Länder und Städte wollen mehr Geld für Flüchtlingsversorgung
Wenige Tage vor dem Migrationsgipfel machen Bundesländer und Kommunen Druck auf den Bund, mehr Geld für die Versorgung von Flüchtlingen bereitzustellen.
Mehrere Ministerpräsidenten und der Deutsche Städtetag machten deutlich, dass das Angebot des Bundes aus ihrer Sicht nicht ausreicht. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff sieht aber auch die Glaubwürdigkeit des Staates auf dem Spiel und das Treffen als wesentlich für die politische Zukunft des Landes.
Am Montag sprechen die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin über Maßnahmen zur Begrenzung der irregulären Migration. Es geht konkret aber auch um Geld zur Versorgung und Unterbringung von Flüchtlingen. Der Bund will nach ihren Angaben seinen Anteil von 3,75 auf 1,25 Milliarden Euro reduzieren. Das wollen die Länder nicht hinnehmen. In einem Beschluss hatten sie Mitte Oktober eine Pauschale von 1,25 Milliarden Euro sowie pro Migrant mindestens 10.500 Euro verlangt. Außerdem soll der Bund die Unterkunftskosten vollständig übernehmen.
Sachsen-Anhalts Regierungschef Haseloff sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Der Bund trägt die Verantwortung für die Sicherung der Außengrenzen. Da kann es nicht sein, dass der Bund nur einen Bruchteil der Kosten übernehmen will.» Die Kapazitätsgrenzen seien erreicht. Die Dauerbelastung sei von Kommunen und Ländern nicht mehr zu bewältigen.
«Weil wir die Zuwanderung nicht steuern und illegale Migration nicht stoppen, müssen immer mehr Haushaltsmittel für diesen Bereich aufgewendet werden. Das akzeptieren viele Menschen nicht mehr», betonte der CDU-Politiker. Nötig sei am Montag ein «echter Durchbruch». «Ansonsten werden wir als Staat insgesamt weiter an Glaubwürdigkeit verlieren. Der Rechtsruck ist in vollem Gange. Letztendlich entscheidet der Montag nicht unwesentlich über die politische Zukunft Deutschlands», umriss Haseloff die Tragweite des Treffens Anfang nächster Woche.
Kommunen «am Anschlag», Bevölkerung «verunsichert»
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sagte der dpa, viele Kommunen seien mit der Unterbringung von Geflüchteten «am Anschlag». «Unstrittig ist auch, dass die Stimmung in der Bevölkerung sehr verunsichert ist.» Dreyer gestand aber auch zu, die Bundesregierung habe in kurzer Zeit weitreichende Forderungen der Länder umgesetzt, um die Flüchtlingsbewegung zu begrenzen.
Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) forderte «mehr Klarheit und Ordnung» in der deutschen Flüchtlingspolitik. «Wer unsere Hilfe braucht, bekommt sie. Dafür muss endlich die Finanzierung sicher geklärt werden», sagte sie der dpa.
Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, sagte der «Rheinischen Post»: «Wenn mehr Flüchtlinge nach Deutschland kommen, muss die Unterstützung des Bundes steigen.» Das müsse am Montag endgültig verabredet werden. «Es versteht vor Ort niemand mehr, dass einerseits immer mehr Asylbewerber kommen und andererseits der Bund zu keiner fairen Finanzierung der Kosten bereit ist», kritisierte die SPD-Politikerin. «Die Länder fordern vom Bund pro Kopf 10.500 Euro pro Jahr», fügte sie hinzu.
Auch der Deutsche Städtetag hält das Angebot des Bundes für unzureichend. Städtetagspräsident Markus Lewe forderte in den Funke-Zeitungen, Scholz sollte «deutlich mehr im Gepäck haben als die bisher angekündigten 1,7 Milliarden Euro für eine Pro-Kopf-Pauschale». Der Betrag für die Pauschale müsse «mindestens verdoppelt werden». Das Treffen am Montag werde nur dann ein voller Erfolg, «wenn wir endlich ein atmendes System der Finanzierung bekommen, das sich den Flüchtlingszahlen dynamisch anpasst und bereits für 2024 im Bundeshaushalt abgesichert ist», sagte Lewe.
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Filiz Polat verlangte «ein klares Signal des Bundeskanzlers zur angemessenen finanziellen Unterstützung der Kommunen mit dem Ziel einer fairen Kostenteilung zwischen Bund und Ländern». Konkrete Lösungen für die Kommunen seien besser als «Scheindebatten über Sozialleistungskürzungen und Sachleistungen» für Asylbewerber, sagte sie der dpa. Die Grünen-Innenexpertin Misbah Khan mahnte im dpa-Gespräch: «Angesichts der zunehmenden internationalen Konkurrenz um Arbeitskräfte können wir uns keine migrationsfeindliche Stimmung im Land leisten.»
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, forderte dauerhafte Lösungen, «die den Kommunen bei der Aufnahme von Schutzsuchenden helfen und den Dauerstreit befrieden». «Was uns jetzt nicht hilft, sind täglich neue aufgeladene Debatten über Scheinlösungen, Obergrenzen für Geflüchtete und Integrationsgrenzen», sagte sie den Funke-Zeitungen.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr bekräftigte in der «Augsburger Allgemeinen» die Forderung seiner Partei, die Leistungen für ausreisepflichtige abgelehnte Asylbewerber deutlich abzusenken. Dafür hatten sich auch die FDP-Minister Christian Lindner und Marco Buschmann stark gemacht.
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