Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Freitag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Die aktuellen Entwicklungen im Überblick.

Unser Ticker ist für heute beendet. Hier können Sie die wichtigsten Ereignisse des Tages nachlesen:

  • Mehr als 9000 zivile Tote in Ukraine-Krieg

  • Bundesregierung signalisiert Verständnis für Streumunition-Lieferung

  • UN-Menschenrechtsbüro gegen Einsatz von Streumunition in der Ukraine

  • Selenskyj wirbt bei Reise um Hilfe für Ukraine

  • EU will mit viel Geld Produktion von Munition und Raketen ankurbeln

  • Selenskyj erwartet klares Signal vom Nato-Gipfel in Vilnius

Die aktuelle Newslage im Livestream:

+++ Mehr als 9000 zivile Tote in Ukraine-Krieg +++

Rund 500 Tage nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine zählen die Vereinten Nationen mehr als 9000 zivile Todesopfer - darunter mehr als 500 Minderjährige. Das teilte die UN-Menschenrechtsmission am Freitag mit. Die Dunkelziffer liegt wahrscheinlich deutlich höher. Berichte über eine mögliche Lieferung international geächteter Streumunition aus den USA an die Ukraine stießen auf gemischte Reaktionen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj reiste aus Tschechien in die Slowakei und wurde danach zu einem Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Istanbul erwartet.

Samstag ist der 500. Kriegstag, seit Russlands Armee am 24. Februar 2022 das Nachbarland überfallen hat. Die UN-Menschenrechtsexperten in der Ukraine dokumentierten seitdem bis 30. Juni 2023 genau 15.993 Verletzungen und 9177 Todesfälle. Die UN zählen nur Fälle, die sie unabhängig bestätigen konnten. Die Opferzahlen seien im Frühjahr etwas zurückgegangen, im Mai und Juni aber wieder gestiegen, hieß es.

+++ Bundesregierung signalisiert Verständnis für Streumunition-Lieferung +++

Nach den Berichten über eine mögliche Lieferung von Streumunition aus den USA an die Ukraine hat die Bundesregierung zwar darauf hingewiesen, dass Deutschland dem internationalen Abkommen zur Ächtung dieser Munition beigetreten ist. Gleichzeitig signalisierte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag aber Verständnis für eine Lieferung durch die Vereinigten Staaten, die wie die Ukraine den Vertrag nicht unterzeichnet haben. «Wir sind uns sicher, dass sich unsere US-Freunde die Entscheidung über eine Lieferung entsprechender Munition nicht leicht gemacht haben», sagte er.

Wie funktioniert Streumunition? (Grafik: dpa/ F. Bökelmann)
Wie funktioniert Streumunition? (Grafik: dpa/ F. Bökelmann)

Die Streumunition würde von der Ukraine in «einer besonderen Konstellation» verwendet. «Die Ukraine setzt eine Munition zum Schutz der eigenen Zivilbevölkerung ein. Es geht um einen Einsatz durch die eigene Regierung zur Befreiung des eigenen Territoriums», sagte Hebestreit. «Wir sollten uns also auch noch mal vergegenwärtigen, dass Russland in einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine bereits in großem Umfang Streumunition eingesetzt hat.»

+++ UN-Menschenrechtsbüro gegen Einsatz von Streumunition in der Ukraine +++

Das UN-Menschenrechtsbüro in Genf hat auf Berichte über die mögliche Lieferung von Streumunition aus den USA an die Ukraine reagiert. «Solche Munition tötet und verstümmelt Menschen lange nach dem Ende eines Konflikts», sagte eine Sprecherin am Freitag in Genf. «Deshalb sollte der Einsatz umgehend gestoppt werden.» Das Büro rief Russland und die Ukraine auf, dem Übereinkommen über Streumunition beizutreten, das den Einsatz sowie die Herstellung und Weitergabe von bestimmten Typen von konventioneller Streumunition verbietet. Mehr als 100 Staaten haben es unterzeichnet. Deutschland ist dabei, die USA sind es nicht.

US-Medien hatten am Donnerstag unter Berufung auf nicht namentlich genannte Regierungsquellen berichtet, die Lieferungen seien geplant. Das Pentagon wollte dies zunächst nicht bestätigen. «Ich möchte anmerken, dass die Russen bereits Streumunition auf dem Schlachtfeld eingesetzt haben», sagte Pentagon-Sprecher Pat Ryder aber. Dem Sender CNN zufolge könnten die Pläne an diesem Freitag verkündet werden. Zuvor hatte das Weiße Haus erklärt, eine Weitergabe von Streumunition an die von Russland angegriffene Ukraine werde geprüft.

(Symbolbild: PH3 Thurston/U.S. Navy/U.S. National Archives via REUTERS)
(Symbolbild: PH3 Thurston/U.S. Navy/U.S. National Archives via REUTERS)

Als Streumunition werden Raketen und Bomben bezeichnet, die in der Luft über dem Ziel bersten und viele kleine Sprengkörper - sogenannte Submunition - verstreuen oder freigeben. Viele dieser Sprengkörper detonieren aber nicht sofort, sondern bleiben als Blindgänger liegen und gefährden die Bevölkerung auch noch Jahre nach Konflikten.

+++ Selenskyj wirbt bei Reise um Hilfe für Ukraine +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wirbt bei einer neuen Auslandsreise um Unterstützung für sein von Russland angegriffenes Land und für eine Nato-Mitgliedschaft. In Prag lobte er am späten Donnerstagabend Tschechien als besonders engagiert bei der militärischen Hilfe. «Die Tschechische Republik und das tschechische Volk helfen uns wirklich, den Sieg näher zu bringen», teilte Selenskyj bei Telegram mit.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (Bild: Vitalii Nosach/Global Images Ukraine via Getty Images)
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (Bild: Vitalii Nosach/Global Images Ukraine via Getty Images)

Die EU will unterdessen zur Unterstützung der Ukraine finanzielle Anreize für die Rüstungsindustrie schaffen, um Produktionskapazitäten für Munition und Raketen auszubauen. US-Medien berichteten, dass Washington nun auch Kiews Forderungen nach Lieferung von international geächteter Streumunition nachkomme. Selenskyj hatte diese immer wieder gefordert, um möglichst viele Russen zu töten.

Dass die US-Regierung die Lieferung von Streumunition an die Ukraine plant, hatte am Donnerstag unter anderem die «New York Times» unter Berufung auf nicht namentlich genannte Regierungsquellen berichtet. Das Pentagon wollte dies zunächst nicht bestätigen. «Ich habe heute nichts Konkretes zu verkünden», sagte Pentagon-Sprecher Pat Ryder. Zuvor hatte das Weiße Haus erklärt, eine Weitergabe von Streumunition an die Ukraine werde geprüft. Dem Sender CNN zufolge könnten die Pläne nun an diesem Freitag offiziell verkündet werden.

+++ EU will mit viel Geld Produktion von Munition und Raketen ankurbeln +++

Unterdessen einigten sich Vertreter der Regierungen der EU-Mitgliedstaaten und des Europaparlaments in der Nacht zum Freitag auf einen Plan, mit dem die europäische Rüstungsindustrie mit finanziellen Anreizen zu einem schnellen Ausbau der Produktionskapazitäten für Munition und Raketen bewegt werden soll. Er war im Mai von der EU-Kommission vorgeschlagen worden und sieht Ausgaben in Höhe von 500 Millionen Euro aus dem EU-Haushalt vor.

Hintergrund des Vorhabens sind Schwierigkeiten der EU-Staaten, der Ukraine ausreichend Boden-Boden- und Artilleriemunition sowie Raketen für den Abwehrkrieg gegen Russland zu liefern. Ein Ausbau der Produktion soll nun weitere Engpässe der ukrainischen Streitkräfte verhindern und auch dafür sorgen, dass die EU-Staaten selbst verteidigungsfähig bleiben und ausreichend Vorräte vorhalten können. Die Einigung muss noch vom Rat der Mitgliedstaaten und vom Parlament bestätigt werden und könnte noch vor Ende Juli in Kraft treten.

+++ Selenskyj erwartet klares Signal vom Nato-Gipfel in Vilnius +++

Vom bevorstehenden Nato-Gipfel erwartet Selenskyj ein klares Signal für eine Mitgliedschaft in dem westlichen Verteidigungsbündnis. «Was ist für uns ideal? Wir wollen, dass wir in die Nato eingeladen werden», sagte er nach einem Treffen mit seinem tschechischen Kollegen Petr Pavel. Es sei der richtige Augenblick gekommen, die Einigkeit und den Mut des Bündnisses unter Beweis zu stellen. Zugleich räumte Selenskyj Widerstände ein. Manch einer sehe sich noch nach Moskau um, kritisierte der 45-Jährige.

Pavel sprach sich dafür aus, dass die Ukraine unmittelbar nach Kriegsende Beitrittsverhandlungen zur Nato beginnen sollte. «Das ist im Interesse auch unserer Sicherheit, es ist im Interesse der regionalen Stabilität und der wirtschaftlichen Prosperität», betonte der frühere Nato-General. Tschechien werde sich zudem dafür einsetzen, dass Beitrittsverhandlungen der Ukraine zur EU noch in diesem Jahr beginnen sollten.

Selenskyj bedankte sich in Tschechien für die Unterstützung sowohl durch Waffenlieferungen als durch die Aufnahme von Hunderttausenden Kriegsflüchtlingen. Er räumte ein, dass die aktuelle Gegenoffensive nicht schnell vorankomme, aber man gehe voran und weiche nicht zurück, betonte er. Die Ukraine wehrt sich seit fast anderthalb Jahren gegen eine russische Invasion.

Die Staats- und Regierungschefs der Nato kommen am Dienstag und Mittwoch in der litauischen Hauptstadt Vilnius zu einem Gipfeltreffen zusammen.

Nach politischen Gesprächen in der bulgarischen Hauptstadt Sofia teilte Selenskyj mit, dass Kiew beim Nato-Gipfel ein Signal brauche, «um die Ukraine zu motivieren, Europa zu verteidigen». Er zeigte sich überzeugt, dass die Ukraine nach dem Krieg Mitglied in dem Militärbündnis werde. Wichtig sei aber schon jetzt ein Zeichen. «Das ist kein so hoher Preis für solch einen Krieg und solches Leid.»