Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Sonntag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Die aktuellen Entwicklungen im Überblick.

Unser Newsticker ist für heute beendet. Sie können hier die wichtigsten News des Tages zum Krieg in der Ukraine nachlesen.

  • Selenskyj sichert Netanjahu bei Telefonat Solidarität zu

  • Ukraine: Tote und Verletzte bei russischem Beschuss

  • US-Institut: Kreml wird Lage in Israel für Krieg in Ukraine nutzen

  • Selenskyj verurteilt Terror in Israel und Ukraine

  • Kämpfe im Süden der Ukraine

  • Ukrainische Armee spricht von Erfolgen im Süden

  • Russland wirft Ukraine «Terror» gegen Krim vor

  • Funktionär von Kremlpartei in besetztem Gebiet in Ukraine getötet

Die aktuelle Newslage im Livestream:

+++ Selenskyj sichert Netanjahu bei Telefonat Solidarität zu +++

Kiew (dpa) – Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu in einem Telefonat Solidarität im Kampf gegen die islamistische Hamas zugesichert. Selenskyj teilte am Sonntag auf dem Portal X (vormals Twitter) mit, dass er Netanjahu angesichts der vielen Toten auch sein Beileid ausgesprochen habe. Er habe sich über die aktuelle Lage in Israel informieren lassen. Die israelische Polizei und die Diplomaten Kiews arbeiteten demnach zusammen, um die Sicherheit und den Schutz der ukrainischen Bürger zu gewährleisten, teilte Selenskyj weiter mit.

Beide Seiten hätten auch über die Auswirkungen der Situation auf die Sicherheitslage in der Region und darüber hinaus gesprochen. Details nannte Selenskyj, der selbst jüdische Wurzeln hat, zunächst nicht. Er hatte bereits am Samstag den «Terror» der Hamas verurteilt und betont, dass Israel das Recht auf Selbstverteidigung habe. Dabei erinnerte Selenskyj daran, dass die Ukraine angesichts des russischen «Terrors» selbst erfahre, was Krieg bedeute und daher mit dem Volk Israels fühle.

+++ Ukraine: Tote und Verletzte bei russischem Beschuss +++

Bei neuem russischen Beschuss ukrainischer Gebiete sind nach Behördenangaben aus den betroffenen Regionen mehrere Menschen getötet und verletzt worden. Im Gebiet Saporischschja starben eine 46 Jahre alte Frau und ein 71-jähriger Mann, wie die örtlichen Behörden am Sonntag mitteilten. Zwei Menschen wurden demnach bei dem Vorfall am Vortag verletzt. Im Gebiet Cherson wurden elf Menschen, darunter ein neun Jahre altes Mädchen, bei russischem Artilleriefeuer gegen Wohngebiete in der Nacht zum Sonntag verletzt, wie die ukrainischen Behörden mitteilten.

Unter den Verletzten sei auch ein Mitarbeiter des Roten Kreuzes, hieß es. Er wurde in ein Krankenhaus gebracht. Den Angaben zufolge wurden auch Autos oder ein Gasverteilungsnetz beschädigt. Im Gebiet Donezk traf laut einer Mitteilung der ukrainischen Staatsanwaltschaft ein russischer Marschflugkörper die Stadt Kostjantyniwka; ein neun Jahre altes Kind und drei weitere Menschen seien verletzt worden. Es seien zehn Wohnhäuser, mehrere Hausgrundstücke, eine Gasleitung und das Stromnetz beschädigt worden.

Die Ukraine verteidigt sich seit bald 20 Monaten gegen den russischen Angriffskrieg. Bei der aktuell laufenden Gegenoffensive hatten die durch westliche Militärhilfe unterstützten Streitkräfte Kiews wieder Flächen zurückerobert. Trotzdem sind weiter große Teile der Gebiete Cherson, Saporischschja, Donezk und Luhansk besetzt. Die Ukraine will im Zuge der Offensive auch die bereits 2014 von Russland annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim zurückerobern.

+++ US-Institut: Kreml wird Lage in Israel für Krieg in Ukraine nutzen +++

Russland wird aus Sicht von US-Experten die Angriffe der islamistischen Hamas gegen Israel auch für seinen Krieg gegen die Ukraine auszunutzen. In einer Informationskampagne werfe der Kreml dem Westen vor, die Konflikte im Nahen Osten zugunsten der Unterstützung für die Ukraine vernachlässigt zu haben, schrieb das Institut für Kriegsstudien (ISW) in Washington am Samstag (Ortszeit) in einer Analyse. Die Experten verwiesen etwa darauf, dass das russische Außenministerium den Westen beschuldigt habe, zuletzt die Bemühungen des Nahost-Quartetts, zu dem neben Russland die USA, die EU und die Vereinten Nationen gehören, blockiert zu haben.

Russland hat nach Angaben des Außenministeriums in Moskau auch Kontakte zur islamistischen und im Gazastreifen herrschende Hamas, die von den USA, der EU und Israel als Terrororganisation eingestuft wird. So führte etwa der Nahost-Beauftragte des Kreml, Vizeaußenminister Michail Bogdanow, mehrfach in diesem Jahr Gespräche mit Hamas-Vertretern – am Telefon und bei persönlichen Begegnungen. Der russische Außenminister Sergej Lawrow wies nach Angaben des Ministeriums auch am Samstag wieder auf Moskaus Initiative für eine Zweistaatenlösung hin.

Ex-Kremlchef Dmitri Medwedew, der Vizechef im nationalen russischen Sicherheitsrat ist, meinte im Nachrichtenkanal Telegram, dass die Gewalt zwischen der Hamas und Israel zu erwarten gewesen sei. «Damit hätten sich mal Washington und seine Verbündeten beschäftigen sollen», schrieb Medwedew. Die USA seien in dem Konflikt zwischen Israel und Palästina ein Schlüsselakteur.

Statt sich mit einer israelisch-palästinensischen Lösung zu befassen, hätten diese «Trottel» sich aber in Russlands Angelegenheiten eingemischt, meinte Medwedew. Sie hätten mit ihrer Unterstützung für die Ukraine zwei sich nahe stehende Völker gegeneinander aufgebracht. Russland hatte den Krieg gegen die Ukraine im Februar 2022 begonnen.

Russische Kommentatoren gingen davon aus, dass der Krieg der Hamas gegen Israel die Aufmerksamkeit von der Ukraine ablenken werde, weil der Westen nun das «ewige Feuer» im Nahen Osten löschen wolle. Russische Politiker äußerten indes die Hoffnung, dass etwa die wegen Moskaus Krieg gegen die Ukraine nach Israel geflohenen IT-Spezialisten und andere Experten vor der neuen Gewalt dort fliehen und in ihre Heimat zurückkehren könnten. Israel gehört zu den begehrtesten Auswanderungszielen für Russen mit jüdischen Wurzeln, die dort vergleichsweise leicht die Staatsbürgerschaft bekommen.

+++ Selenskyj verurteilt Terror in Israel und Ukraine +++

Ungeachtet ihres eigenen Verteidigungskampfes gegen den russischen Angriffskrieg stand auch die Ukraine unter dem Eindruck des schwersten Gewaltausbruchs seit Jahrzehnten in Israel. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verurteilte den «Terror» der militanten Hamas im Gaza-Streifen gegen Israel und rief zur internationalen Solidarität mit dem Land auf. Schon am Nachmittag hatte er Israels Recht zur Selbstverteidigung betont.

Die Ukraine wisse selbst, was es bedeute, mit Tausenden Raketen beschossen zu werden, tote Menschen auf den Straßen und zerschossene zivile Autos sowie Geiseln misshandelt zu sehen, sagte Selenskyj in seiner in Kiew verbreiteten abendlichen Videobotschaft. Kiew stehe mit der Botschaft in Israel in Kontakt, weil auch ukrainische Bürger von der Gewalt betroffen sein könnten.

«Unsere Position ist glasklar: Jeder, der Terror und Tod hervorruft überall auf dem Planeten, muss zur Rechenschaft gezogen werden», sagte Selenskyj. In die Ukraine habe der Terror Russlands Tod in die Städte und Dörfer gebracht. Die Ukraine verteidigt sich selbst seit fast 20 Monaten gegen eine großangelegte russische Invasion.

+++ Kämpfe im Süden der Ukraine +++

Bei den Kämpfen im Süden der Ukraine sind die russischen Verluste nach Angaben aus Kiew erheblich gestiegen. Die russischen Besatzer hätten innerhalb von 24 Stunden 338 Kämpfer und Dutzende Einheiten Kampftechnik verloren, teilte der Kommandeur des südlichen Frontabschnitts «Taurien», Brigadegeneral Olexander Tarnawskyj mit. Demnach kommen die ukrainischen Truppen im Gebiet Saporischschja voran. Es gebe dort «teilweise Erfolge» nördlich der Dörfer Kopani und Nowoprokopiwka, sagte er.

In dieser Region kämpfen sich ukrainische Truppen seit Wochen durch stark befestigte russische Verteidigungslinien mit Minenfeldern, Panzersperren und Schützengräben hindurch. Die Kämpfe bei Kopani und Nowoprokopiwka deuten darauf hin, dass die Ukrainer ihre Einbruchstelle in die russische Abwehr verbreitern.

+++ Ukrainische Armee spricht von Erfolgen im Süden +++

Der ukrainische Generalstab informierte in seinem abendlichen Lagebericht unter anderem über insgesamt zwölf im Gebiet Donezk im Osten des Landes abgewehrte russische Angriffe. Insgesamt gab es im Kriegsgebiet am Samstag demnach 50 Gefechte. Die ukrainischen Streitkräfte führen seit Monaten eine Gegenoffensive zur Befreiung der südlichen Gebiete Cherson und Saporischschja sowie der östlichen Regionen Donezk und Luhansk, die jeweils teils von russischen Truppen besetzt sind.

Auch südlich der Stadt Bachmut im Osten gebe es bei dem Dorf Andrijiwka «teilweise Erfolge», hieß es in Kiew. Während Bachmut im Gebiet Donezk selbst in russischer Hand ist, haben die Ukrainer in den vergangenen Wochen eine strategisch wichtige Eisenbahnstrecke südlich davon zurückerobert. Sie dehnen nun ihre Stellungen auf der anderen Seite der Bahn aus.

Die Militärangaben sind oft nicht unabhängig überprüfbar. Allerdings erwähnte auch das Institut für Kriegsstudien ISW in den USA dieses ukrainische Vordringen in seinem neuen Bericht. Zugleich schrieben die Experten, es sei der russischen Armee gelungen, im Süden trotz des ukrainischen Drucks Truppenteile auszutauschen.

Angriffe russischer Bodentruppen konzentrierten sich den ukrainischen Angaben zufolge auf die Frontabschnitte Kupjansk und Lyman im Osten sowie Awdijiwka und Marjinka nahe Donezk. Sie seien aber abgewehrt worden, hieß es. Die Front ist etwa 1000 Kilometer lang.

+++ Russland wirft Ukraine «Terror» gegen Krim vor +++

In Russland warf das Verteidigungsministerium den ukrainischen Streitkräften ebenfalls «Terror» vor – gegen die von Moskau bereits 2014 annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim. Das Ministerium informierte am späten Samstagabend über den Abschuss einer weiteren ukrainischen Rakete durch die russische Flugabwehr. Details wurden nicht genannt. Es war demnach der zweite Raketenangriff binnen weniger Stunden. Bereits am früheren Abend soll die russische Flugabwehr eine ukrainische Rakete abgefangen haben.

Die Ukraine hat die Krim immer wieder mit Drohnen und Raketen beschossen und auch mehrfach nach Moskauer Angaben versucht, dort Truppen an Land zu bringen. Immer wieder kam es durch die ukrainischen Angriffe zu massiven Explosionen und Zerstörungen. Es gab Tote und Verletzte. Die Gewalt steht aber in keinem Verhältnis zu dem massenhaften Tod und zu den landesweiten Zerstörungen durch russische Angriffe in der Ukraine. Die Ukraine hat angekündigt, auch die Krim im Zuge ihrer Gegenoffensive zurückzuerobern.

+++ Funktionär von Kremlpartei in besetztem Gebiet in Ukraine getötet +++

Im russisch besetzten Teil des ukrainischen Gebiets Cherson wurde ein Funktionär der Kremlpartei Geeintes Russland durch eine Autobombe in der Stadt Nowa Kachowka getötet. Das teilte der von Moskau eingesetzte regionale Verwaltungschef Wladimir Saldo am Samstag im sozialen Netzwerk Telegram mit. Der Tote sei Sekretär der örtlichen Parteiorganisation gewesen. In dem besetzten Teil des Gebietes Cherson sind immer wieder ukrainische Partisanen aktiv.

Nach diesen russischen Raketenangriffen haben auch Bürger in Moskau an einem Denkmal Blumen für die Opfer niedergelegt. In der Nachbarschaft seien fast alle gelben und blauen Blumen - die Nationalfarben der Ukraine - ausverkauft, zitierte das unabhängige Internetportal Astra am Freitag eine Augenzeugin. Auf einem Video sind Blumengebinde am Denkmal Lesja Ukrainka zu sehen. Die städtischen Behörden räumten die Blumen allerdings immer wieder weg, heißt es.

Am Freitagabend meldeten die Behörden der Stadt Charkiw die Einstellung der Rettungs- und Sucharbeiten. Am Freitagmorgen wurden beim Einschlag einer Rakete ein zehnjähriger Junge und seine Großmutter in der ukrainischen Millionenstadt nahe der russischen Grenze getötet. 30 Menschen wurden verletzt, 12 davon mussten ins Krankenhaus. Erst am Vortag waren nach offiziellen Angaben 52 Menschen durch einen russischen Raketenschlag auf ein Café in einem Dorf in der Region Charkiw getötet worden. Die russische Führung bestreitet, dass sie in ihrem Angriffskrieg gegen das Nachbarland auch zivile Ziele beschießt.