Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Donnerstag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Unser Ticker ist für heute beendet. Sie können hier die wichtigsten News des Tages zum Krieg in der Ukraine nachlesen.

  • Ukraine-Krieg: Macron und von der Leyen machen Druck auf China

  • Kiew deutet Verhandlungen über Krim nach Frühjahrsoffensive an

  • Kreml nennt Atomwaffen in Belarus Antwort auf Nato-Osterweiterung

  • Flüchtlingskosten: Faeser findet Rufe nach mehr Unterstützung seltsam

  • Nato-Übung mit scharfer Munition im Nordosten Polens

  • Selenskyj beschwört ukrainisch-polnischen Bund

  • Kiew: Schwere Häuserkämpfe in Bachmut

Die aktuelle Newslage:

+++ Ukraine-Krieg: Macron und von der Leyen machen Druck auf China +++

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron haben Druck auf China gemacht, zur Beendigung des Ukraine-Kriegs seinen Einfluss auf Russland zu nutzen. «Wir zählen auf China», sagte von der Leyen nach einem Dreier-Treffen mit Staats- und Parteichef Xi Jinping am Donnerstag in Peking. «Wir erwarten, dass China seine Rolle spielt und einen gerechten Frieden unterstützt.» Macron appellierte in einem direkten Gespräch an Xi Jinping, Russland zur «Vernunft» zu bringen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (Bild: REUTERS/Tingshu Wang)
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (Bild: REUTERS/Tingshu Wang)

Als ständiges Mitglied im Weltsicherheitsrat habe China «große Verantwortung», sagte von der Leyen vor Journalisten. Es könne seinen Einfluss in einer über Jahrzehnte gewachsenen Freundschaft nutzen. Die Kommissionspräsidentin warnte China vor Waffenlieferungen an Russland. «Den Aggressor zu bewaffnen, wäre gegen internationales Recht, und es würde unsere Beziehungen erheblich schädigen.» Sie setze darauf, dass China keine militärische Ausrüstung «direkt oder indirekt» zur Verfügung stelle.

Von der Leyen und Macron halten sich seit Mittwoch in Peking auf. Die deutsche Politikerin wurde von Frankreichs Präsident eingeladen, zu seinen Gesprächen mit Xi Jinping für eine eigene Runde hinzuzustoßen. Peking und Moskau pflegen auch nach mehr als einem Jahr russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine enge Beziehungen - allen Hoffnungen des Westens zum Trotz.

+++ Kiew deutet Verhandlungen über Krim nach Frühjahrsoffensive an +++

Die ukrainische Führung ist eigenen Angaben zufolge nach einer geplanten Frühjahrsoffensive zu Gesprächen mit Russland über die Krim bereit. «Wenn wir auf dem Schlachtfeld unsere strategischen Ziele erreichen und an die Verwaltungsgrenzen der Krim gelangen, so sind wir bereit, die diplomatische Seite zu öffnen und die Sache zu bereden», sagte der stellvertretende Chef des Präsidentenbüros in Kiew, Andrij Sybiha, der «Financial Times» am Donnerstag. Zuvor hatte Präsident Wolodymyr Selenskyj Verhandlungen mit Moskau abgelehnt, so lange sich noch russische Soldaten auf ukrainischem Gebiet befinden - inklusive der bereits 2014 von Russland annektierten Halbinsel Krim.

Die von Russland annektierten Halbinsel Krim (Bild: REUTERS/Alexey Pavlishak)
Die von Russland annektierten Halbinsel Krim (Bild: REUTERS/Alexey Pavlishak)

Sybihas Äußerungen seien der erste diplomatische Vorstoß Kiews seit dem Abbruch der Waffenstillstandsverhandlungen vor einem Jahr kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, schrieb die Zeitung. Militärexperten erwarten in diesem Frühjahr eine Offensive der ukrainischen Truppen, um von Russen besetzte Gebiete zurückzuerobern. Als wahrscheinlichste Stoßrichtung gilt dabei ein Vorgehen im Süden des Landes auf die Küste zu, um einen Keil zwischen die dort stationierten russischen Truppen zu treiben. Allerdings ist unklar, ob die vom Westen an Kiew gelieferten Waffen ausreichen werden, um den Erfolg eines solchen Einsatzes zu gewährleisten.

Nach Angaben Sybihas schließt Kiew eine militärische Eroberung der Krim dabei nicht aus. Der Berater des Präsidentenbüros, Mychajlo Podoljak, stellte zudem klar, dass es nicht um territorielle Zugeständnisse bei den Gesprächen gehe. «Echte Verhandlungen» mit Moskau könne es erst nach dem kompletten Rückzug der russischen Truppen von ukrainischem Gebiet einschließlich der Krim geben, beharrte er auf der bekannten Position Kiews.

Westliche Militärexperten befürchten aber, dass Eroberungsversuche der Krim zu einer erheblichen Eskalation des Krieges führen und Kremlchef Wladimir Putin gar zum Einsatz von Atomwaffen provozieren könnten, da Moskau die strategisch wichtige Halbinsel als eigenes Staatsgebiet betrachtet. Die Atommacht hatte stets betont, die Krim mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zu verteidigen.

+++ Kreml nennt Atomwaffen in Belarus Antwort auf Nato-Osterweiterung +++

Russland hat die vom Westen kritisierte Stationierung von Atomraketen im Nachbarland Belarus als Reaktion auf die Erweiterung der Nato verteidigt. «Weil wir um unsere Sicherheit fürchten, unternehmen wir natürlich Schritte, um sie zu gewährleisten», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Jedes Mal, wenn sich die westliche Militärallianz auf Russlands Grenzen zubewege, müsse Moskau etwas unternehmen, um die Sicherheitsarchitektur auf dem Kontinent auszubalancieren.

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte Ende März angekündigt, taktische Atomraketen in der verbündeten Ex-Sowjetrepublik Belarus (ehemals. Weißrussland) aufzustellen. Peskow sagte dazu: «Nicht Russland nähert sich mit seiner militärischen Infrastruktur den Nato-Grenzen. Die Bewegung läuft in die andere Richtung.»

+++ Flüchtlingskosten: Faeser findet Rufe nach mehr Unterstützung seltsam +++

Bundesinnenministerin Nancy Faeser kann Forderungen der Kommunen nach mehr Geld vom Bund für die Unterbringung von Flüchtlingen und Migranten nicht nachvollziehen. «Ich finde es seltsam, wenn jetzt schon – Anfang April dieses Jahres – gesagt wird, das Geld für dieses Jahr reiche nicht aus», sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag).

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (Bild: Omer Messinger/Getty Images)
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (Bild: Omer Messinger/Getty Images)

«Der Bund hat schon im vergangenen Jahr sehr viel Geld zur Verfügung gestellt - 4,4 Milliarden Euro. Außerdem haben wir die Sozialleistungen für die Flüchtlinge aus der Ukraine übernommen.» Für dieses Jahr habe der Bund den Ländern und Kommunen frühzeitig 2,75 Milliarden Euro an zusätzlicher Unterstützung zugesagt. Faeser verwies auf einen Bund-Länder-Gipfel mit Kanzler Olaf Scholz (SPD), bei dem am 10. Mai über die Flüchtlingskosten beraten werden soll.

Faeser räumte ein, dass die Situation der Kommunen sehr schwer sei. Die Lage müsse gemeinsam bewältigt werden. Die Zahl der Flüchtlinge zu begrenzen, lehnte sie ab. «Wir erleben einen furchtbaren Krieg mitten in Europa. Acht von zehn Geflüchteten kommen aus der Ukraine. Da kann es keine Höchstgrenzen für Menschlichkeit geben.»

Aus der Opposition kam harte Kritik. «Diese Äußerungen der Innenministerin sind schlichte Realitätsverweigerung», sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU), am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Dass die Kommunen an der Belastungsgrenze seien und Großartiges bei der Hilfe für die Flüchtlinge aus der Ukraine leisteten, lasse die Ministerin offenbar kalt. Die Kommunen forderten von der Ampel-Regierung zu Recht, dass diese etwas gegen die zunehmende irreguläre Migration unternimmt. Denn das sei eine Aufgabe, für die allein der Bund die Verantwortung trage.

+++ Nato-Übung mit scharfer Munition im Nordosten Polens +++

Mehrere hundert Soldaten aus sechs Nato-Staaten haben im Nordosten Polens an einer gemeinsamen Übung der Landstreitkräfte teilgenommen. Im Zuge von «Amber Lynx 23» (etwa: Bernsteinluchs 23) auf einem Truppenübungsplatz bei Orzysz in der Woiwodschaft Ermland-Masuren sollten am Donnerstag auch Schussübungen mit scharfer Munition stattfinden.

Dies sei eine Demonstration der Bereitschaft des Bündnisses, die Nato-Ostflanke zu verteidigen, schrieb Polens Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak beim Kurznachrichtendienst Twitter. Organisiert wird das Training für den Ernstfall vom Multinationalen Korps Nord-Ost, das derzeit unter der Führung des deutschen Generalleutnants Jürgen-Joachim von Sandrart steht.

+++ Selenskyj beschwört ukrainisch-polnischen Bund +++

Polen und die Ukraine sind nach dem Verständnis des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj enge Bündnispartner. «Die ukrainischen und polnischen Herzen schlagen für eine Freiheit, für die beiderseitige Unabhängigkeit unserer Staaten, für unser heimatliches Europa, unser gemeinsames Haus, und wir werden siegen!», sagte Selenskyj in einer Rede vor dem Königsschloss in Warschau am Mittwoch. «Es gibt keine Kraft mehr, welche die ukrainisch-polnische Freundschaft überwinden kann.»

Es war der erste offizielle Besuch Selenskyjs in Polen seit dem Beginn des russischen Überfalls auf sein Land am 24. Februar 2022. In Warschau sprach er unter anderem mit Präsident Andrzej Duda und Ministerpräsident Mateusz Morawiecki.

Wolodymyr Selenskyj und Polens Premierminister Mateusz Morawiecki (Bild: Jakub Porzycki/NurPhoto via Getty Images)
Wolodymyr Selenskyj und Polens Premierminister Mateusz Morawiecki (Bild: Jakub Porzycki/NurPhoto via Getty Images)

Für die Polen war der Besuch in erster Linie eine wichtige symbolische Geste. Von den ersten Kriegstagen an sind die Polen den Kriegsflüchtlingen mit beispielloser Hilfsbereitschaft begegnet. Millionen kamen über die Grenze, viele zogen weiter in Richtung Westen, manche gingen zurück in ihre Heimat. Derzeit haben nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) rund 1,6 Millionen Menschen aus der Ukraine Schutzstatus in Polen.

Auch Polens militärische Unterstützung für die Ukraine spielte bei dem Besuch Selenskyjs eine wichtige Rolle. Vor wenigen Wochen hatte Duda angekündigt, dass man der Ukraine Kampfjets vom Typ MiG-29 liefern werde. Bei Selenskyjs Besuch wurde er nun konkret: Die Ukraine habe von Polen bereits acht MiG-29 geliefert, vier davon «im Verlauf der vergangenen Monate», weitere vier erst «kürzlich». Darüber hinaus würden derzeit noch sechs MiG-29 für die Übergabe vorbereitet, kündigte Duda an.

Mit Polens Regierungschef Morawiecki unterzeichnete Selenskyj zudem einen Vorvertrag über den Kauf neuer polnischer Radschützenpanzer. Morawiecki hatte vor einigen Tagen angekündigt, dass die Ukraine hundert Radschützenpanzer vom Typ KTO Rosomak bestellen wolle. Der Auftrag wird demnach mit EU-Geldern für Polen und US-amerikanischen Hilfen für die Ukraine finanziert.

+++ Kiew: Schwere Häuserkämpfe in Bachmut +++

Russische Angreifer und ukrainische Verteidiger haben sich in Bachmut erbitterte Häuserkämpfe geliefert. Eine Reihe von Angriffen russischer Soldaten in der Industriezone der ostukrainischen Stadt seien mit Unterstützung von Artillerie und Granatwerfern abgeschlagen worden, teilte die Militärführung in Kiew am Mittwoch mit. Trotz einer personellen Übermacht sei den russischen Einheiten kein Durchbruch gelungen, hieß es.

Seit dem Spätsommer versuchen russische Truppen, Bachmut im Gebiet Donezk einzunehmen. Der Großteil der Stadt und Teile des Zentrums stehen bereits unter russischer Kontrolle. Im Westteil der Stadt mit ehemals 70 000 Einwohnern leisten die ukrainischen Einheiten jedoch weiter hartnäckigen Widerstand. Russland ist vor mehr als 13 Monaten in die Ukraine einmarschiert.

+++ UN: USA und Großbritannien boykottieren russische Kinderbeauftragte +++

Aus Protest gegen Redebeiträge der per Haftbefehl gesuchten russischen Kinderbeauftragten Maria Lwowa-Belowa haben die Vertreter der USA und Großbritanniens ein informelles Treffen des UN-Sicherheitsrats verlassen. Als Lwowa-Belowa am Mittwoch bei der Sitzung in New York während einer Videokonferenz sprach, blieben die Stühle der beiden Länder leer - ebenso wie die Albaniens und Maltas.

Russland hat derzeit den turnusmäßigen Vorsitz des Gremiums inne. Die Einladung Lwowa-Belowas galt als Provokation, weil sie als eine Schlüsselfigur für die Zwangsdeportation ukrainischer Kinder aus dem Kriegsgebiet nach Russland gilt. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat deshalb gegen Lwowa-Belowa wie auch gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin einen Haftbefehl wegen dieser «Verschleppung» ausgestellt.

Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine wirft Kiew immer wieder Moskau vor, ukrainische Kinder zu «deportieren». Zuletzt sprach Kiew von 19 514 betroffenen Kindern, unter ihnen 4390 Waisenkinder. Moskau bestreitet dies und spricht von Evakuierungen.

+++ Macron sucht «größere Rolle» Chinas für Friedenslösung in Ukraine +++

China kann aus Sicht von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron eine «größere Rolle» bei einer möglichen Friedenslösung im Ukraine-Konflikt spielen. Zum Auftakt seiner Gespräche mit der chinesischen Führung stand am Donnerstag zunächst ein Treffen mit dem neuen Regierungschef Li Qiang auf dem Programm. Später wollte Macron zu einem bilateralen Gespräch mit Staats- und Parteichef Xi Jinping sowie einer Dreier-Runde mit der europäischen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zusammentreffen.