Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Sonntag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

In unserem Nachrichtenticker können Sie die wichtigsten News des Tages zum Krieg in der Ukraine nachlesen.

  • Ukraine weist Beteiligung an Autoexplosion bei Moskau zurück

  • Kiew: Russische Angriffe im Osten und Süden abgewehrt

  • Lindner will «im Spätsommer oder Herbst» nach Kiew reisen

  • Klitschko warnt vor nuklearer Katastrophe durch Kämpfe um Kraftwerk

  • Scholz: Putin darf nicht Staaten erobern und Grenzen neu ziehen

  • Habeck warnt vor Einknicken vor Putin bei Nord Stream 2

  • Tochter von Putins Chefideologe stirbt bei Autoexplosion

  • Selenskyj ruft Ukraine zum Zusammenhalt auf

Die aktuelle Newslage im Livestream:

+++ Ukraine weist Beteiligung an Autoexplosion bei Moskau zurück +++

Nach dem Tod der Tochter des russischen Ideologen Alexander Dugin bei einer Autoexplosion in der Nähe von Moskau hat der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak eine Beteiligung Kiews zurückgewiesen. «Die Ukraine hat natürlich mit der gestrigen Explosion nichts zu tun, weil wir kein krimineller Staat sind - wie die Russische Föderation - und schon gar kein Terrorstaat», sagte Podoljak dem Internetportal Ukrajinska Prawda zufolge bei einem Fernsehauftritt am Sonntag. Zuvor hatten russische Politiker die Ukraine für die Tötung der 29-Jährigen verantwortlich gemacht.

«Die Identität der Toten ist geklärt - es ist die Journalistin und Politologin Darja Dugina», teilte das nationale Ermittlungskomitee am Sonntag in Moskau mit. Es werde in alle Richtungen ermittelt, hieß es. Podoljak meinte, dass Russland seine im Moment noch im Verborgenen organisierte Mobilmachung für den Krieg gegen die Ukraine in eine echte verwandeln wolle. Dafür brauche es einen Funken.

Der russische Ideologe Alexander Dugin. (Bild: Reuters)
Der russische Ideologe Alexander Dugin. (Bild: Reuters)

+++ Kiew: Russische Angriffe im Osten und Süden abgewehrt +++

Die Ukraine hat eigenen Angaben zufolge mehrere russische Angriffe im Osten und Süden des Landes abgewehrt. So seien russische Vorstöße etwa im östlichen Gebiet Donezk in Richtung der Städte Slowjansk, Kramatorsk und Awdijiwka zurückgeschlagen worden, teilte der ukrainische Generalstab am Sonntagabend mit. Unabhängig überprüfen ließen sich die Angaben nicht.

Ein Abgeordneter der südlichen Region Cherson berichtete, den Ukrainern sei bei einer Gegenoffensive am Samstag die Zerstörung eines russischen Munitionslagers gelungen. Die russische Seite, die Teile Chersons besetzt hat, teilte hingegen lediglich mit, die eigene Luftabwehr habe am Wochenende mehrere ukrainische Angriffe abgewehrt.

Aus Kiew wiederum hieß es weiterhin, Russland wolle ab Montag in Teilen der an die Ukraine grenzenden Gebiete Woronesch und Belgorod sowie in einigen Bereichen des etwas weiter im Landesinneren gelegenen Gebiets Lipezk den Luftraum für einige Tage sperren. Von russischer Seite gab es dafür keine Bestätigung. Bereits seit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar sind in Südrussland allerdings zahlreiche Flughäfen - teils in beliebten Sommerferienorten - ohnehin gesperrt.

+++ Lindner will «im Spätsommer oder Herbst» nach Kiew reisen +++

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) will demnächst in die Ukraine reisen. Im ARD-Sommerinterview sagte er am Sonntag auf die Frage, wann er nach Kiew fahre: «Jetzt im Spätsommer oder Herbst. Ich bin mit meinem ukrainischen Kollegen darüber im Gespräch.»

Im Mai hatte Lindner seinem Amtskollegen in der Ukraine bereits einen Besuch in der Hauptstadt Kiew angeboten. Damals hatte er nach eigener Aussage Finanzminister Sergej Martschenko vorgeschlagen zu kommen, wenn ein Besuch hilfreich sei. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte im Mai als erstes deutsches Regierungsmitglied seit dem Beginn des russischen Angriffskrieg Kiew besucht, es folgten seitdem mehrere andere Minister. Im Juni war Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in die Ukraine gereist.

+++ Klitschko warnt vor nuklearer Katastrophe durch Kämpfe um Kraftwerk +++

Der frühere Boxweltmeister im Schwergewicht, Wladimir Klitschko, hat vor einer nuklearen Katastrophe durch Kämpfe um das ukrainische Kernkraftwerk Saporischschja gewarnt. «Die Welt muss sich im Klaren sein, dass, wenn es in die Luft fliegt, es ein Fukushima oder Tschernobyl von vielfachem Ausmaß geben wird. Das darf nicht passieren», sagte der jüngere Bruder des Bürgermeisters von Kiew Vitali Klitschko am Sonntag dem Sender Times Radio.

Die Schusswechsel um das von russischen Invasionstruppen besetzte Kraftwerk dauerten weiter an, so Klitschko weiter. Zudem sei nicht klar, wie es den ukrainischen Experten gehe, die sich noch immer in dem Atomkraftwerk und in der Gewalt der Russen befänden. «Das bedroht die Welt», sagte Klitschko.

+++ Scholz: Putin darf nicht Staaten erobern und Grenzen neu ziehen +++

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will auch nach fast einem halben Jahr der russischen Invasion in die Ukraine sicherstellen, «dass es keine Eskalation des Krieges gibt». Das sagte er am Sonntag bei einem Bürgerdialog im Kanzleramt zum Tag der offenen Tür der Bundesregierung. Der russische Präsident Wladimir Putin habe diesen Krieg schon lange vor Beginn der Invasion geplant, fügte er hinzu.

«Dies ist ein Krieg den Putin, den Russland, begonnen hat, und zwar ganz klar mit der Absicht, sein Nachbarland zu erobern - ich glaube, das war das ursprüngliche Ziel», entgegnete Scholz einer Bürgerin. Sie hatte nach einer Strategie für die Beendigung des Krieges, den Russland am 24. Februar begonnen hatte, gefragt. Aktuell gehe es Russland um Gebietsgewinne im Osten der Ukraine, sagte Scholz. Doch es sei nicht einmal sicher, dass es dabei bleiben würde. Nachgeben sei da keine vernünftige Strategie.

«Putin hat eigentlich die Idee, man zieht einen Filzstift einmal durch die europäische Landschaft, und dann sagt man, das ist meins und das ist deins», sagte der Kanzler. Er fügte hinzu: «So geht das nicht».

Bild: REUTERS/Michele Tantussi
Bild: REUTERS/Michele Tantussi

Er werde den Dialog mit Putin dennoch nicht beenden, kündigte Scholz an. Hier gelte, dabei müsse «man klar sein, und darf sich auch nicht einschüchtern lassen.» Als Reaktion auf Bundeswehrgeneral a.D. Klaus Wittmann, der gefragt hatte, warum Deutschland keine Schützenpanzer an die Ukraine liefere, zählte Scholz die bereits erfolgten und noch geplanten Lieferungen von Waffen anderer Gattungen auf und betonte: «Deutschland liefert sehr, sehr viele Waffen».

+++ Habeck warnt vor Einknicken vor Putin bei Nord Stream 2 +++

Eine Öffnung der deutsch-russischen Gas-Pipeline Nord Stream 2 wäre aus Sicht von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ein Einknicken vor dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Damit würde man indirekt sagen, Putin habe Recht, warnte der Grünen-Politiker und Vizekanzler am Sonntag beim Tag der offenen Tür in seinem Ministerium in Berlin. «Hat er aber nicht!»

Habeck war bei einer Diskussion mit Besuchern gefragt worden, welchen Unterschied es mache, ob Deutschland russisches Gas wie derzeit über die Pipeline Nord Stream 1 beziehe oder über Nord Stream 2. Die Pipeline Nord Stream 2 ist fertiggestellt, aber nicht in Betrieb genommen worden. Die Bundesregierung hatte das Genehmigungsverfahren dafür im Februar kurz vor dem russischen Angriff auf die Ukraine auf Eis gelegt.

Habeck erklärte, Russland drossele die Lieferungen über Nord Stream 1, obwohl die Leitung «vollständig operabel» sei. «Das heißt, die Annahme, dort könnte nicht mehr Gas durchgeschoben werden, ist russische Propaganda.» Habeck warnte, Russland könne sich bei einer Inbetriebnahme von Nord Stream 2 ebenso wie nun bei Nord Stream 1 als unzuverlässig erweisen. «Und wenn er das Spiel mit uns da gewinnt, wer gibt uns die Garantie, dass er das mit Nord Stream 2 nicht ganz genauso macht?»

+++ Tochter von Putins Chefideologe stirbt bei Autoexplosion +++

Bei einem mutmaßlichen Mordanschlag in der Nähe von Moskau ist nach Angaben russischer Ermittler die Tochter des rechtsnationalistischen Ideologen Alexander Dugin getötet worden.

Bild: dpa
(Bild: dpa)

«Die Identität der Toten ist geklärt - es ist die Journalistin und Politologin Darja Dugina», teilte das nationale Ermittlungskomitee in Moskau mit. Die 29-Jährige galt als glühende Verfechterin des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Sie stand nach Berichten Moskauer Medien auf der Sanktionsliste Großbritanniens wegen der Verbreitung von Propaganda und Falschnachrichten über die von Kremlchef Wladimir Putin am 24. Februar befohlene Invasion.

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+++ Selenskyj ruft Ukraine zum Zusammenhalt auf +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seine Landsleute mit Blick auf fast ein halbes Jahr Kampf gegen die russische Invasion zum Zusammenhalt aufgerufen. «Für den Sieg der Ukraine müssen wir kämpfen, es gibt noch viel zu tun, wir müssen standhalten und noch viel ertragen, leider auch viel Schmerz», sagte Selenskyj in einer am Samstagabend verbreiteten Videobotschaft. In der kommenden Woche, am 24. August, feiert das Land seinen Unabhängigkeitstag.

Erinnert wird an dem Tag auch an ein halbes Jahr russischer Angriffskrieg, den Kremlchef Wladimir Putin am 24. Februar befohlen hatte. Der Sonntag ist der 179. Tag seit Beginn der Invasion.

Selenskyj warnte, dass Russland den Unabhängigkeitstag für besondere Brutalität nutzen könnte. «So ist unser Feind. Schon in jeder anderen Woche dieses halben Jahres hat Russland so etwas Ekelhaftes und Grausames ständig getan», sagte Selenskyj. Unter anderem verwies er auf den «russischen Terror» im Gebiet Charkiw und im Donbass, wo es täglich Raketen- und Artillerieangriffe gibt.

(Bild: Sergei SUPINSKY / AFP)
(Bild: Sergei SUPINSKY / AFP)

+++ Bundesregierung: Wirtschaftseinbruch in Russland nach EU-Sanktionen +++

Die Bundesregierung hält die wegen des Ukraine-Kriegs verhängten Sanktionen für wirksam und erwartet in Russland einen Wirtschaftseinbruch von bis zu 15 Prozent in diesem Jahr. Dies geht aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums an den Linken-Abgeordneten Sören Pellmann hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Pellmann zweifelt die Bewertung an.

In der Antwort des Ministeriums heißt es: «Die Sanktionen treffen die russische Wirtschaft empfindlich und werden weitere Wirkung entfalten. Seriöse Berechnungen prognostizieren eine Rezession in Russland, das heißt eine Reduktion des russischen Bruttoinlandsprodukts in einer Spanne von 6 bis 15 Prozent für das Jahr 2022.» Der Rat der EU geht von einem Rückgang des russischen Bruttoinlandsprodukts um «mehr als elf Prozent» aus.

Deutschland und die übrigen EU-Länder hatten gemeinsam nach dem russischen Angriff auf die Ukraine sechs Sanktionspakete beschlossen, darunter auch ein Kohle- und ein Ölembargo. In der Antwort des Ministeriums heißt es, die Strafmaßnahmen gegen Moskau zielten auf die für den Ukraine-Krieg verantwortlichen Personen und auf die Finanzierungsmöglichkeiten des russischen Staates. «Die Sanktionen haben unter anderem Einfluss auf den Kriegsverlauf, da sie die militärischen Fähigkeiten und die industrielle Basis auf Dauer schwächen.»

+++ Russische Luftabwehr gegen Drohnen auf Schwarzmeer-Halbinsel Krim +++

Nach zahlreichen Berichten über abgeschossene Drohnen und Explosionen in Militärobjekten auf der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim sagte Selenskyj, dass sich dort eine Rückeroberung anbahne. «In diesem Jahr liegt es in der Luft und ist zu spüren, dass die Okkupation nur vorübergehend ist, die Ukraine zurückkehrt.»

Russland hatte sich die Krim 2014 gegen internationalen Protest einverleibt. Am 23. August ist Selenskyj Gastgeber der zweiten internationalen Krim-Plattform, einer Konferenz, die die völkerrechtliche Zugehörigkeit der Halbinsel zur Ukraine untermauern soll. Per Video soll auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zugeschaltet werden.

Am Sitz der russischen Schwarzmeerflotte, in der Hafenstadt Sewastopol, war die Luftabwehr nach Behördenangaben auch am Samstagabend wieder aktiv. Am Morgen war am Führungsstab der Flotte den Angaben nach bereits eine ukrainische Drohne abgeschossen worden, deren brennende Teile im Dach des Gebäudes einschlugen. Die Krim-Regierung meldete auch Einsätze der Luftabwehr im Westen der Halbinsel und forderte die Bevölkerung auf, Ruhe zu bewahren. Die Flugobjekte seien klein und könnten kaum schweren Schaden anrichten, die Wirkung sei eher psychologisch, hieß es.

+++ Russische Besatzer: Ukraine beschießt AKW Saporischschja +++

Das von russischen Truppen besetzte Atomkraftwerk (AKW) Saporischschja wurde nach Angaben der Besatzungsbehörden erneut von ukrainischen Streitkräften mit Artillerie angegriffen. Kritische Objekte seien aber nicht getroffen worden, hieß es in einer am Samstag veröffentlichten Mitteilung der russischen Militärverwaltung in der Stadt Enerhodar, wo Europas größtes Kernkraftwerk steht.

Die Nato-Munition sei vom gegenüberliegenden Ufer des Dnipro-Flusses abgefeuert worden und auf dem Gelände des AKW eingeschlagen - in unmittelbarer Nähe eines Verwaltungsgebäudes, hieß es. Vier Geschosse seien registriert worden. «Kritische Objekte der Anlage sind nicht beschädigt.»

Die Angaben waren von unabhängiger Seite nicht überprüfbar. Russland und die Ukraine werfen sich immer wieder gegenseitig vor, das Kernkraftwerk zu beschießen und Provokationen zu planen. Der Besatzungsvertreter Wladimir Rogow warf der Ukraine «atomaren Terrorismus» vor. Es werde geprüft, ob es Verletzte gebe. Die Zahl der Mitarbeiter sei angesichts der Gefahr bereits reduziert worden. Das ukrainische Militär teilte am Abend mit, es werde weiter befürchtet, die russischen Besatzer könnten das AKW vom Stromnetz des Landes abklemmen, um es in ihr System einzubinden.

Das mit sechs Reaktoren und einer Nettoleistung von 5700 Megawatt größte Atomkraftwerk Europas wurde von russischen Truppen Anfang März besetzt. Es ist für die Stromversorgung des Landes von strategischer Bedeutung. Ende Februar marschierte Russland in die Ukraine ein.
Die Führung in Moskau und die Besatzungsbehörden in Saporischschja lehnen internationale Forderungen ab, das AKW wieder unter ukrainische Kontrolle zu geben. Gewarnt wird vor der Gefahr einer Atomkatastrophe. Im ukrainischen Atomkraftwerk Tschernobyl ereignete sich 1986 das größte Atomunglück auf europäischen Boden.