Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwickungen

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Die aktuellen Entwicklungen im Überblick.

Unser Ticker ist für heute beendet. Hier können Sie die wichtigsten Ereignisse des Tages nachlesen:

  • London sieht große Unzufriedenheit bei russischen Offizieren

  • Selenskyj dämpft Erwartungen an Kiews Offensive

  • Baerbock: Ukraine-Hilfen nicht gegen Sozialleistungen ausspielen

  • London sieht große Unzufriedenheit bei russischen Offizieren

  • Wagner-Kämpfer international gefragt – Prigoschin stellt sich neu auf

  • Ukraine: Brauchen für 2023 mehr Wiederaufbaugeld aus dem Ausland

Die aktuelle Lage im Newsstream:

+++ London sieht große Unzufriedenheit bei russischen Offizieren +++

Nach Einschätzung des britischen Geheimdiensts sind mehrere Offiziere in der russischen Armee unzufrieden mit der militärischen Führung. «Direkte Kritik von Untergebenen wird wahrscheinlich zu einem zunehmenden Problem für Verteidigungsminister Sergej Schoigu und den Chef des Generalstabs, General Gerassimow», teilte das Verteidigungsministerium in London am Samstag mit.

Sergej Schoigu (Mitte l), Verteidigungsminister von Russland, und Rustam Minnichanow (Mitte r), Präsident der Republik Tatarstan, während eines Besuchs des Zentralen Militärbezirks (Bild: Uncredited/Russian Defense Ministry Press Service/AP/dpa)
Sergej Schoigu (Mitte l), Verteidigungsminister von Russland, und Rustam Minnichanow (Mitte r), Präsident der Republik Tatarstan, während eines Besuchs des Zentralen Militärbezirks (Bild: Uncredited/Russian Defense Ministry Press Service/AP/dpa)

Die Briten setzten sich in ihrem täglichen Update bei Twitter mit der Entlassung von General Iwan Popow auseinander. Er hatte Kritik an seinen Vorgesetzten und der Kriegsführung in der Ukraine geübt und war als Kommandeur der 58. Armee entlassen worden.

«Popows Äußerungen machen auf die große Unzufriedenheit aufmerksam, die viele Offiziere wahrscheinlich gegenüber der ranghohen militärischen Führung hegen», schrieben die Briten. Die Beschwerden ähnelten weitgehend denen, die der Chef der russischen Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, vor seiner Meuterei geäußert habe.

+++ Selenskyj: Zeitpunkt von Kriegsende hängt von globaler Hilfe ab +++

Der Zeitpunkt des Endes des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hängt nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj in Kiew vom Ausmaß der internationalen Hilfe ab. «Jetzt, da die Geschwindigkeit des Kriegsendes direkt von der globalen Unterstützung für die Ukraine abhängt, tun wir alles, um sicherzustellen, dass diese Unterstützung maximal intensiv und maximal gehaltvoll ist», sagte er am Samstag in seiner täglichen verbreiteten Videobotschaft in Kiew. Die Ukraine werde international auf allen Ebenen arbeiten, «um den Frieden im ganzen Land und für alle Menschen wieder herzustellen», sagte er.

«Wir können unsere Menschen, Städte und Dörfer nicht unter russischer Besatzung lassen. Wo immer russische Besatzung weiter besteht, regieren Gewalt und Erniedrigung», sagte Selenskyj. Er sei den internationalen Partnern dankbar für die Unterstützung des Landes. «Nur die komplette Befreiung des gesamten ukrainischen Gebiets wird es erlauben, dass die ganze Kraft einer auf internationalen Regeln basierenden Ordnung wiederhergestellt wird.»

+++ Russlands Geheimdienst: Mordanschlag auf RT-Chefredakteurin vereitelt +++

Russlands Inlandsgeheimdienst FSB hat nach eigenen Angaben einen Mordanschlag auf die Chefredakteurin des Staatsfernsehsenders RT, Margarita Simonjan, verhindert und mehrere Verdächtige festgenommen. Demnach wollten russische Neonazis im Auftrag des Kiewer Geheimdienstes SBU Simonjan, die eine glühende Unterstützerin von Moskaus Krieg gegen die Ukraine ist, und auch die prominente Moderatorin Xenia Sobtschak töten. RT veröffentlichte ein Video, auf dem ein junger Mann in einem T-Shirt mit der Aufschrift Waffen SS behauptet, er habe von Ukrainern den Mordauftrag angenommen.

Der demnach 18 Jahre alte Mann, der seinen Namen und sein Geburtsdatum nennt, schildert den angeblichen Tathergang. Bei der geplanten Waffenübergabe sei er von Sicherheitskräften festgenommen worden, sagte er.

Der FSB meldet immer wieder verhinderte Attentate und Festnahmen von Verdächtigen, die im Auftrag ukrainischer Dienste Anschläge geplant haben sollen. Überprüfbar ist das nicht von unabhängiger Stelle.

Zwei prominente Medienvertreter waren allerdings bereits getötet worden: im August vorigen Jahres Darja Dugina bei einer Autobombenexplosion und Anfang April der Militärblogger Maxim Fomin, genannt Wladlen Tatarski, bei der Zündung eines Sprengsatzes in einem Café in St. Petersburg. Im Mai gab es einen Autobombenanschlag auf den bekannten kremlnahen Schriftsteller Sachar Prilepin, dessen Fahrer starb – er selbst wurde schwer verletzt.

Simonjan, die auch Chefredakteurin des Agentur Rossija Segodnja ist, dankte dem Geheimdienst dafür, dass ihr Leben gerettet wurde. Laut FSB wurden «Mitglieder der neonazistischen Gruppierung "Paragraf-88"» in Moskau und im Gebiet Rjasan festgenommen. Sie hätten dort Wohn- und Arbeitsadressen ausgekundschaftet. Bei den Verdächtigen seien ein Kalaschnikow-Maschinengewehr und unter anderem 90 Patronen, Messer, Gummiknüppel, Computer und Nazi-Flaggen und -Literatur beschlagnahmt worden. Die Auftraggeber sollen 1,5 Millionen Rubel (14 800 Euro) für jeden Mord in Aussicht gestellt haben.

+++ Selenskyj dämpft Erwartungen an Kiews Offensive +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Erwartungen an die laufende Kiewer Offensive gedämpft. «Wir müssen ganz klar - so klar wie möglich - begreifen, dass die russischen Streitkräfte in unseren südlichen und östlichen Gebieten alles ihnen Mögliche tun werden, um unsere Soldaten aufzuhalten», sagte Selenskyj am Freitag in seiner abendlichen Videoansprache. Daher müsse man für jeden Kilometer, den die eigenen Truppen vorwärts kämen und für jeden Erfolg im Kampf dankbar sein, sagte er. Die Aussage ist ein Indiz für die Schwierigkeiten, mit denen das ukrainische Militär bei seiner Offensive konfrontiert ist.

Wolodymyr Selenskyj auf dem G7-Gipfel (Bild: Louise Delmotte/Pool AP/AP/dpa)
Wolodymyr Selenskyj auf dem G7-Gipfel (Bild: Louise Delmotte/Pool AP/AP/dpa)

Nach dem Nato-Gipfel in Vilnius, von dem Selenskyj statt mit einer Einladung zum Nato-Beitritt mit Versprechungen der G7 über eine Sicherheitspartnerschaft zurückkehrte, galt die Aufmerksamkeit des Staatschefs nun wieder mehr den aktuellen Ereignissen an der Front. Bei einer Sitzung mit der Militärführung seien die Kampfhandlungen, die Versorgung der Truppen und die Abstimmung mit den Partnern bei den Waffen- und Munitionslieferungen abgesprochen worden, teilte der 45-Jährige mit. Daneben kündigte er auch noch eine anstehende Reform der Militärausbildung an.

+++ Baerbock: Ukraine-Hilfen nicht gegen Sozialleistungen ausspielen +++

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat davor gewarnt, die Hilfen für die Ukraine und das Leid in dem Land gegen Sozialleistungen in Deutschland auszuspielen. «Das nützt niemandem hier in Deutschland, der wenig Geld hat. Und es wäre ein Hohn für die Menschen in der Ukraine», sagte die Grünen-Politikerin in einem gemeinsamen Interview mit Ex-Boxweltmeister Wladimir Klitschko für «Bild», «Welt» und «Politico» am Freitagabend.

Annalena Baerbock (Bild: Reuters)
Annalena Baerbock (Bild: Reuters)

Auf den Hinweis, dass die Bundesregierung gerade ein weiteres militärisches Hilfspaket für die Ukraine von 700 Millionen Euro beschlossen habe, während viele Familien aufgrund der hohen Inflation nicht wüssten, ob sie in den Sommerurlaub fahren könnten, sagte Baerbock, dass sie das «natürlich schmerzt». Sie betonte aber: «Für mich hat das eine mit dem anderen nichts zu tun.» Nur weil der «brutale russische Angriffskrieg» nicht spurlos an Deutschland vorübergegangen sei, dürfe man «nicht anfangen wegzusehen von dem, was in der Ukraine passiert». Der Krieg sei nicht nur Ursache für das Sterben in der Ukraine, sondern auch für die Rezession in Europa. Allen, die jetzt forderten, dass etwas gegen die Inflation getan werden müsse, sage sie auch: «Deswegen muss dieser brutale russische Angriffskrieg aufhören.»

+++ London sieht große Unzufriedenheit bei russischen Offizieren +++

Nach Einschätzung des britischen Geheimdiensts sind mehrere Offiziere in der russischen Armee unzufrieden mit der militärischen Führung. «Direkte Kritik von Untergebenen wird wahrscheinlich zu einem zunehmenden Problem für Verteidigungsminister Sergej Schoigu und den Chef des Generalstabs, General Gerassimow», teilte das Verteidigungsministerium in London am Samstag mit.

Die Briten setzten sich in ihrem täglichen Update bei Twitter mit der Entlassung von General Iwan Popow auseinander. Er hatte Kritik an seinen Vorgesetzten und der Kriegsführung in der Ukraine geübt und war als Kommandeur der 58. Armee entlassen worden.

«Popows Äußerungen machen auf die große Unzufriedenheit aufmerksam, die viele Offiziere wahrscheinlich gegenüber der ranghohen militärischen Führung hegen», schrieben die Briten. Die Beschwerden ähnelten weitgehend denen, die der Chef der russischen Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, vor seiner Meuterei geäußert habe.

+++ Wagner-Kämpfer international gefragt – Prigoschin stellt sich neu auf +++

Nach dem weltweit beachteten Beinahe-Putsch in Russland war sie fast totgesagt. Doch die Söldnerarmee Wagner des Milliardärs Jewgeni Prigoschin lebt. Schon wenige Tage nach dem Aufstand empfing Präsident Wladimir Putin seinen Ex-Vertrauten Prigoschin mit seinen Kommandeuren im Kreml und besprach offenbar die Zukunft der im Krieg in der Ukraine, in Syrien und in Afrika aktiven Truppe. Inzwischen agieren Wagner-Leute, die Putin am 24. Juni bei dem Aufstand noch als «Verräter» beschimpft hatte, straffrei und beinahe wieder so, als wäre nichts gewesen.

Jewgeni Prigoschin, Chef der Söldnertruppe Wagner (Bild: Uncredited/Prigozhin Press Service/AP/dpa)
Jewgeni Prigoschin, Chef der Söldnertruppe Wagner (Bild: Uncredited/Prigozhin Press Service/AP/dpa)

Ganz offiziell sind die Wagner-Kämpfer jetzt auch in Belarus bei Machthaber und Putin-Schützling Alexander Lukaschenko als Militärausbilder im Einsatz. In Russland will Kremlchef Putin angesichts des Wildwuchses von inzwischen 40 freiwilligen Kampfverbänden für Ordnung sorgen. Das Parlament soll eine gesetzliche Grundlage für sie schaffen - ein Unterfangen, das in der Vergangenheit schon scheiterte. Prigoschin lehnte das stets ab.

+++ Ukraine: Brauchen für 2023 mehr Wiederaufbaugeld aus dem Ausland +++

Die Ukraine beklagte eine ungenügende internationale Finanzierung der für dieses Jahr geplanten Projekte für den «schnellen Wiederaufbau». Von erwarteten umgerechnet rund 12,5 Milliarden Euro seien erst knapp 3,5 Milliarden Euro bereitgestellt worden, sagte Finanzminister Serhij Martschenko laut einer Mitteilung vom Freitag.

Priorität habe der «schnelle Wiederaufbau», da er sichere Lebensumstände für die Ukrainer und eine wirtschaftliche Erholung sicherstelle. Zu den Hauptbereichen gehören wichtige Infrastruktur und der Energiesektor, die Reparatur von Häusern und die Minenräumung.

+++ Abt des Kiewer Höhlenklosters nun in Untersuchungshaft +++

Der bisher unter Hausarrest stehende Abt des weltberühmten Kiewer Höhlenklosters, Pawlo, wurde von einem Gericht der ukrainischen Hauptstadt nun in Untersuchungshaft genommen. Dem Metropoliten der ukrainisch-orthodoxen Kirche werde die Rechtfertigung des russischen Angriffskriegs und nationale Hetze vorgeworfen, berichtete der nationale Rundfunk Suspilne Media am Freitag. Die U-Haft gilt bis zum 14. September.

Seit Monaten schon gehen die ukrainischen Behörden gegen die Mönche der ukrainisch-orthodoxen Kirche vor. Selenskyj sieht die Kirche von moskautreuen Spionen durchsetzt. Tatsächlich war die ukrainisch-orthodoxe Kirche bis zum Kriegsbeginn eng mit dem Moskauer Patriarchat verbandelt. Erst danach hat sie sich von Moskau losgesagt. Trotzdem gilt sie in Kiew als politisch unzuverlässig. Die politische Führung will daher das Kiewer Höhlenkloster an die noch junge Orthodoxe Kirche der Ukraine übergeben.

+++ Estland liefert mutmaßlichen russischen Waffenschmuggler an USA aus +++

Estland hat einen russischen Staatsbürger mit mutmaßlichen Verbindungen zu Russlands Geheimdienst FSB an die USA ausgeliefert. Er soll bei der Umgehung von Sanktionen geholfen haben. Am Freitag sollte die Anklage gegen Wadim K. verlesen werden, wie die US-Justiz mitteilte. Der Angeklagte werde verdächtigt, dem Inlandsgeheimdienst FSB geholfen zu haben, sowohl militärische als auch zivil nutzbare Technologien und große Mengen an Munition von US-Firmen nach Russland zu schmuggeln, um die «russische Kriegsmaschinerie» zu unterstützen. Damit habe er gegen US-Ausfuhrkontrollen und Wirtschaftssanktionen verstoßen. Im Fall einer Verurteilung drohen K. bis zu 30 Jahre Haft.

Um seine kriminellen Aktivitäten zu verschleiern, habe der 48-Jährige Tarnfirmen genutzt, hieß es in der Mitteilung.

+++ Minsk: Wagner-Kämpfer nun in Belarus und bilden Truppen aus +++

Söldner der russischen Privatarmee Wagner sind nach wochenlangen Spekulationen um ihren Verbleib nach Angaben aus Minsk nun in Belarus angekommen. Die Männer hätten als Ausbilder für eine Reihe militärischer Disziplinen nun die Arbeit aufgenommen, teilte das belarussische Verteidigungsministerium am Freitag mit.

Das Lager befindet sich demnach in Ossipowitschi rund 100 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Minsk. Eine Moderatorin in einem Video des Ministeriums sagte, dass die Wagner-Söldner den belarussischen Streitkräften ihre Kampferfahrung vermittelten. Soldaten in dem Land, das unter Machthaber Alexander Lukaschenko ein enger Verbündeter Russlands ist und seine Gebiete auch für Angriffe auf die Ukraine hergibt, äußerten sich in dem Clip dankbar für die Unterweisungen.