Macron: Ukraine soll Stützpunkte in Russland "neutralisieren" können

Macron (l.) und Scholz in Meseberg (Ludovic MARIN)
Macron (l.) und Scholz in Meseberg (Ludovic MARIN)

Zum Auftakt eines deutsch-französischen Ministerrats haben Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Unstimmigkeiten mit Blick auf den Einsatz westlicher Waffen in der Ukraine erkennen lassen. Macron forderte am Dienstag in Meseberg ungewohnt deutlich, der Ukraine das Angreifen von Stellungen in Russland ermöglichen. "Wir müssen ihnen erlauben, militärische Stützpunkte zu neutralisieren, von denen aus Raketen abgeschossen werden", sagte Macron.

Die Ukraine werde von Stützpunkten in Russland angegriffen, betonte er. "Wir sollten ihnen jedoch nicht erlauben, andere Ziele in Russland anzugreifen, vor allem keine zivilen Einrichtungen", fügte er hinzu.

Scholz erklärte dazu, es gebe für den Einsatz der in die Ukraine gelieferten Waffen Regelungen, dass sich dieser "immer im Rahmen des Völkerrechts bewegen muss". Dies habe bisher gut funktioniert, sagte er. Er verwies zudem darauf, dass Deutschland und Frankreich "unterschiedliche Waffen zur Verfügung gestellt haben".

Der russische Präsident Wladimir Putin hat zuvor mit ernsten Konsequenzen gedroht, sollte der Westen der Ukraine grünes Licht für den Einsatz seiner Waffen gegen Ziele in Russland geben. "Diese ständige Eskalation kann zu ernsten Konsequenzen führen", sagte Putin bei einem Besuch in Usbekistan. Besonders die kleinen Staaten Europas "sollten sich bewusst machen, womit sie da spielen", warnte er.

Die Ukraine drängt darauf, westliche Waffen gegen Ziele auf russischen Gebiet einsetzen zu können. Die Bundesregierung hat dies ausgeschlossen, weil sie eine Eskalation vermeiden will. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatten hingegen erklärt, wegen der roten Linien mancher Nato-Länder seien "den Ukrainern die Hände gebunden".

Einig zeigten sich beide Seiten mit Blick auf die Pläne, Zinseinnahmen aus eingefrorenen russischen Vermögenswerten in Europa für die Ukraine zu nutzen. "Wir wollen der Ukraine den Zugang zu zusätzlichen Finanzmitteln in Milliardendimensionen ermöglichen", betonte Scholz.

Deutschland und Frankreich wollten außerdem ihre Zusammenarbeit bei der Entwicklung von Präzisionswaffen weiter ausbauen, sagte der Kanzler. Macron bekräftigte: "Wir sind dabei zu einer langfristigen Zusammenarbeit bereit."

Macron kündige zudem an, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj an den Feierlichkeiten zum 80. Jahrestag des D-Day in der Normandie teilnehmen werde. Er werde Selenskyj bei dieser Gelegenheit "sehr genau" mitteilen, was die westlichen Verbündeten zur Unterstützung der Ukraine tun würden, sagte Macron weiter.

Zu einer möglichen Entsendung französischer Militärausbilder in die Ukraine äußerte Macron sich indes nicht. Er werde "keinen Kommentare" zu "nicht abgesprochenen und unglücklichen Mitteilungen" in dieser Angelegenheit abgeben, sagte Macron. Putin hatte am Dienstag gesagt, es befänden sich bereits westliche Militärausbilder in der Ukraine, die sich als Söldner ausgäben.

Die Gedenkfeier zum 80. Jahrestag des D-Day soll am 6. Juni stattfinden. Die Landung der Alliierten an der Nordküste Frankreichs im Juni 1944 war ein Schlüsselereignis auf dem Weg zur deutschen Niederlage im Zweiten Weltkrieg. Dabei wurden mit fast 7000 Schiffen 132.700 Soldaten - hauptsächlich aus den USA, Großbritannien und Kanada - in die Normandie gebracht.

Scholz und Macron trafen am Abend nach ihrer Pressekonferenz mit mehreren Ministerinnen und Ministern beider Regierungen zusammen, um über die Stärkung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit zu debattieren.

kol/mid