Tel Aviv: Tausende gehen erneut gegen Justizreform auf die Straße

Erneut haben in Israel haben landesweit Tausende Menschen gegen die von der Regierung geplante Justizreform protestiert. Die zentrale Verbindungsstraße zwischen Jerusalem und Tel Aviv war mehrfach unbefahrbar. Es kam zu mitunter heftigen Konfrontationen von Demonstrierenden mit der Polizei und mehreren Festnahmen. In Tel Aviv setzte die Polizei Rauchbomben ein, wie Augenzeugen berichteten.

Jusitzreform könnte Netanjahu auch persönlich in die Hände spielen

Nach Plänen der rechts-religiösen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu soll es dem Parlament in Zukunft möglich sein, mit einfacher Mehrheit Entscheidungen des Höchsten Gerichts in Israel aufzuheben. Außerdem sollen Politiker bei der Ernennung von Richtern mehr Mitspracherecht bekommen. Das Gesetzesvorhaben könnte Netanjahu auch in einem Korruptionsprozess in die Hände spielen, der bereits seit längerem gegen ihn läuft.

Im Parlament wurde am Mittwoch in einer ersten Abstimmung ein Gesetzesentwurf gebilligt, der es deutlich schwerer machen soll, einen Regierungschef für amtsunfähig zu befinden. Dafür wäre dann eine Dreiviertelmehrheit im Parlament notwendig. Außerdem wäre eine Amtsenthebung lediglich wegen psychischer oder anderer Gesundheitsgründe denkbar.

Kritiker sehen Gewaltenteilung in Gefahr

Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara warnte, diese Reform könne in "absurden Situationen" münden. Sie schüfe ein "schwarzes Loch", weil sie jegliche juristische Beaufsichtigung verhindere. Bevor das Gesetz in Kraft treten kann, sind noch drei weitere Lesungen notwendig.

Kritiker sehen durch die Änderungen die Gewaltenteilung im Land in Gefahr und warnen, dass sich Israel in eine Diktatur verwandeln könnte. Die Koalition argumentiert dagegen, das Höchste Gericht übe derzeit zu viel politischen Einfluss aus. Weil das Land keine schriftliche Verfassung hat und der Staat stattdessen auf einer Sammlung von Grundgesetzen fußt, kommt dem Höchsten Gericht besondere Bedeutung zu, bei der Wahrung von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten.