Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Donnerstag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar 2022 herrscht in dem Land Krieg. Die aktuellen Entwicklungen im Überblick.

Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)
Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)

Unser Ticker ist für heute beendet. Hier können Sie die wichtigsten Ereignisse des Tages nachlesen:

  • Tote und Verletzte durch russischen Beschuss in Süd- und Ostukraine

  • Kiew betont Bemühen um EU-Beitrittsverhandlungen

  • Finnland schließt drei weitere Grenzübergänge zu Russland

  • Russischer Militärkorrespondent in Ukraine getötet

  • Widerstand gegen Krieg: Russischer Schüler muss sechs Jahre in Haft

  • Putin weist bei G20 Vorwürfe wegen seines Ukraine-Kriegs zurück

Die aktuelle Newslage:

+++ Tote und Verletzte durch russischen Beschuss in Süd- und Ostukraine +++

Im Süden und im Osten der Ukraine sind durch russischen Beschuss erneut mehrere Menschen getötet worden. Alleine aus dem Dorf Tschornobajiwka im Gebiet Cherson meldete die regionale Militärverwaltung am Donnerstag drei Todesopfer und mindestens fünf Verletzte. Die Attacke sei mit Streubomben erfolgt, teilte Verwaltungschef Olexander Prokudin auf Telegram mit. Zudem seien bei einem anderen Angriff zwei Kinder verletzt worden.

Im ostukrainischen Gebiet Donezk wurden Behördenangaben zufolge zwei Zivilisten durch Artilleriebeschuss getötet und ein weiterer verletzt. Aus dem benachbarten Gebiet Charkiw wurde ein weiterer Verletzter gemeldet. Insgesamt wurden ukrainischen Militärangaben zufolge innerhalb eines Tages mehr als 110 Orte entlang der Frontlinie und der russischen Grenze beschossen. Angaben aus dem Kriegsgebiet können oft nicht sofort unabhängig überprüft werden.

+++ Kiew betont Bemühen um EU-Beitrittsverhandlungen +++

Knapp einen Monat vor der Entscheidung über einen möglichen Start von EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine hat deren Präsident Wolodymyr Selenskyj die Bemühungen seines Landes bei allen notwendigen Reformen bekräftigt. Bei einem Treffen mit ukrainischen Regierungs- und Parlamentsvertretern habe er am Mittwoch weitere konkrete Schritte und Maßnahmen besprochen, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. «Jeder in der EU soll sehen, wie ernst es die Ukraine meint und wie klar wir das tun, was gefordert wird.» Parallel dazu werde auch weiter an einer Anpassung des ukrainischen Militärs an Nato-Standards gearbeitet, erklärte Selenskyj.

Die Ukraine wartet derzeit - ebenso wie das kleine Nachbarland Moldau - auf eine Entscheidung über den Start von Beitrittsverhandlungen. Die EU-Kommission hat diesen Schritt vor zwei Wochen grundsätzlich empfohlen, die Regierungen der EU-Länder müssen diesem allerdings noch zustimmen. Eine Entscheidung soll beim letzten regulären Gipfeltreffen des Jahres am 14. und 15. Dezember fallen.

Ob die Entscheidung positiv ausfällt, ist derzeit unklar. Grund sind vor allem noch nicht vollständig erfüllte Reformauflagen. Bei einem Besuch in Kiew am Dienstag sicherte EU-Ratspräsident Charles Michel sowohl der Ukraine als auch Moldau zwar volle Unterstützung bei den Bemühungen um einen schnellen Start der Verhandlungen zu. Zugleich aber warnte er davor, dies als Selbstläufer zu sehen.

+++ Blockade an Polens Grenzübergängen zur Ukraine weitet sich aus +++

Polnische Landwirte haben sich den Protesten von Transportunternehmern angeschlossen und einen weiteren Grenzübergang zum Nachbarland Ukraine blockiert. Am Donnerstag begannen die Bauern mit der Blockade des Grenzübergangs Medyka für den Güterverkehr, wie die Nachrichtenagentur PAP berichtete. Autos, Busse sowie Lastwagen mit Lieferungen von humanitärer Hilfe von Waffen für die Ukraine würden weiter durchgelassen, sagte ein Vertreter der Landwirte dem Sender TVN24. Die Bauern fordern unter anderem staatliche Subventionen für den Kauf von Mais und die Beibehaltung von Liquiditätskrediten.

Damit sind alle großen Grenzübergänge zwischen Polen und der Ukraine für den Güterverkehr weitgehend gesperrt. Bereits seit dem 6. November blockieren polnische Fuhrunternehmer die Übergänge Dorohusk, Hrebenne und Korczowa. Vor dem Übergang in Dorohusk stehen nach Polizeiangaben 750 Lkw in einer 18 Kilometer langen Schlage; die Abfertigungszeit beträgt fünf Tage. Nachdem viele Lastwagenfahrer zuvor Richtung Medyka ausgewichen waren, bildete sich mit der Blockade der Landwirte hier ein Stau von 34 Kilometern.

Die polnischen Transportunternehmer protestieren gegen die billige Konkurrenz aus der Ukraine, die sie für den Einbruch ihres Geschäfts verantwortlich machen. Vor Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine exportierte des Land einen Großteil seiner Waren auf dem Seeweg. Seit Kriegsbeginn wurde vieles auf die Straße verlagert. Die EU hob die vorher notwendigen Transportgenehmigungen für den ukrainischen Güterverkehr auf. Nun fordern die Blockierer, dass die Genehmigungen wieder eingeführt werden.

+++ Finnland schließt drei weitere Grenzübergänge zu Russland +++

Finnland will von Freitag an drei weitere Grenzübergänge nach Russland schließen. Für Fahrzeuge sei dann nur noch der Übergang Raja-Jooseppi in Lappland nördlich des Polarkreises geöffnet, teilte die Regierung am Mittwochabend mit. Dort könnten auch Asylanträge gestellt werden. Die Regelung trete am Freitag um Mitternacht in Kraft und gelte bis 23. Dezember.

Der finnische Grenzschutz registrierte in den vergangenen Wochen eine sprunghaft gestiegene Zahl von Menschen vorwiegend aus dem Nahen Osten, die ohne die erforderlichen Papiere mit Fahrrädern aus Russland einreisten und in Finnland Asyl beantragten. Nach Regierungsangaben waren es seit Anfang August etwa 700.

In der vergangenen Woche schloss die finnische Regierung vier Grenzübergänge im Südosten des Landes, die verkehrsgünstig zur russischen Metropole St. Petersburg liegen. In dieser Region ist nur noch der ausschließlich für Eisenbahnzüge vorgesehene Übergang Vainikkala in Betrieb.

Seitdem meldeten sich über Russland einreisende Asylbewerber an den Hunderte Kilometer nördlich gelegenen Übergängen Salla und Vartius. Die Regierung in Helsinki wirft Russland vor, anders als früher auch Menschen ohne gültige Papiere nach Finnland durchzulassen.

Ministerpräsident Petteri Orpo bezeichnete die Schließung weiterer Grenzübergänge als klares Signal an Russland, dass Finnland so etwas nicht akzeptiere. «Russland hat diese Situation verursacht und zugelassen, und es ist auch in der Lage, sie zu lösen», sagte er am Mittwochabend vor Journalisten. Finnland könne derzeit nicht alle Grenzstationen schließen, dies aber zu einem späteren Zeitpunkt in Betracht ziehen.

+++ Russischer Militärkorrespondent in Ukraine getötet +++

Im umkämpften Gebiet Saporischschja im Süden der Ukraine ist nach Angaben aus Moskau ein Militärkorrespondent des staatlichen russischen Fernsehens durch Beschuss ums Leben gekommen. Den Tod des Korrespondenten Boris Maksudow teilte zuerst der Chef des Außenausschusses im russischen Parlament, Leonid Sluzki, am Donnerstag auf seinem Telegram-Kanal mit. Maksudow erlag demnach Splitterverletzungen, die er am Vortag bei Dreharbeiten durch eine ukrainische Drohnenattacke erlitten hatte.

Am Mittwoch hatte das russische Verteidigungsministerium noch geschrieben, der Medienvertreter sei in ein Militärkrankenhaus gebracht worden - und außer Lebensgefahr.

+++ Ukrainischer Behördenleiter soll wegen Korruptionsverdacht in U-Haft +++

In der Ukraine ist der bisherige Chef der Behörde für Regierungskommunikation, Jurij Schtschyhol, wegen des Verdachts auf Korruption entlassen und in Untersuchungshaft genommen worden. Ein Gericht habe die U-Haft für zwei Monate angeordnet, teilte der Pressedienst der Sonderstaatsanwaltschaft zur Bekämpfung von Korruption am Donnerstag mit. Alternativ könne der Ex-Beamte auch eine Kaution über 25 Millionen Hrywna (625 000 Euro) zahlen,

Zuvor hatte Präsident Wolodymyr Selenskyj Schtschyhol schon als Mitglied der Militärführung entlassen, wie aus einem Präsidialerlass vom Mittwochabend hervorgeht. In das Gremium von Regierungsvertretern und Militärs, mit dem Selenskyj die Kriegsführung berät, wurde stattdessen Digitalisierungsminister Mychajlo Fedorow aufgenommen.

Schtschyhol leitete ein Amt, das für die geschützte Kommunikation und Datensicherheit von Regierungsbehörden zuständig ist. Die Sonderstaatsanwaltschaft zur Bekämpfung von Korruption wirft ihm und anderen Beamten vor, 2021 beim Kauf einer Software 62 Millionen Hrywna (1,57 Millionen Euro) als Schmiergeld abgezweigt zu haben.

+++ Widerstand gegen Krieg: Russischer Schüler muss sechs Jahre in Haft +++

In Russland wurde derweil ein 17 Jahre alter Schüler wegen versuchter Brandanschläge auf Militäreinrichtungen zu sechs Jahren Straflager verurteilt. Weil der Gymnasiast aus Protest gegen Russlands Angriffskrieg in der Ukraine Molotow-Cocktails gegen die Gebäude von zwei Kreiswehrersatzämtern schmiss, befand das Gericht in St. Petersburg ihn des «versuchten Terrors» für schuldig.

Das harte Vorgehen der Justiz hatte schon zuvor für Aufsehen gesorgt - auch deshalb, weil der damals noch 16-jährige Jugendliche mit seinen Taten im Februar dieses Jahres kaum Schaden angerichtet hatte: In keinem der beiden Fälle brach in den Militäreinrichtungen ein Brand aus.

+++ Finnland fordert Frontex-Hilfe für Grenze zu Russland an +++

Finnland hat angesichts der gestiegenen Zahl von Migranten ohne gültige Papiere aus Russland die EU-Grenzschutzbehörde Frontex um Hilfe gebeten. Benötigt werde zusätzliches Personal und technische Ausrüstung, teilte der Grenzschutz mit. Finnische Medien berichteten, der Grenzschutz habe die Streitkräfte offiziell um Hilfe beim Bau von Stacheldrahtsperren an den Grenzstationen gebeten. Die finnische Regierung wirft Russland vor, zunehmend Migranten - die meist aus dem Nahen Osten stammen - ohne die erforderlichen Papiere über die Grenze nach Finnland zu lassen, wo sie Asyl beantragen. Moskau dementiert das.

+++ G20-Gipfel: Putin weist Vorwürfe wegen Ukraine-Kriegs zurück +++

Der russische Präsident Wladimir Putin wies derweil bei einem virtuellen G20-Gipfel einmal mehr Vorwürfe wegen seines Angriffskriegs in der Ukraine zurück. Einige Teilnehmer der Gruppe der führenden Wirtschaftsmächte (G20) hätten sich in ihren Reden erschüttert gezeigt über die Aggression Russlands in der Ukraine, sagte Putin nach Angaben des Kremls. «Ja natürlich, kriegerische Handlungen sind immer eine Tragödie.» Man müsse darüber nachdenken, wie diese Tragödie beendet werden könne, sagte er.

Russlands Präsident Wladimir Putin
Russlands Präsident Wladimir Putin

Immer wieder stellt der Kreml die Ukraine als ein angeblich von «Neonazis» geführtes Land dar - und den Machtwechsel, der 2014 auf proeuropäische Proteste in Kiew folgte, als Auslöser für den Krieg, den Putin mit seinem Angriffsbefehl im Februar 2022 selbst lostrat. «Russland hat Friedensgesprächen mit der Ukraine nie eine Absage erteilt», behauptete Putin nun zudem. Die Ukraine hingegen verweigere sich Verhandlungen. Tatsächlich hält Russland inklusive der bereits 2014 annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim derzeit rund ein Fünftel des ukrainischen Staatsgebietes besetzt. Für Kiew ist ein Rückzug der russischen Truppen eine Bedingung für dauerhaften Frieden. Das wiederum lehnt Moskau ab.