Krieg im Nahen Osten - Israels höchstes Gericht: Wehrpflicht gilt auch für Ultraorthodoxe

Bilder der Geiseln in Israel<span class="copyright">AFP via Getty Images</span>
Bilder der Geiseln in IsraelAFP via Getty Images

Die israelische Armee ermittelt gegen Soldaten, die einen Palästinenser auf einen Jeep gefesselt haben sollen. Das Auswärtige Amt ruft erneut alle Deutsche im Libanon auf das Land zu verlassen. Alle Entwicklungen im Newsticker.

Gallant: Israel will keinen Krieg im Libanon

Donnerstag, 27. Juni, 02.58 Uhr: Israel will nach Angaben von Verteidigungsminister Yoav Gallant keinen Krieg im Libanon. „Wir wollen keinen Krieg, aber wir bereiten uns auf jedes Szenario vor“, sagte Gallant am Mittwoch (Ortszeit) vor Reportern bei einem Besuch in Washington. „Die Hisbollah weiß sehr gut, dass wir im Libanon massiven Schaden anrichten können, wenn ein Krieg ausbricht“, fuhr er fort.

Israels Verteidigungsminister Joav Galant: „Hamas hat Kontrolle über Gaza verloren“<span class="copyright">Ariel Hermoni/Israel Mod/ZUMA Press Wire/dpa</span>
Israels Verteidigungsminister Joav Galant: „Hamas hat Kontrolle über Gaza verloren“Ariel Hermoni/Israel Mod/ZUMA Press Wire/dpa

Die radikalislamische Hisbollah-Miliz im Libanon greift den Norden Israels seit dem Beginn des Krieges zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen mit Raketen und Drohnen an. Israel reagiert auf den Beschuss verstärkt mit Angriffen auf Hisbollah-Stellungen im Südlibanon.

Die vom Iran unterstützte und mit der Hamas verbündete Schiiten-Miliz kontrolliert das Gebiet gleich hinter der Nordgrenze Israels. Angesichts der Drohungen beider Seiten war in den vergangenen Tagen die Furcht vor einer Eskalation gewachsen.

Auswärtiges Amt ruft Deutsche zur Ausreise aus dem Libanon auf

Mittwoch, 26. Juni, 20.14 Uhr: Das Auswärtige Amt in Berlin hat erneut alle Deutschen im Libanon zur Ausreise aufgefordert. Die Lage an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon sei sehr angespannt, teilte das Außenministerium am Mittwoch auf der Plattform X mit. Eine weitere Eskalation könne auch dazu führen, dass der Flugverkehr ab dem Rafic-Hariri-Flughafen in Beirut komplett eingestellt wird, hieß es in den neuen Reise- und Sicherheitshinweisen. „Die Ausreise aus Libanon auf dem Luftweg wäre dann nicht mehr möglich.“

Die Sicherheitslage in der Region sei hoch volatil; die militärischen Auseinandersetzungen im Grenzgebiet zwischen Libanon und Israel hätten in den letzten Wochen noch einmal an Intensität zugenommen. „Nachdem die palästinensische Hamas am 7. Oktober 2023 einen Großangriff auf Israel gestartet hatte, werden seit dem 8. Oktober 2023 auch von libanesischem Gebiet durch Hisbollah und andere bewaffnete Gruppen unter anderem Mörsergranaten, Panzerabwehrwaffen und Raketen auf Israel verschossen“, hieß es in den Reise- und Sicherheitshinweisen.

Demnach können eine weitere Verschärfung der Lage und Ausweitung des Konflikts nicht ausgeschlossen werden. „Dies gilt vor allem für die südlichen Teile Libanons bis einschließlich der südlichen Stadtgebiete Beiruts und die Bekaa-Ebene einschließlich des Bezirks Baalbek-Hermel.“

Das Auswärtige Amt hatte bereits einige Tage nach dem Überfall der islamistischen Hamas auf Israel und dem Beginn des Gaza-Kriegs im Oktober 2023 deutsche Staatsbürger und ihre Angehörigen dazu aufgerufen, das Land zu verlassen.

Israelischer Verteidigungsminister Galant sieht „größte Bedrohung für die Zukunft der Welt“ im Iran

22.54 Uhr: Israels Verteidigungsminister Joav Galant hat während eines Besuchs in den USA erneut vor der atomaren Aufrüstung des Irans gewarnt „Die größte Bedrohung für die Zukunft der Welt ist der Iran“, sagte Galant nach Angaben seines Büros am Dienstag bei einem Treffen mit seinem Amtskollegen Lloyd Austin in Washington. „Jetzt ist es an der Zeit, die Verpflichtung der amerikanischen Regierungen während der vergangenen Jahre umzusetzen – das Versprechen, den Iran am Besitz von Atomwaffen zu hindern.“ Die Zeit laufe aus, sagte Galant. Israel warnt schon seit langem vor der nuklearen Aufrüstung Teherans.

Seit Beginn des Gaza-Kriegs nach dem Massaker der Hamas vor fast neun Monaten haben verschiedene proiranische Gruppen sowie der Iran selbst das Lend mit Raketen, Granaten und Drohnen angegriffen.

Nachdem Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu die US-Regierung kürzlich in einem Video wegen einer zurückgehaltenen Waffenlieferung verbal angegriffen hatte, lobte Galant am Dienstag die Zusammenarbeit bei der Verteidigung Israels „gegen einen massiven Angriff des Irans und seiner Stellvertreter“. Israel und die USA arbeiteten auch zusammen, um angesichts der Gefechte an Israels Nordgrenze eine Übereinkunft zu erreichen. „Aber wir müssen auch die Bereitschaft für jedes mögliche Szenario besprechen.“

Seit mehr als acht Monaten beschießen sich Israel und die vom Iran unterstützte, libanesische Schiitenmiliz Hisbollah nahezu täglich. Zuletzt nahm die Intensität der Gefechte deutlich zu. Washington bemüht sich um eine diplomatische Lösung des Konflikts - bislang ohne Erfolg. Israel will, dass sich die Miliz gemäß einer UN-Resolution hinter den 30 Kilometer von der Grenze entfernten Litani-Fluss zurückzieht. Notfalls sei Israel auch zu einem größeren Militäreinsatz bereit, warnte Galant kürzlich. Laut einem Bericht des US-Senders CNN versicherten ranghohe US-Repräsentanten Mitgliedern einer israelischen Delegation, dass die USA Israel volle Rückendeckung geben würden, sollte ein größerer Krieg mit der Hisbollah ausbrechen.

Israels höchstes Gericht: Wehrpflicht gilt auch für Ultraorthodoxe

10.46 Uhr: Auch ultraorthodoxe Männer müssen zum Wehrdienst in der israelischen Armee verpflichtet werden. Dies entschied Israels höchstes Gericht am Dienstag einstimmig. Das Urteil gilt als herber Rückschlag für die rechtsreligiöse Regierung des Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu.

Die neun Richter in Jerusalem stimmten zwei Petitionen zu, die eine sofortige Einberufung wehrpflichtiger ultraorthodoxer Männer gefordert hatten. „Auf dem Höhepunkt eines harten Krieges ist die Belastung durch eine ungleiche Verteilung der Bürde größer denn je, und erfordert eine Lösung“, hieß es in der Urteilsbegründung. Es gebe keine juristische Grundlage, um Ultraorthodoxe von der Wehrpflicht zu befreien.

Das Thema Wehrpflicht war zuletzt immer mehr zu einer Zerreißprobe für Netanjahus Regierung geworden, die auch über den weiteren Kurs im Gaza-Krieg streitet. Beobachter sehen die Stabilität der Koalition durch den Streit über die Wehrpflicht deswegen gefährdet, weil sie sich auch auf strengreligiöse Partner stützt, die eine Einberufung junger Männer aus ihrer Gemeinschaft strikt ablehnen. Jahrzehntelang galten Ausnahmen für ultraorthodoxe Männer bei der Wehrpflicht in Israel.

Weitere Geisel für tot erklärt - Israels Armee bestätigt Soldaten-Tod

09.35 Uhr: Israel hat eine weitere Geisel im Gazastreifen für tot erklärt. Das Forum der Geiselfamilien teilte am Montagabend mit, Mohammed Al-Atrasch sei bereits während des Hamas-Massakers am 7. Oktober getötet worden. Seine Leiche sei von Terroristen in den Gazastreifen verschleppt worden.

Der 39-Jährige hinterlasse 13 Kinder von zwei Frauen. Die israelische Armee bestätigte den Tod des Soldaten mit dem Dienstgrad eines Oberfeldwebels. Er gehörte zur Einheit der beduinischen Fährtensucher der israelischen Armee.

Seit Monaten laufen Bemühungen, durch indirekte Verhandlungen Israel zu einer Waffenruhe und die Hamas zur Freilassung der israelischen Geiseln zu bewegen - bislang ohne Erfolg.

Blinken ruft Israel zur Vermeidung von Eskalation im Libanon auf

Dienstag, 25. Juni, 05.29 Uhr: US-Außenminister Antony Blinken hat Israel bei einem Treffen mit dem israelischen Verteidigungsminister Yoav Gallant aufgefordert, eine weitere Eskalation im Libanon zu vermeiden. Blinken habe bei dem zweistündigen Treffen mit Gallant im US-Außenministerium die Wichtigkeit betont, „eine weitere Eskalation des Konflikts zu vermeiden und eine diplomatische Lösung zu erreichen, die sowohl israelischen als auch libanesischen Familien die Rückkehr in ihre Häuser ermöglicht“, sagte US-Außenamtssprecher Matthew Miller am Montag.

US-Außenminister Anthony Blinken<span class="copyright">dpa</span>
US-Außenminister Anthony Blinkendpa

Zuletzt hatten sich die Spannungen zwischen Israel und der vom Iran unterstützten Hisbollah-Miliz verschärft. Seit Beginn des Krieges zwischen Israel und der Hamas, der durch den beispiellosen Großangriff der islamistischen Palästinenserorganisation auf Israel am 7. Oktober ausgelöst worden war, feuert die mit der Hamas verbündete Hisbollah-Miliz Raketen und Drohnen auf den Norden Israels ab. Zehntausende Menschen mussten seitdem ihre Häuser verlassen.

Israel reagiert auf den Beschuss verstärkt mit Angriffen auf Hisbollah-Stellungen im Südlibanon. Vergangene Woche hatte die israelische Armeeführung einen Einsatzplan für eine mögliche Offensive im Libanon beschlossen. Außenminister Israel Katz drohte der Hisbollah mit ihrer Zerstörung in einem „umfassenden Krieg“.

Baerbock: Situation an Israels Nordgrenze mehr als besorgniserregend

Montag, 24. Juni, 13.06 Uhr: Außenministerin Annalena Baerbock hat die Situation an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon als mehr als besorgniserregend bezeichnet und vor noch mehr Gewalt gewarnt. „Eine weitere Eskalation wäre eine Katastrophe für alle Menschen in der Region„, sagte die Grünen-Politikerin am Montagvormittag vor einer Nahost-Reise. Auch deswegen sei es absolut wichtig, dass man endlich zu der Feuerpause in Gaza komme. “Israel kann nur in Sicherheit leben, wenn Palästinenser in Sicherheit leben. Und Palästinenser können nur in Sicherheit leben, wenn Israel sicher ist“, sagte sie.

Außenministerin Annalena Baerbock hat die Situation an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon als mehr als besorgniserregend bezeichnet.<span class="copyright">Britta Pedersen/dpa</span>
Außenministerin Annalena Baerbock hat die Situation an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon als mehr als besorgniserregend bezeichnet.Britta Pedersen/dpa

Konkret forderte Baerbock insbesondere die Hamas auf, dem Friedensplan von US-Präsident Joe Biden zuzustimmen. Dieser sieht zunächst eine vollständige und uneingeschränkte Waffenruhe von sechs Wochen vor. In diesem Zeitraum soll eine bestimmte Gruppe von Geiseln freigelassen werden. Im Gegenzug würden Palästinenser freikommen, die in Israel inhaftiert sind. In der nächsten Phase würden die Kämpfe dann dauerhaft eingestellt und die verbliebenen Geiseln freigelassen. In einer letzten Phase soll dem Entwurf zufolge der Wiederaufbau des Gazastreifens beginnen.

Baerbock äußerte sich am Rande eines EU-Außenministertreffens in Luxemburg. Von da aus wollte sie direkt in den Nahen Osten weiterreisen und dort in Israel und im Libanon Gespräche führen.

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