Russland überzieht Ukraine erneut mit Angriffen auf Energieinfrastruktur

Russland hat die Ukraine erneut mit massiven Angriffen auf die Energieinfrastruktur überzogen. Nach Angaben von Energieversorger DTEK trug dabei ein Wärmekraftwerk "schwere Schäden" davon. (-)
Russland hat die Ukraine erneut mit massiven Angriffen auf die Energieinfrastruktur überzogen. Nach Angaben von Energieversorger DTEK trug dabei ein Wärmekraftwerk "schwere Schäden" davon. (-)

Russland hat die Ukraine in der Nacht zu Donnerstag erneut mit massiven Angriffen auf die Energieinfrastruktur überzogen. Nach Angaben von Energieversorger DTEK wurden dabei "schwere Schäden" an einem Wärmekraftwerk angerichtet, das ukrainische Energieministerium sprach von insgesamt sieben Verletzten. Unterdessen kündigte Rumänien an, der Ukraine zum Schutz ihres Luftraums ein Patriot-Abwehrsystem zu überlassen.

DTEK-Vorstandschef Maxim Timtschenko zufolge war das getroffene Kraftwerk bereits bei einem früheren russischen Angriff beschädigt worden. DTEK zufolge war die Angriffswelle in der Nacht zu Donnerstag bereits die siebte auf ukrainische Energieanlagen innerhalb der vergangenen drei Monate.

Dem nationalen Netzbetreiber Ukrenergo zufolge wurden Anlagen in den Regionen Winnyzja, Dnipropetrowsk, Donezk und Kiew beschädigt. In der Region Winnyzja im Westen des Landes waren laut Energieministerium mehr als 200.000 Menschen von der Stromversorgung abgeschnitten. Dem Energieministerium zufolge wurde einer der Mitarbeiter einer getroffenen Einrichtung schwer verletzt.

Laut der ukrainischen Luftwaffe feuerte Russland insgesamt neun Raketen und 27 Angriffsdrohnen iranischer Bauart ab. Bis auf vier Raketen wurden demnach alle Geschosse durch Luftabwehrsysteme abgeschossen.

Russland greift die ukrainische Energieinfrastruktur seit Beginn der Invasion des Landes im Februar 2022 regelmäßig mit Raketen und Drohnen an. Durch die gezielten Angriffe kommt es immer wieder zu Stromausfällen und Energieengpässen. Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte kürzlich, das Land könne im Vergleich zum Vorjahr nur noch halb so viel Strom produzieren.

Nach der erneuten Angriffswelle kündigte Selenskyj die Installation von Solaranlagen, intelligenten Stromzählern und Stromspeichern "in jeder Schule und jedem Krankenhaus" an. Die regionalen Militärbehörden seien angewiesen worden, diese Maßnahmen auf lokaler Ebene zu überwachen, erklärte Selenskyj in Online-Netzwerken.

Als Reaktion auf den andauernden russischen Beschuss zielt Kiew regelmäßig mit Angriffen auf russische Regionen und nimmt dabei insbesondere Energieanlagen ins Visier. In der Nacht zu Donnerstag griff die ukrainische Armee erneut Öllagerstätten in Russland mit Drohnen an.

Örtliche Behördenvertreter sprachen von Bränden in Ölraffinerien in der im Kaukasus gelegenen südlichen Republik Adygeja sowie in der Region Tambow. In der südlichen Region Krasnador wurde demnach eine Frau getötet. Insgesamt wurden offiziellen Angaben zufolge in den Regionen Brjansk, Krasnodar, Rostow, Belgorod und Orlow 15 Drohnen abgefangen.

Nach Angaben aus ukrainischen Geheimdienstkreisen gingen die Angriffe in den russischen Regionen Adygeja und Krasnodar auf den Inlandsgeheimdienst SBU zurück. In den angegriffen Einrichtungen seien Rohstoffe und verarbeitete Produkte verarbeitet und gelagert worden, die später von der russischen Armee verwendet worden seien. Ukrainische Geheimdienste planten weitere ähnliche Angriffe, um Russlands Kriegsmaschinerie zu schwächen.

Unterdessen sagte das an die Ukraine grenzende Nato-Mitgliedsland Rumänien die Lieferung eines Patriot-Luftabwehrsystems an Kiew zu. Bukarest der rumänischen Regierung zufolge mit den Nato-Partnerstaaten, um im Gegenzug ein ähnliches System zur Verteidigung des eigenen Luftraums zu erhalten. Der ukrainische Präsident Selenskyj bedankte sich im Onlinedienst X bei Rumänien für die "konsequente Unterstützung".

Selenskyj fordert sieben Patriot-Systeme, um sein Land besser gegen russische Luftangriffe verteidigen zu können. Bisher hat nur Deutschland der Ukraine ein weiteres Flugabwehrsystem Patriot zugesagt, neben zwei bereits gelieferten. Ein weiteres wollen die USA laut einem Bericht der "New York Times" stellen, Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sprach von weiteren Zusagen, die in den "nächsten Tagen oder Wochen" zu erwarten seien.

Die US-Regierung gab unterdessen bekannt, die Lieferung von Luftabwehrraketen an Kiew beschleunigen zu wollen. Washington werde neu hergestellte Raketen fortan vorrangig an die Ukraine liefern, erklärte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, vor Journalisten. Dies betreffe insbesondere Patriot-Raketen und Geschosse für das Flugabwehrsystem Nasams.

Unterdessen kündigten Südkorea und das mit der Ukraine verbündete Nachbarland Polen an, die Technologie zur Herstellung von Kampfpanzern vom südkoreanischen Typ K2 in Polen einzusetzen. Südkorea hatte zuvor bereits umfangreiche Verträge zur Lieferung von Waffen an Polen abgeschlossen. Neben 1000 K2-Panzern betrifft dies unter anderem 288 Mehrfach-Raketenwerfer vom Typ K239 Chunmoo und 50 FA-50-Kampfjets. Polen wird dadurch zum größten Abnehmer südkoreanischer Rüstungsgüter in Europa.

Zusätzlich zu Angriffen auf die Energieinfrastruktur griff die russische Armee in der Nacht auf Donnerstag die Regionen Donezk, Cherson und Charkiw an. Im ostukrainischen Donezk wurden nach Angaben des ukrainischen Regionalgouverneurs durch Gleitbomben und Streumunition insgesamt vier Zivilisten getötet und vier weitere verletzt. In Cherson im Süden des Landes wurden dem Gouverneur zufolge zwei Menschen getötet und drei weitere verletzt. Im nordostukrainischen Charkiw, wo Russland im Mai eine Bodenoffensive gestartet hatte, starb dem Gouverneur zufolge eine Frau durch russischen Beschuss.

se/kbh