienberichten zufolge bald ATACMS-Raketen mit höherer Reichweite zur Verfügung stellen. Die US-Regierung werde das von Kiew angeforderte Waffensystem zur Verteidigung gegen den Angreifer Russland in Kürze bereitstellen, berichteten die «Washington Post» und der US-Sender NBC News am Freitag unter Berufung auf mit der Sache vertraute Quellen. Während der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zu einem Besuch in Kanada weilte, wurden in seiner Heimat bei einem russischen Luftangriff auf die Stadt Krementschuk mehrere Menschen getötet und verletzt.
Berichte: Biden stellte kleine Zahl ATACMS-Raketen in Aussicht
Laut «Washington Post» handelt es sich um eine ATACMS-Variante, die mit Streumunition bestückt werden kann. NBC News berichtete, US-Präsident Joe Biden habe Selenskyj die Bereitstellung «einer kleinen Zahl» an ATACMS bei dessen Besuch in Washington am Donnerstag in Aussicht gestellt. Die US-Regierung bestätigte die Berichte nicht. «Ich habe nichts anzukündigen», sagte eine Sprecherin des Weißen Hauses beim Pressebriefing am Freitag auf Nachfrage. Aber man habe in der Vergangenheit immer deutlich gemacht, dass eine mögliche ATACMS-Lieferung nicht vom Tisch sei.
Selenskyj bedankt sich vor Kanadas Parlament für Unterstützung
Selenskyj bedankte sich derweil bei seinem ersten Besuch in Kanada seit der russischen Invasion im Februar 2022 für die Unterstützung des Nato-Landes. «Kanadas Unterstützung der Ukraine mit Waffen und Ausrüstung hat es uns ermöglicht, Tausende von Leben zu retten», sagte Selenskyj bei einer Rede vor dem Parlament in der Hauptstadt Ottawa. Er wurde mit großem Applaus und Jubel gefeiert. Zuvor war Selenskyj vom kanadischen Premierminister Justin Trudeau am Parlament empfangen worden.
Russland: UN-Vorschläge zu Getreidedeal «nicht realistisch»
Als nicht zielführend bewertet Russland Vorschläge von UN-Generalsekretär António Guterres zur Wiederbelebung des aufgekündigten Abkommens zum Export ukrainischen Getreides. «Wir lehnen sie nicht ab. Sie sind einfach nicht realistisch», sagte Russlands Außenminister Sergej Lawrow in New York. Er betonte dabei erneut, dass Russland trotz des nun ausgesetzten Deals nicht wie eigentlich vereinbart eigenes Getreide sowie Düngemittel habe ausführen können.
Guterres hatte Moskau vor einige Wochen detaillierte Vorschläge gemacht, damit Russland die erneute Blockade der Häfen im Schwarzen Meer beendet und das Abkommen wieder in Kraft setzt. In einem Brief schlug der UN-Chef Lawrow vor, Moskau könne mit der Gründung einer Tochtergesellschaft durch die sanktionierte russische Landwirtschaftsbank für bestimmte Zahlungen wieder an das internationale Finanzkommunikationsnetzwerk Swift angebunden werden.
Ein Toter und etliche Verletzte durch Angriff auf Krementschuk
In der zentralukrainischen Stadt Krementschuk wurde mindestens ein Mensch durch einen russischen Luftangriff getötet. Weitere 31 Menschen seien verletzt worden, darunter drei Kinder, teilte der Militärgouverneur der Region Poltawa mit. Nach seinen Angaben hatten die Russen mehrere Raketen auf das südöstlich von Kiew gelegene Krementschuk abgefeuert. Eines der Geschosse konnte die Luftverteidigung demnach abwehren, ein anderes habe ein ziviles Gebäude getroffen.
Ukraine bestätigt Angriff auf russische Schwarzmeerflotte
Die Ukraine bekannte sich verantwortlich für den Raketenangriff auf das Hauptquartier der russischen Schwarzmeerflotte auf der annektierten Halbinsel Krim. «Am 22. September gegen 12.00 Uhr haben die ukrainischen Verteidigungskräfte einen erfolgreichen Angriff auf den Kommandostab der russischen Schwarzmeerflotte im vorübergehend besetzten Sewastopol durchgeführt», teilte das ukrainische Militär mit.
Der britische Sender BBC veröffentlichte ein von ihm verifiziertes Video, das die zerstörerische Wucht des Raketeneinschlags in das Flotten-Hauptquartier zeigen soll. Unter Berufung auf eine ukrainische Militärquelle hieß es bei der BBC, das bei dem Angriff Marschflugkörper vom Typ Storm Shadow eingesetzt worden seien, wie sie Kiew aus Großbritannien und Frankreich bekommen hat. Schiffe der russischen Schwarzmeerflotte beschießen regelmäßig ukrainische Städte mit Raketen.
Russlands Lawrow: Kein Interesse an großem Krieg
Inmitten seines Angriffskriegs in der Ukraine hat der russische Außenminister Sergej Lawrow betont, sein Land habe kein Interesse an einem großen Krieg. «Es liegt ganz bei uns, wie sich die Geschichte entwickeln wird. Es liegt in unserem gemeinsamen Interesse, eine Abwärtsspirale in einen groß angelegten Krieg und den endgültigen Zusammenbruch der Mechanismen der internationalen Zusammenarbeit zu verhindern», sagte Lawrow bei der Generaldebatte der UN-Vollversammlung in New York. Lawrow nannte den Ukraine-Krieg und die Sorgen vor seiner Ausweitung oder gar einer nuklearen Konfrontation in diesem Zusammenhang nicht.