Praxistest Smart #1 - Auch Smart ist jetzt eine SUV-Marke - Test zeigt, ob das funktioniert

Der #1 macht Smart nicht nur zur teil-chinesischen Elektromarke, sondern verabschiedet sich auch aus dem Mini-Segment<span class="copyright">Viehmann</span>
Der #1 macht Smart nicht nur zur teil-chinesischen Elektromarke, sondern verabschiedet sich auch aus dem Mini-SegmentViehmann

Der Smart ist legendär. Doch er ist Geschichte: Erst wurde die Marke rein elektrisch, dann schoss sie den Zweisitzer ab. Die neuen Modelle kommen aus China und sind erheblich größer. Im Praxistest zeigt sich, ob das neue Konzept aufgeht oder nicht.

Die Marke Smart hat eine lange Reise hinter sich, mit so mancher 180 Grad-Wende. Der erste Smart sollte eigentlich ein E-Auto werden, dann gab es stattdessen Benzin- und Diesel-Motörchen. Dafür erfüllte der Zweisitzer das Versprechen vom idealen City-Flitzer mit Parkplatzgarantie. Sogar querparken konnte er.

In den letzten Jahren aber hat Konzermutter Mercedes zusammen mit dem China-Partner und Aktionär Geely seine Mini-Marke komplett umgemodelt. Alle Verbrenner flogen raus, Smart gab's nur noch elektrisch. Dann verschwand auch noch der kultige Zweisitzer Fortwo und jetzt es gibt deutlich größere Autos in SUV- oder Coupé-Form.

Ein Smart beim Querparken. In Deutschland wird das nur geduldet, ist aber eigentlich nicht erlaubt<span class="copyright">Viehmann</span>
Ein Smart beim Querparken. In Deutschland wird das nur geduldet, ist aber eigentlich nicht erlaubtViehmann

Aus Smart wird eine Pseudo-SUV-Marke

Mini ist beim Smart #1 (Hashtag 1) nichts mehr, angesichts 4,27 Metern Länge. Auch im Innenraum nicht, der mit einem iPad-ähnlichen Touch-Display aufwartet. In die berühmten Smart-Türme, in denen der City-Winzling einst stolz präsentiert wurde, könnte man den neuen Wagen gar nicht mehr ausstellen: Er wäre zu groß und mit 1,8 Tonnen auch zu schwer für die mit maximal 1200 Kilo belastbaren Hebebühnen.

Einer der noch existierenden Smart-Türme, die die Stadtflitzer-Marke berühmt machten. Heute verkauft Smart nur noch viertürige E-Fahrzeuge<span class="copyright">Viehmann</span>
Einer der noch existierenden Smart-Türme, die die Stadtflitzer-Marke berühmt machten. Heute verkauft Smart nur noch viertürige E-FahrzeugeViehmann

Alte Smart-Fans trauern dem Fortwo immer noch nach, und vielleicht bekommt er ja irgendwann eine Neuauflage. Doch was hat das „neue Smart“ eigentlich zu bieten? FOCUS online hat den Smart #1 in der Praxis getestet.

Karosserie und Innenraum

Hell und freundlich ist das Smart-Cockpit. Die Sitze sind auch auf langen Strecken bequem und das Platzangebot gut - auch im Fond übrigens. Erwachsene haben genügend Knie- und ordentlich Kopffreiheit und Kinder lassen sich bequem anschnallen. Kein Vergleich zum engen Fond des alten Smart Forfour!

Im Smart #1 hat man uch auf den Rücksitzen viel Platz<span class="copyright">Tietz</span>
Im Smart #1 hat man uch auf den Rücksitzen viel PlatzTietz

Kleinere Kids sind sowohl von dem riesigen Glasdach begeistert - das sich nicht öffnen lässt, aber bei starker Sonneneinstrahlung mit einer elektrischen Blende komplett abdunkeln - und von dem animierten Fuchs, der sich auf dem Home-Display des Wagens reckt und streckt. Ebenfalls gut gefallen haben uns die vielen Ablagen inklusive der Handy-Ablage mit Anschlüssen und kabelloser Ladeschale, die sich mit einer Blende schließen lässt (und beim Parken das Handy vor potenziellen Gelegenheitsdieben verbirgt).

Der Instrumenten-Monitor im Smart #1 ist sehr klein, aber durch das optionale Head-Up-Display braucht man es auch nicht oft<span class="copyright">Tietz</span>
Der Instrumenten-Monitor im Smart #1 ist sehr klein, aber durch das optionale Head-Up-Display braucht man es auch nicht oftTietz

Der Kofferraum ist mit 323 Litern Fassungsvermögen eher bescheiden, wobei er originalen Smart-Kunden wie eine Kathedrale vorkommen muss. Unter dem Kofferraumboden ist Platz für das Ladekabel, das mit seinen farbenfohen Handgriffen sowohl designtechnisch als auch in der Handhabung mehr her macht als die üblichen Standard-Ladekabel.

Smart #1 beim Laden<span class="copyright">Viehmann</span>
Smart #1 beim LadenViehmann

Bedienung und Infotainment

An die Bedienung per Touchpad muss man sich gewöhnen - den ein oder anderen Software-Aussetzer hat Smart immerhin seit der Markteinführung behoben. Bei unserem Testwagen jedenfalls gab es keine Probleme; abgesehen davon, dass das Smartphone öfters nach vor der Fahrt mit ein paar Klicks neu gekoppelt werden musste, egal ob man es nun per Bluetooth oder Apple Car Play angemeldet hatte.

Cockpit des Smart #1<span class="copyright">Tietz</span>
Cockpit des Smart #1Tietz

Schön ist das optionale Head-Up-Display, das auch den kleinen Instrumentenmonitor erträglich macht, auf den man kaum noch schaut. Der Gangwahlhebel sitzt am Lenkrad, und die Rekuperation, also die Stärke der Energierückgewinnung, muss man leider umständlich in Menüs des Betriebssystems einstellen statt mit Hebeln am Lenkrad.

Übrigens: Der Smart #1 ist technisch mit dem ebenfalls vom China-Riesen Geely produzierten Zeekr X sowie dem Volvo EX30 verwandt, auch wenn sie völlig unterschiedlich aussehen. Beim Volvo ist zudem Bedien-Philosophie eine völlig andere - was in der Praxis nicht gerade vorteilhaft ist .

Fahrwerk und Fahrverhalten

Mit 1,8 Tonnen ist der Smart kein Kleinwagen mehr, fährt sich aber dank des niedrigen Schwerpunktes auch in Kurven ziemlich agil. Die Servolenkung kann man in mehreren Stufen einstellen von sehr komfortabel und leichtgängig bis direkt. Einen großen Unterschied macht das in der Praxis jedoch nicht.

Smart #1 in Fahrt<span class="copyright">Hersteller</span>
Smart #1 in FahrtHersteller

Gewöhnungsbedürftig ist beim Smart #1 die Tatsache, dass er keine Handbremse hat. Man kann nur in „P“ schalten. Es gibt auch keinen Startknopf. Man schaltet also einfach auf „D“ und fährt los beziehungsweise steigt nach der Fahrt einfach aus und entfernt sich vom Wagen. Der verriegelt sich sich dann automatisch und gibt dabei ein lustiges „Beep“-Signal von sich. Das hat den seltsamen Nebeneffekt, dass die über Smartphone gestreamte Musik noch eine Weile im Auto weiterläuft.

Motor, Antrieb und Reichweite

Der Smart #1 hat eine Batteriekapazität von bis zu 66 kWh und bietet in der Spitzenleistung satte 200 kW / 272 PS. Damit sprintet der Hecktriebler in 6,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Wer noch mehr will, muss die Brabus-Variante wählen, mit 315 kW / 428 PS und - früher bei Smart undenkbar - Allradantrieb.

Der Kofferraum des Smart #1 hat nur Kleinwagen-Format, die Klappe öffnet aber immerhin elektrisch<span class="copyright">Tietz</span>
Der Kofferraum des Smart #1 hat nur Kleinwagen-Format, die Klappe öffnet aber immerhin elektrischTietz

Doch als Zweitwagen und Alltagsstromer braucht man weder 400 PS noch Allrad. Denn der Smart ist auch mit „nur“ 272 Elektro-Pferdchen angenehm schnell und packt auf der Autobahn sogar 180 km/h, was längere Reisen angenehmer macht. Hält man das Tempo eher zwischen 120 und 150 km/h, sind zwischen 250 und knapp 300 km Reichweite drin; bei mehr Stadtverkehr und Überland leicht 400 bis 430 Kilometer.

Die Ladeleistung liegt mit Gleichstrom bei maximal 150 kW, in unserem Test wurden maximal 135 kW erreicht. Mit dem üblichen 20-auf-80-Prozent-Laden sind so längere Strecken auf Fahrten ohne Zeitdruck ganz gut machbar, in unserem Fall zum Beispiel knapp 500 Kilometer mit einer Stunde Laden verteilt auf zwei Stopps. An der heimischen Wallbox lädt der Smart mit maximal 22 kW.

Preise und Ausstattung

Während der elektrische Smart Fortwo kaum mehr als 20.000 Euro kostete - noch viel weniger in Zeiten der Kaufprämie - geht jetzt das smarte Vergnügen bei satten 34.990 Euro los (Basismodell pure). Die am besten ausgestatten Modelle Pulse und Brabus kosten 46.000 bis 49.000 Euro (beide mit Allrad). Mehr Infos zu Preisen, Ausstattung und Leasing-Deals für den Smart #1 finden Sie hier bei EFAHRER.com .

Fazit

Um es gleich vorwegzunehmen: 35.000 Euro sind für einen Kleinwagen natürlich ein stolzer Preis, auch wenn er elektrisch fährt. Vor allem wenn man sich an die Zeiten erinnert, in denen der kleine Basis-Smart mit Benzinmotörchen für unter 10.000 Euro zu haben war.

Auf der anderen Seite ist der heutige Smart eben auch ein völlig anderes, vollwertiges Auto. Das Platzangebot ist gut, die Funktionalität - nach einigen Updates - überzeugt und Fahrspaß bei für einen Klein-/Kompaktwagen akzeptabler Reichweite gibt es auch. Wem der #1 zu hochbeinig daherkommt, der kann auf den Coupé-förmigen #3 ausweichen. Ganz nebenbei beweist der in China gebaute Smart übrigens, wie konkurrenzfähig chinesische Fahrzeuge im Allgemeinen und chinesische Elektroautos im Besonderen geworden sind.